Der Bund der Illusionisten 3: Brennender Wind (German Edition)
zu helfen, sorgten sie dafür, dass er einschlief. » Sollen sie alle verrotten…«
Als er wieder aufwachte, war es Nacht. Der Himmel funkelte. Sterne. Das leuchtende Glühen von sich auftürmenden Nebelwolken. Er hatte gedacht, er würde sie nie wieder sehen. Er fühlte sich am ganzen Körper aufgeschürft. Seine Augen brannten und tränten. Seine Ohren schmerzten, waren innen und außen zerschrammt. Seine Haut fühlte sich überall wund an. Es war beißend kalt; seine Nase, die aus den Fellen herausragte, mit denen man ihn zugedeckt hatte, war wie gefroren. Er wandte das Gesicht nach links und sah das makellose Weiß einer friedlichen Zitterödnis, in der durch den glitzernden Frost jegliche Bewegung zum Erliegen gekommen war. Er sah die Wachen, die mit getrockneten Brocken Sleczdung ein Feuer entfacht hatten und sich die Hände an den Flammen wärmten, die nach brennendem Gras rochen.
Er drehte den Kopf in die andere Richtung und sah das eingewickelte Bündel, das sein Vater war. Auf den Steinen um ihn herum brannten Öllampen gleichmäßig in der windstillen Nachtluft, aber er konnte nur wenig sehen. Garis saß mit gekreuzten Beinen neben Temellin und hielt seine Hand. Sonst war niemand in der Nähe.
» Garis? Wie… wie geht es ihm?«, fragte er und fürchtete sich vor der Antwort. Fürchtete sie mit einer wühlenden Angst, die sich tief in seine Eingeweide grub, sich in seine Knochen grub und dort schmerzte.
Garis ließ Temellins Hand los und erhob sich, um zu ihm zu kommen. Er kniete sich hin, setzte sich auf die Fersen zurück und sagte: » Er ist außer Gefahr, keine Angst. Er hat gegessen und schläft jetzt.«
» Was ist mit seinen… seinen Augen?«
Eine Pause entstand, die ihm alles verriet, was er nicht hören wollte. Dann: » Sie scheinen schwer verletzt zu sein. Wir haben versucht, die Heilung in Gang zu bringen, aber ich glaube nicht, dass es gut um sie steht. Der Schaden ist, äh, zu ernst.«
» Was in allen sieben Ebenen der Hölle bedeutet das?«
» Im Augenblick kann er nicht sehen, Arrant. Er kann gar nichts sehen. Es tut mir leid.«
» Er ist… er ist vollkommen blind?«
Garis nickte. » Ja, wahrscheinlich. Es ist zu diesem Zeitpunkt schwer zu sagen. Vielleicht ist es nicht so schlimm, wie es aussieht.«
» Nein. Oh nein.« Die heiseren Worte blieben ihm im Hals stecken. Garis hob seinen Kopf ein wenig an und gab ihm einen Schluck Wasser. Arrant trank, begann zu stottern und packte die Hand des Magors. » Das kann einfach nicht sein«, flüsterte er. » Ich meine, wie konnte die Sache nur so schiefgehen ? Es sollte nicht so sein. Ich habe nicht… oh Götter, Garis, warum habe ich nicht darüber nachgedacht, wie ich zurückkommen kann? Ich habe nicht begriffen, was mich dort erwartet. Es war so… so schwer, irgendetwas zu sehen. Ich konnte meinen Weg nicht finden. Ich hätte gefragt, aber die Illusionierer sind einfach… sie sind einfach verschwunden. Und dann hat der Sand angefangen, sich zu verändern.«
» Es war unser Fehler«, sagte Garis. » Meiner und Temellins. Wir hätten uns mehr Gedanken darüber machen müssen. Wir wussten, dass du Probleme mit deiner Macht hast. Wir hätten dich mit einem Seil zum Festhalten reinschicken sollen oder irgendetwas anderes. Bei den Höllen der Verheerung, Arrant, es tut mir leid.« Er schloss die Augen und ließ den Kopf hängen, kämpfte mit seinen Gefühlen. » Es war nicht dein Fehler. Wie hättest du wissen sollen, dass die Illusionierer verschwinden würden, bevor du die Strebe erreicht hattest? So etwas haben sie noch nie getan.«
Arrant kämpfte gegen den Drang zu weinen an. Er fühlte sich wie ein Dreijähriger, der die größere Welt nicht verstand. Noch vor kurzem hatte er sich darauf gefreut, sein Schwert zu erhalten. Die Dinge waren so schnell so schiefgelaufen.
Er schlief nicht wieder ein, nachdem Garis zu Temellin zurückgegangen war, um sich um dessen Heilung zu kümmern. Er lag wach da und starrte zum Nachthimmel hoch; die bevorstehende Morgendämmerung verwandelte das satte Schwarz ganz langsam in Grau, und die glitzernden Perlen der Sterne verblassten, noch während er zusah. Die gefrorenen Wolken vom Horn des Füllhorns verwandelten sich von Feuerrot zu Orange, während die Sonne über den Horizont kroch. Die Zitterödnis selbst wirkte so harmlos: glitzerndes Blauweiß, so unberührt, so makellos, so kalt, so still. Wie konnte dies der gleiche Sand sein, der seinem Vater mit seinem schrecklichen Tanz die
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