Der Bund der Illusionisten 3: Brennender Wind (German Edition)
über die Schulter in Richtung des Sandes. » Er ist schon eine ganze Weile da drin.« Sie runzelte die Stirn. » Hast du gemerkt, dass er gerade angefangen hat, wieder von uns wegzugehen?«
» Was?« Er starrte zur Zitterödnis. » Ich kann ihn nicht spü… Oh, Mist !«, sagte er. In einer geschmeidigen Bewegung riss er seinen und Arrants Umhang von dem Stein hoch, auf den er sie gelegt hatte, und rannte in den Sand. Während er an ihr vorbeischoss, brüllte er über die Schulter: » Lärm! Macht irgendwelchen Lärm.«
Garis kam zu ihnen gerannt. » Was ist passiert?«, fragte er Samia. » Haben die Illusionierer auch Temellin gerufen?«
» Nein. Arrant marschiert in die falsche Richtung.«
Er stand einen Moment ganz still. » Ich kann ihn nicht spüren. Der Sand blockt alles ab.«
» Du kannst nichts spüren? Aber ich kann es. Und ich denke, der Illusionist auch, gerade eben. Arrant war auf dem Rückweg, dann ist er ein Stück da rüber«– sie deutete nach rechts– » und dann hat er allmählich kehrtgemacht und ist von uns weggegangen. Er hat Angst, Papa. Der Illusionist hat gesagt, wir sollen Lärm machen.«
» Vortex verflucht.« Garis wurde bleich, während er sie anstarrte. Dann drehte er sich um und rief den Wachen etwas zu, befahl sie nach unten, dorthin, wo der Sand begann. Er legte Samia einen Arm um die Schultern, aber sein Blick war wieder auf die Zitterödnis gerichtet. » Die Illusionierer müssen gegangen sein. Wenn der Sand wieder aktiv wird, sind beide tot. Kannst du ihn immer noch fühlen, Sam?«
» Er ist stehengeblieben.«
Der Druck seines Arms wurde fester. Sie dachten beide das Gleiche. Vielleicht war er, angegriffen von der Ödnis, gefallen. Vielleicht war er tot.
» Was ist mit Temellin?«
» Zuerst konnte ich ihn noch fühlen, aber jetzt nicht mehr. Er ist zu tief reingegangen. Aber er schien zu wissen, wohin er geht, zumindest am Anfang.«
» Magori?« Eine der Wachen sprach hinter ihm. » Gibt es ein Problem?«
» Ja, könnte sein. Ich will, dass alle so viel Lärm wie möglich machen. Brüllen, schreien, Kochtöpfe gegen die Steine schlagen– alles Mögliche. Ich will, dass sie es so lange tun, bis der Illusionist mit seinem Sohn zurückkehrt. Wenn sie uns hören können, finden sie den Rückweg. Verstanden?«
Der Mann nickte; er drehte sich bereits um und gab die entsprechenden Befehle.
» Mach die Steigbügel von deinem Sattel los, Sam«, sagte Garis. » Schlag sie gegen den Fels. Kannst du sie spüren?«
» Arrant bewegt sich wieder. Er kommt zurück zu uns.«
» Und Temellin?«
» Ich weiß es nicht. Wieso kann ich Arrant spüren und Temellin nicht?«
» Vielleicht liegt es an deiner Empathie als Heilerin. Du fühlst seine Not, sein…«
» Seinen Schmerz«, beendete sie den Satz für ihn. » Er leidet.« Sie zitterte. Schmerz erfüllte ihren Kopf mit seiner Rohheit, und es war schwer, ihn auszuschließen. Sie hätte ihr Gesicht am liebsten trostsuchend an der Brust ihres Vaters geborgen. Sie hätte gern seine Arme um sich gespürt, sich dort in Sicherheit gewusst. Stattdessen machte sie sich daran, die Steigbügel abzuschnallen.
Tarran? Götter, Tarran, bitte komm. Ich bin in echten Schwierigkeiten.
Er sank zu Boden, verharrte dort einen Moment, um sich den Bolero auszuziehen und um das Gesicht zu wickeln. Er hatte immer noch keine Ahnung, in welche Richtung er gehen musste, um hier rauszukommen. Seine Panik entfaltete seine Emotionen, setzte sie frei, und sie wirbelten außer Kontrolle in alle Richtungen davon. Vielleicht würde jemand sie spüren. Aber was konnten sie schon tun? Der Sand veränderte sich langsam; Sandkörner, die dem einschränkenden Griff der Illusionierer gehorcht hatten, wurden wieder zu den freien Geistern, die sie wirklich waren und die mit ihrem rücksichtslosen Tanz töten konnten.
Er konnte ein paar davon in seinen Ohren zappeln spüren; es fühlte sich allerdings eher so an, als würde eine Armee mit kupferbeschlagenen Sandalensohlen über sein Trommelfell laufen. Er entfernte das Sandkorn aus dem Auge, aber andere hatten bereits mit ihrem Angriff auf seine geschlossenen Augenlider begonnen. Jedes Einzelne war ein winziger Nadelstich, für sich betrachtet beinahe unbemerkt, aber jedes Sandkorn war auch Teil einer gigantischen Armee. Sein Gesicht begann zu brennen. Die Handrücken waren wund. Als er nach Luft schnappte, tanzte eine Phalanx in seine Kehle. Sie knirschten, als er die Zähne zusammenbiss, aber selbst in seinem Mund
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