Der Bund der Illusionisten 3: Brennender Wind (German Edition)
wenn er sie betastete. Er hatte die Kette abgenommen, um ihnen Zeit zum Heilen zu geben.
Er ließ die Perlen durch seine Finger gleiten. Waren sie gefährlich? Vielleicht. Aber nur ihretwegen waren er und Temellin noch am Leben. Bedächtig und mit sicherer Hand legte er sie sich wieder um den Hals. In ihnen lag irgendeine Art von Macht, und er brauchte alle Hilfe, die er bekommen konnte. Er würde Tarran fragen, was er wusste, wenn er das nächste Mal kam. Bis dahin war er bereit, das Risiko einzugehen.
Er ahnte, dass es besser sein würde, seiner Mutter nichts davon zu sagen.
» Temellin.« Korden blieb einen Moment im Türrahmen stehen, während er seine Emotionen verströmte.
Temellin hob den unteren Rand der schwarzen Bandage über seinen Augen und sah einen verschwommenen Umriss, der sich vor dem Licht dahinter abzeichnete. Wenn er nicht in der Lage gewesen wäre, Kordens Anwesenheit zu spüren, hätte der formlose Schatten jeder sein können. Oder irgendetwas. » Wie ich das hasse«, dachte er mit plötzlicher Grimmigkeit. Und fügte dann verzweifelnd hinzu: » Es wird bis zum Ende deines Lebens so sein. Gewöhn dich daran.« Laut sagte er mit einer Stimme, in der gute Laune mitschwang, die durch und durch gespielt war: » Korden, komm rein.«
Kordens Betroffenheit war greifbar, als er durch den Raum hindurch zum Fenster trat, wo der Illusionist mit einem Glas Wein in der Hand saß. » Verflucht, Temellin. Ich bin sofort gekommen, als ich es gehört habe. Es tut mir so leid. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
Temellin ließ Kordens Emotionen auf sich wirken. » Es ist mehr als nur Betroffenheit«, dachte er. » Er ist entsetzt. Und sein Kummer ist aufrichtig. Wieso gibt er mir dann nur immer das Gefühl, dass ich mir seiner Loyalität nicht sicher sein kann?« Die Antwort lag vor ihm, und es war die gleiche wie immer: Weil Korden eifersüchtig war und immer eifersüchtig gewesen war, solange Temellin sich erinnern konnte. Korden hatte Illusionist werden wollen, und als Ältester der Zehn, die dem Schimmerfest-Massaker entkommen waren, war er der Meinung, dass er mehr Recht auf das Illusionistenschwert hatte als Temellin. Er besaß die meisten Erinnerungen an die Welt, die sie verloren hatten – an die Magoroth, die gestorben waren, an die Fülle des Lebens, das sie einst gelebt hatten. Und jetzt war Temellin blind, und sosehr Korden darüber auch bekümmert sein mochte, war es für ihn dennoch ein Grund mehr zu glauben, dass er der bessere Illusionist wäre.
Temellin lächelte und deutete auf den Stuhl neben sich. » Ich werde es überleben. Es ist nicht so schlimm. Setz dich. Möchtest du etwas Wein?«
» Danke, ja. Du solltest nicht allein trinken. Nein, steh nicht auf; ich bediene mich selbst. Wann kannst du den Verband abnehmen? Was sagen die Heiler?«
» Der Verband kommt morgen ab, aber der Schaden ist dauerhaft. Auf dem linken Auge bin ich vollkommen blind.«
» Und auf dem rechten?«, fragte Korden, schenkte sich etwas Wein ein und setzte sich.
Temellin wand sich um eine Lüge herum, hielt seine Stimme gleichmäßig, den Tonfall optimistisch– und seine Emotionen sorgfältig verborgen. » Ich kann ein bisschen sehen, genug, um zurechtzukommen. Ich werde allerdings nicht mehr viel mit dem Schwert kämpfen können.«
» Ich werde mit den Heilern sprechen.«
» Sie werden dir genau das Gleiche sagen.« Das sollten sie auch besser, nach der Mühe, die es ihn gekostet hatte, das Ausmaß seiner Blindheit zu verbergen. Es war wunderbar, dachte er, wie sehr man andere täuschen konnte, ohne eine einzige Lüge zu erzählen, solange die Menschen nicht auf die Idee kamen, dass es einen Grund für eine Täuschung geben könnte.
» Ich möchte nur dafür sorgen, dass alles getan wird, was möglich ist«, sagte Korden.
» Oh, bei den Himmeln, als wären sich die Heiler nicht bereits alle auf die Füße getreten, um ihr Bestes für mich zu tun. Und die Wahrheit ist, ich hatte einen der Besten gleich, nachdem es passiert ist. Samia Garis.« Er zuckte zusammen, als Korden mit dem Fingernagel gegen seinen Cabochon klopfte, ganz offensichtlich, ohne das lästige Geräusch zu bemerken, das es hervorrief.
» Süße Wasser, sie kann noch nicht älter als zehn sein und ist außerdem eine Imaga.«
» Elf, glaube ich. Und zahlreiche Hinweise lassen darauf schließen, dass Imagos die besten Heiler überhaupt sind. Sie hat gute Arbeit geleistet. Ich hatte Glück, dass sie da war, sonst wäre ich noch
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