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Der Bund der silbernen Lanze: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Der Bund der silbernen Lanze: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Bund der silbernen Lanze: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Schulligen
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habe ich Alberos Wachen auf dem Hals! Aber die werden mich nicht kriegen, hörst du?«
    Angst lähmte Laetitia. Starr, wie in Ketten gebannt, hörte sie die zornigen Worte, während das kalte Metall des Messers fester gegen ihren Hals drückte. Obwohl ihr ein Knoten die Kehle zuzuschnüren drohte, zwang Laetitia sich, auf Brigitta einzureden. »Bitte, Ihr müsst in dieser Situation helfen«, flehte sie. »Ihr dürft nicht schweigen. Euch selbst kann dabei gar nichts geschehen. Es geht allein darum, was Ihr gesehen habt. Ihr seid meine einzige Hoffnung und nicht bloß die meine. Ein Mädchen sitzt unschuldig im Kerker. Wenn der wahre Mörder nicht gefunden wird, holt sie schon bald der Henker. Bitte, Ihr müsst aussagen, wie der Mann aussah, den Ihr bei Burkhards Haus beobachtet habt!«
    Während sie sprach, entwarf sie in ihrem Kopf Fluchtideen. Wenn ihr jetzt gelänge, Brigitta das Messer aus der Hand zu schlagen, bestand eine Chance, sie zu überwältigen. Laetitias Anspannung wuchs. Ihr Herz schlug so laut in die Finsternis hinein, dass sie meinte, es müsse von den uralten Mauern der römischen Thermen widerschallen. Natürlich musste alles blitzschnell gehen. Mit heiserer Stimme versuchte Laetitia, die gesamte Aufmerksamkeit der Hure auf ihre Rede zu lenken: »Bitte, ich verspreche Euch … «
    »Niemand wird mich ins Zehnthaus zu dieser Anhörung zerren«, fauchte Brigitta. »Kein Sterbenswörtchen werde ich verraten, sogar wenn es der Teufel persönlich wäre, den ich in jener Nacht gesehen habe. Wenn dir dein gottverdammtes Leben lieb ist, sorgst du noch morgen dafür, dass Alberos Leute aufhören, überall nach mir zu schnüffeln. Du wirst sagen, dass du alles nur erfunden hast. Und damit du meine Worte nicht vergisst, werde ich dir jetzt eine Erinnerung auf deine hübschen Wangen ritzen, eine blutige Erinnerung, die sich in wulstigen Narben verewigt!«
    Ein Geräusch. Was war das? Die Hure musste es ebenfalls vernommen haben, denn sie verstummte und für einen Wimpernschlag lang lockerte sich ihr Griff. In Laetitia flammte Hoffnung auf: Angespannt, mit jeder Faser ihres Körpers horchend, wartete sie auf ein weiteres Geräusch. Ihr war zumute, als ob jemand die Zeit angehalten hätte. Hatte es irgendeinen Menschen in diese gottverlassenen Mauern verschlagen, der sie aus der Todesgefahr befreien würde? Aber nichts geschah. Wohl bloß der schauerliche Gesang des Nachtwinds, der sich in den Winkeln des Gemäuers fing, hatte für wenige Augenblicke Hoffnung auf Rettung geweckt.
    Auf einmal tönten aus dem Dunkel Schritte. Dann ein Schrei, Brigitta fuhr herum. Bevor Laetitia begriff, was geschah, hieb jemand der Hure, die sich katzenartig bog und wild um sich schlug, die Klinge aus der Hand. Mit einem Stoßseufzer sank Laetitia auf den Boden, als sie Sebastian erkannte. Er packte Brigitta an den roten Haaren und zwang sie in die Knie. Gott sei Dank: Er war gekommen, um dem Spiel eine Wendung zu geben.
    »Seid Ihr in Ordnung?«, erkundigte er sich und deutete auf das Blut an ihrem Hals, während er Brigitta zu bändigen versuchte, die fauchte und kratzte. Auf Laetitias Gesicht trat ein Lächeln, als sie Besorgnis in seiner Frage wahrnahm. Als er näher trat und zwei Finger seiner linken Hand sanft ihren Hals betasteten, errötete sie. Im selben Moment geschah es. Mit einem Ruck rammte Brigitta ihren Ellenbogen in Sebastians Unterleib, eine Sekunde später traf Laetitia, die am Boden kniete, ein Tritt am Hinterkopf. Eng, immer enger zog sich ihre Kehle zusammen und ein helles Flirren erfüllte ihr Ohr, erst leise, bald darauf durchdringender und schmerzend. In ihrem Kopf rauschte es, während auf ihrer Stirn feine Tropfen von kaltem Schweiß perlten. Die Wirklichkeit wandelte sich in Ahnung und Schatten. Ihr war, als stürze sie ins schwarze Nichts. Dann verlor sie die Besinnung.
     
    *
     
    Laetitia fühlte sich, als ob jemand einen Ring aus Eisen über ihren Schädel pressen wollte. Von Kopfschmerz gequält öffnete sie langsam die Augen und blinzelte zögerlich in die neblige Helligkeit. Das Erste, was sie wahrnahm, war das tiefe Blau der Blüten von einem Asternstrauß. Wie aus weiter Ferne drangen einzelne unverständliche Worte zu ihr. Der Versuch, sich aufzurichten, misslang gründlich, aber wenigstens wurde allmählich das Flimmern vor ihren Augen schwächer. Endlich erkannte Laetitia die breite Stirn von Karolina und ihre ausladenden Wangenknochen, über die sich auf der rechten Seite das Feuermal zog.

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