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Der Bund der silbernen Lanze: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Der Bund der silbernen Lanze: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Bund der silbernen Lanze: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Schulligen
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zeichnete ein Kreuz auf ihrer Stirn und schaute nach allen Seiten. »Anselm? … Anselm? … Brigitta?«
    Nichts, kein Mensch gab Antwort. Nun, die Dunkelheit hatte sich erst vor einer halben Stunde über die Stadt gebreitet. Sie würde geduldig warten. Dieser Anselm war gewiss nicht weit fort und irgendwann würde Brigitta bestimmt auftauchen. Laetitia begann, ihren Körper wahrzunehmen. Durchnässt und durchfroren stieg Sorge in ihr auf. Mit einem Male bereute sie, sich so leichtfertig über alle Bedenken hinweggesetzt zu haben. Vollkommen allein zu erscheinen, barg Gefahren – noch dazu, da sie sich heimlich aus dem Stift fortgeschlichen hatte. Sie hatte Karolina nicht ins Vertrauen gezogen, um von ihrem Vorhaben zu berichten. Aus Sorge hätte sie sie niemals fortgelassen.
    Die Stille in diesen alten Mauern, die lediglich vom Rauschen des Baches gestört wurde, wurde Laetitia stetig unheimlicher. Für eine Sekunde durchzuckte der Gedanke an Rückkehr ihr Hirn, doch vertrieb sie ihn gleich wieder. Nein, sie durfte sich nicht feige verhalten. Unbedingt brauchte sie die Zeugenaussage, auch wenn es nur die einer Hure war. Schließlich hatte sie sonst nichts Greifbares zur Entlastung von Margund in der Hand. Vielleicht war einer der Torwächter zugegen, sodass sie sich ein wenig sicherer fühlen konnte? Gut standen die Aussichten nicht, denn in Friedenszeiten begnügten sie sich meist damit, die Tore fest zu verriegeln und bloß zweimal in jeder Nacht einen Kontrollgang vorzunehmen. Trotzdem setzte Laetitia sich in Bewegung. Vorsichtig tastete sie sich an der regennassen Steinwand entlang auf die Mauerwölbung zu, die üblicherweise von den Wachleuten genutzt wurde, um sich dort ein wärmendes Feuer zu entzünden. Das Ende des halb ummauerten, mit einer niedrigen Decke überzogenen Gewölbes, das sie betrat, verlor sich in der Finsternis. Ihr Herz pochte in die tintenschwarze Nacht, die sie mit Furcht einflößender Stille umgab. Laetitia horchte. Nichts, nur Wasser, das sich in Wandvorsprüngen gesammelt hatte und mit eintönigem Tropfen zu Boden platschte.
    Während Laetitia eine Fackel entzündete, mischte sich unter ihre Angst vor Gefahr eine weitere Sorge: Was, wenn Brigitta sich entgegen aller Erwartung nicht einfand? Sebastian hatte lediglich von ihren Gepflogenheiten gesprochen. Wer wusste, ob sie sich nicht ausgerechnet heute eines anderen besann? Und selbst wenn sie hier aufkreuzte: Womöglich lag ihr tatsächlich nichts an der Wahrheitsfindung und es erschien nicht verlockend, ihre Beobachtungen preiszugeben? Einer derart auf sich selbst bedachten Seele, als die Sebastian sie geschildert hatte, wäre ein solches Verhalten zuzutrauen.
    Andererseits hörte sich dieser Sebastian gerne reden und Laetitia schien geraten, seine Äußerungen nicht überzubewerten. Außerdem: Hieß es nicht, dass sich Menschen, die von der Gemeinschaft rechtschaffener Leute geringschätzig betrachtet wurden, in besonderer Weise miteinander verbunden fühlten? Ebenfalls eine Ausgestoßene, konnte es Brigitta bestimmt nicht ungerührt lassen, dass ein von den Leuten verachtetes Mädchen unschuldig in Ketten lag und mit jeder verrinnenden Stunde des Henkers Schlinge näherkam! Allein der Gedanke an die ungerechte Strafe, die Margund drohte, bot Grund genug zum Schulterschluss zwischen den beiden ausgegrenzt lebenden Frauen. Diese armselige Hoffnung steigerte Laetitias Zuversicht.
    Plötzlich zuckte ein Schatten über das feucht glänzende Mauerwerk. Laetitia begriff: Sie war nicht mehr allein. Ihre Lippen wurden blass. Blitzschnell ließ sie die Fackel fallen und griff nach dem Dolch. Aber noch bevor sie die Waffe fassen konnte, fühlte sie kalt wie Eis die Klinge eines Messers am Hals. Ein erstickter Schrei kam aus ihrer Kehle.
    »Hab ich mir doch gedacht, dass du hier auftauchst, du Biest. Du bist doch die Kleine, die sich bei den Nonnen eingenistet hat? Ich werde dich lehren, mir Scherereien zu bereiten«, zischte es und Laetitia spürte heißen Atem an ihrem Ohr. Eine fremde, seidige Haarsträhne, die rot wie ein Hahnenkamm über ihre eigene Schulter floss, brachte Gewissheit. Es war Brigitta. Laetitia rang nach Luft und griff nach dem angreifenden Arm, der ihren Hals würgte. Gleich darauf spürte sie, wie die Klinge ihre Haut ritzte und ein feines Rinnsal von Blut vom Hals über das linke Schlüsselbein lief.
    »Du hättest besser daran getan, mich in Ruhe zu lassen, statt im Zehnthaus Geschichten über mich zu erzählen. Jetzt

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