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Der Bund der silbernen Lanze: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Der Bund der silbernen Lanze: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Bund der silbernen Lanze: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Schulligen
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einen Ruck und trat an Wilhelms Pult heran. Flüchtig erwiderte er ihren Gruß und wies befehlsartig auf einen Tisch mit zwei Stühlen. Von dort traf Laetitia das überlegene Lächeln Ruperts, dem die Siegesgewissheit aus den schwarzen Augen blitzte. Sie schluckte. Den Namen des Mörders zu wissen war eine Sache, ihn zur Strecke zu bringen eine ganz andere. Kaum hatte sie sich gesetzt, brandete eine Flut von zornigen Stimmen auf. Begleitet von Schimpfrufen der Menge, führten zwei Wachen Margund herein, die in einem hässlichen grauen Gewand steckte, das aber immerhin sauber war und ihr dadurch ein gewisses Maß an Würde beließ. Wie ihre Augen verrieten, musste sie vor Furcht regelrecht krank sein. Unruhig lief ihr Blick umher und suchte nach einem Gesicht, das ihr keinen Hass entgegenschleuderte. Margunds Verzweiflung und die Verachtung eines Publikums, das sein Urteil längst gefällt hatte, bildeten einen entmutigenden Sog, der Laetitia erfasste. Doch war sie fest entschlossen, sich nicht hinabziehen zu lassen.
    Der Aufforderung Wilhelms folgend erhob sich Rupert und ging mit geschmeidigen Schritten in die Mitte des Raumes. Sein schlohweißer Mantel ließ seine Gestalt dabei hell und strahlend wie die personifizierte Tugend aussehen. Auf seiner Miene spiegelte sich die Gewissheit, dass er mit dem Triumph in diesem Saal zugleich den Sieg in seinem persönlichen Anliegen davontragen würde. Dann würden sich unzählige junge Männer des Erzstifts auf den Kriegsmarsch in den Osten machen. Den Kampf zum Nachweis von Margunds Schuld begann Rupert sehr wirkungsvoll. In schaurigen Farben schilderte er zunächst Burkhards Ende in einem Meer aus Blut. Anschließend ging er auf die beiden weiteren Verbrechen ein. Dabei überwand er mit spielerischer Leichtigkeit die Hürde, dass die Beschuldigte bereits im Kerker saß, als Brigitta und Gerwin zu Tode kamen. Hierzu nutzte er die Beobachtungen angeblich verlässlicher Zeugen, die Margund übernatürliche Fähigkeiten andichteten. Hätten doch zwei schrullige Weiber mit eigenen Augen beobachtet, wie das Mädchen zur letzten Sonnenwende den Teufel herbeigerufen hatte, begleitet vom Schwefelgestank der Hölle. Margund bezog ihre dunklen Kräfte zum Besiegen der Grenzen von Zeit und Raum angeblich – wie könnte es anders sein – aus den Riten ihrer verdammungswürdigen Glaubensgemeinschaft.
    Rupert machte eine Pause und weidete sich selbstgefällig an den Gesichtern, die ihm gebannt entgegenstarrten. Dann schnellte sein Arm empor, um, gleich einer Jagdtrophäe, ein vergilbtes Papier zu zeigen. Zu genau wusste Laetitia, was das Schriftstück zu verkünden hatte. Spätestens jetzt, als er aus der Prophezeiung vorlas, gehörte das Publikum ganz und gar Rupert. Nur in Wilhelms Zügen, der ihm nach Beendigung seiner Rede dankte, war nicht zu lesen, was er davon hielt. Trotzdem trat auf Ruperts Gesicht ein herablassendes Lächeln. Er hegte keinen Zweifel daran, dass sich die Waagschale tief zu seinem Vorteil senkte.
    »Zur Vertretung der Delinquentin lade ich nun Laetitia vor«, erklärte Wilhelm mit der seinem Amt gebührenden Autorität in der Stimme. »Der eine oder andere von Euch wird ihre Bekanntschaft gemacht haben. Sie weilt schon mehrere Wochen als Gast in unserer Stadt.«
    Einige der Schaulustigen machten ihrer Ungeduld mit höhnischen Zurufen Luft. Wieso sollten sie ihre Zeit damit vertun, dem Geschwätz einer jungen Frau zuzuhören, die noch dazu aus der Fremde kam? Für sie stand außer Frage: Um Margunds Hals gehörte eine Schlinge und das am besten noch in dieser Sekunde. Es kostete Laetitia einige Überwindung, aufzustehen und sich dem Publikum zuzuwenden. Den sensationslüsternen Zuschauern ins Gesicht sehen konnte sie nicht. Daher suchte sie einen Fixpunkt über den Köpfen der Leute, den sie bald in einem Holzkreuz an der Rückwand fand.
    »Die Verbrechen wurden alle von einem einzigen Täter begangen, darin gebe ich Rupert recht«, hob sie an. »Doch werde ich nachweisen, dass dabei nicht der kleinste Funke der Hexerei im Spiel war. Nicht ein Anhänger der Katharerlehre hat die Verbrechen begangen, nein, es war eine Person rechten Glaubens. Und nicht nur das. Es war sogar eine Person von hohem Ansehen.«
    Höhnisches Gelächter unterbrach Laetitias Worte und sie musste beinahe schreien, um sich Gehör zu verschaffen. »Leider brauchte ich sehr lange, um hinter die Dinge zu sehen. Fatalerweise nahm ich zunächst an, Burkhard sei spontan getötet worden. Spontan,

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