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Der Bund der silbernen Lanze: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Der Bund der silbernen Lanze: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Bund der silbernen Lanze: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Schulligen
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brauchte. Damit konnte sie die Menschen mit sich ziehen, weiter fort in ihrer Beweisführung.
    »Ein haarsträubender Verdacht glomm in ihm auf, der Verdacht auf ein Vergehen wie es kein schändlicheres geben kann: Hochverrat in der Maximiner Fehde. Und wie recht Burkhard mit seinem Verdacht hatte, werde ich Euch allen noch in dieser Stunde zeigen!«
    Jeder hielt den Atem an. Das Herabfallen einer Feder hätte ohrenbetäubend gedröhnt. Laetitia nestelte etwas vom Gürtel ihres Gewands hervor und hielt es mit gestrecktem Arm empor: das Amulett mit der silbernen Lanze. Sie schilderte, was sie am unglückseligen Abend von Burkhards Ermordung beobachtet hatte. Wie die Hure das Amulett an sich genommen hatte, das sich durch das Ringen mit Burkhard vom Hals des Mörders gelöst haben musste und bei dessen Flucht zu Boden gefallen war. »Die silberne Lanze – ein Symbol, das Burkhard einst heilig war! Das Zeichen eines Kreises von Getreuen, die sich beim Apulienfeldzug Treue geschworen hatten. Gegen einen Mann aus dem Bund der silbernen Lanze jedoch hegte Burkhard irgendwann fürchterliches Misstrauen. Er nahm ihn ins Visier – infolge der Nachforschungen, die er gemeinsam mit Gerwin betrieb.«
    Laetitia wandte sich von Wilhelm, der sie von seinem Pult herab mit vor Verblüffung geweiteten Augen anstarrte, zu Rupert: »Was sollte ich mit dem Amulett, das die silberne Lanze zeigte, anfangen? Wie sollte es mir weiterhelfen? Der entscheidende Gedanke kam mir, als ich von Balderichs Aufzeichnungen hörte. Akribisch genau hält Balderich jeden Schritt unseres Erzbischofs Albero in Worten fest. Hatte nicht auch Albero als einer der Tapferen am Apulienzug teilgenommen? Dies bestätigt zu sehen und in der bischöflichen Bibliothek nach einer Chronik über den Feldzug zu forschen war eins. Und in der Tat wurde ich fündig.«
    Dies war das Stichwort. Laetitia spürte einen Windzug im Nacken. Die Flammen der Pechfackeln zuckten, die Tür flog auf und herein schritt, zwei Wachen im Gefolge, Balderich, begleitet von dem Benediktiner Ansgar. Wilhelm, dem vor Überraschung der Kiefer herunterklappte, erhob sich, um die Anhörung zu unterbrechen. Balderich jedoch bedeutete ihm, sich wieder zu setzen. Eilends schaffte man Stühle herbei und bald danach wurde es im Saal so leise, dass selbst samtene Katzenpfoten zu hören gewesen wären.
    Laetitias Erleichterung über das Erscheinen von Balderich als einem engen Vertrauten des Erzbischofs ließ sich nicht beschreiben. Ihr Blick glitt zu Rupert, der auf seinem Stuhl hin und her zu rutschen begann, als säße er auf brennenden Holzscheiten. Jetzt war die Reihe an Laetitia, herablassend zu lächeln. Wenn Rupert wüsste, mit welcher Genauigkeit sie jeden seiner Schritte beobachtet hatte, seit sie seines Vaters Namen in der Chronik entdeckte hatte. Seine Mimik, seine Gestik, jedes Wort aus seinem Mund hatte sie vor dem Hintergrund ihres Verdachts interpretiert.
    »Zunächst klangen all die Namen von Teilnehmern am Apulienfeldzug fremd für mich«, sprach sie an Balderich und Ansgar gewandt. »Alle bis auf einen. Aber erst als ich erfuhr, dass Burkhard nur wenige Brocken der französischen Sprache beherrschte, erlernt auf seinen Handelsreisen, traf es mich wie ein Blitz: ›Tour‹. Wieso sollte ein Sterbender eine fremde Sprache nutzen? Ein Verzweifelter, der die letzten Kräfte zusammenraffte, um überhaupt noch eine Silbe hervorbringen zu können? Allein der Gedanke war absurd! Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen und ich sah die Tatsachen vollkommen klar: Niemals hatte er einen Turm gemeint, sondern Tours, die Stadt , die diesen Namen trägt.«
    Die Atmosphäre im Zehnthaus lud sich mit einer Spannung auf, der Wilhelms Nerven nicht gewachsen schienen. Sein Gesicht übersäten rote Flecken und die Adern an seinen Schläfen schwollen bedenklich an: »Nicht wieder dieses Tours-Gefasel, das hatten wir doch schon. Wenn Ihr nichts Vernünftiges vorzutragen habt, spreche ich mein Urteil hier und jetzt!«
    Laetitia jedoch ließ sich nicht beirren. Mit von feuriger Röte überzogenen Wangen rief sie: »Und im gleichen Moment überkam mich die Erkenntnis: Nicht auf den Mörder hatte Burkhard hinweisen wollen! Er, dem sein Leben seit Langem nichts mehr galt und den einzig die Vergeltungssucht aufrecht hielt! Nein, nicht auf den Mord, sondern auf den Verrat kam es ihm an. Auf den Mann, der die Schuld für den Tod von zweien seiner Söhne auf sich geladen hatte und um Haaresbreite den

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