Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung
bewusst dazu entschieden und wäre tatsächlich gestorben, hätte Erienne sie nicht beide geheilt. Loyalität im Kampf konnte Hirad leicht verstehen, doch dies war etwas Größeres. Er hatte einen Kloß im Hals, schluckte schwer und drückte Ilkar herzhaft an sich, während er sich zugleich am Magier festhielt, um nicht vor Schwäche umzufallen.
»Sind wir dann bereit?«
Ilkar nickte. »Wir haben genügend ausgeruhte Pferde, darunter alle, die uns selbst gehören. Die Leichen der Gegner sind beseitigt, und Will hat die Burg vermint. Ich muss schon sagen, er ist ein gerissener Hund.«
»Er versteht sich auf sein Handwerk«, stimmte Talan zu.
Will hatte inzwischen eine Möglichkeit gefunden, Hirads Wunsch zu erfüllen und die Burg erst dann dem Erdboden gleichzumachen, wenn sie selbst schon einen halben Tagesritt entfernt waren.
»Es ist besser, die Feinde werden erst zum Leuchtfeuer gelockt, wenn wir schon nicht mehr da sind«, hatte er erklärt.
Jetzt waren die Küche und der Festsaal, in dem sie so viel Zeit verbracht hatten, für sie nicht mehr zugänglich. Vorhänge, Teppiche und Möbel, Bücher und Balken waren mit Öl präpariert. Mit Öl getränkte Lunten durchzogen die Burg, an strategischen Punkten waren Holzstapel mit Zündern vorbereitet, und dort, wo Will besonders heftige Detonationen auslösen wollte – etwa in den Türmen und in der Eingangshalle –, waren Haufen von trockenem Mehl aufgeschüttet.
Alle außer Hirad und Erienne hatten daran mitgearbeitet. Will war immer wieder durch die Burg patrouilliert und hatte sichergestellt, dass alles den Plänen gemäß ausgeführt wurde, und er hatte langwierige Probeläufe mit vielen verschiedenen Arten von langsam brennenden Zündern durchgeführt. Seil, Öl und Pech wurden in immer neuen Verhältnissen gemischt und angezündet, und die Brenndauer wurde nach Wills Herzschlägen bemessen. Als er endlich zufrieden war, stellte er viele Meter Lunte her, so dick wie sein Daumen, und legte eine Zündschnur oben und eine zweite unten aus.
»Jetzt müssen wir nur noch packen und die Pferde satteln, und morgen früh können wir dann noch die letzten paar Räume mit Zündern versehen. Will und Thraun setzen die Zünder in Brand, und dann sind wir weg.«
»Gut. Denser ist sowieso schon unruhig, weil wir so viel Zeit verloren haben«, sagte Hirad.
»Da ist er nicht der Einzige«, gab Ilkar zurück.
»Wie hat sie eigentlich darauf reagiert, dass wir nach Dordover reiten, um ein Grab ihrer Meister zu plündern?«
Ilkar lächelte. »Das ist eine gute Frage. Ich weiß nicht,
was sie abgesprochen haben, aber ich kann immerhin sagen, dass sie die Sache wichtig genug nimmt, um uns nicht zu hintergehen.« Er hielt inne und dachte nach. »Einzelheiten habe ich nicht erfahren. Sie weiß jedenfalls eine Menge über Dawnthief, und offensichtlich vertraut sie Denser.«
»Und die anderen?«, wollte Hirad wissen.
Ilkar zuckte mit den Achseln. »Sie sind gute Leute, Hirad. Thraun ist der geborene Schwertkämpfer. Erienne ist eine begabte Magierin, mit Jandyr haben wir den Bogenschützen, den wir immer haben wollten, und Will, nun ja, er ist klug und sogar gerissen. Sie bilden eine gute Ergänzung für die Truppe. Talan und ich haben sie auf den Kodex eingeschworen, und da du nicht ansprechbar warst, haben wir sie als Mitglieder des Raben aufgenommen. Ich weiß, dass wir es normalerweise nicht so halten, aber wir hatten nicht genug Zeit, sie gründlicher in Augenschein zu nehmen, und wir müssen sicher sein, dass sie dir ohne Wenn und Aber folgen. Ich bin zuversichtlich, dass sie es tun werden. Talan?«
»Ganz deiner Meinung.« Talan nickte, doch er blickte in weite Fernen. »Nur Will ist womöglich ein unsicherer Kandidat, doch ich glaube, Thraun kann ihn unter Kontrolle halten. Eriennes Kummer macht sie möglicherweise unberechenbar. Auch darauf solltest du achten.«
»Sie haben den Vertrag für den derzeitigen Auftrag unterzeichnet, und sie wissen, worauf sie sich einlassen«, fuhr Ilkar fort. »Denser hat ihnen die ganze grausame Geschichte erzählt, und es fiel ihnen nicht sehr schwer zu akzeptieren. Sie konnten eine Entscheidung treffen, die wir in dieser Weise nicht treffen konnten. Wenn sie überleben, dann sind sie reich, und wenn nicht, dann ist das Geld sowieso nicht mehr wichtig, was?«
Hirad zog die Augenbrauen hoch. »Da hast du wohl Recht.« Er war müde. »Ich glaube, ich schleppe mich mal lieber wieder nach drinnen und lege mich eine Weile
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