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Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung

Titel: Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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Vergangenheit, sie hatte keinen Bezug zum Heute mehr.
    Die Veränderungen kamen jedoch zu langsam, die Stadt erstickte. Nur wenige Einwohner von Xetesk waren fortgegangen und hatten die Freiheit genutzt, die ihnen der jetzige Herr vom Berg geschenkt hatte, kaum dass er das Gewand des herrschenden Magiers im Kolleg übergestreift hatte.
    In den letzten zwölf Jahren war Styliann auf nichts als Widerspenstigkeit gestoßen, wann immer er versuchte, die alten Bräuche über Bord zu werfen, als zögen seine Untertanen eine perverse Befriedigung daraus, jedem Menschen mit Angst und Schrecken zu begegnen. Doch jetzt konnte ihm sein Scheitern beim Versuch, den Willen der Mehrheit und das Bewusstsein des Volkes zu beeinflussen, sogar zum Vorteil gereichen.
    Styliann war eine beeindruckende Gestalt, weit mehr als sechs Fuß groß und mit dem Körper eines Vierzigjährigen gesegnet, der sein wahres Alter von mehr als fünfzig Jahren Lügen strafte.
    Das Haar, das nur noch die Hälfte des Schädels bedeckte, war lang, dunkel und zu einem Pferdeschwanz gebunden, der bis über die Schulterblätter reichte. Er trug dunkle Hosen und ein dunkelblaues Hemd und dazu, über
die Schultern gelegt, seine schwarze Amtstracht mit dem goldenen Saum. Seine Nase war lang und schmal, das Kinn markant, und die kalten, grünen Augen konnten jeden einschüchtern, auf den sie gerichtet wurden.
    »Dann kann ich annehmen, dass sie unversehrt aus Terenetsa fliehen konnte?«, fragte sein Gast, der auf der anderen Seite des Kamins Platz genommen hatte.
    Styliann blinzelte mehrmals und schüttelte den Kopf, um sich aus seinen Träumen zu reißen. Er warf einen Blick auf Nyer, seinen wichtigsten Adjutanten, der den Rang eines Erzmagiers bekleidete, und musste an die alte Maxime denken, die sich um die richtige Position für Freunde und Feinde drehte. Er war der Ansicht, dass er Nyer, den gerissenen Politiker, Intriganten und scharfsinnigen Denker, an genau die richtige Stelle manövriert hatte.
    »Ja, so ist es. Mit knapper Not. Sie müsste jetzt in Sicherheit sein.« Er schauderte, als er an seinen letzten Kontakt mit Selyn dachte, weil er sich um die Sicherheit der Spionin gesorgt hatte. Trotz des Tarnzaubers war sie von denen bedroht gewesen, die sie beobachten sollte. Die Erinnerungen an die Art und Weise, wie sie aus Terenetsa entkommen war, einer kleinen ländlichen Gemeinde der Wesmen, nicht allzu weit westlich der Blackthorne-Berge gelegen, suchten jetzt noch seine Träume heim. Er streckte die leicht zitternde Hand zum niedrigen Tisch aus und nahm sein Weinglas mit dem schweren, süffigen Rotwein, dem die Lagerzeit nicht so gut bekommen war, wie er gehofft hatte. Er war müde. Die Kommunion über eine so große Entfernung kostete Kraft, und er musste später am Abend noch die Katakomben besuchen, um zu beten.
    »Aber irgendetwas beunruhigt Euch doch, mein Lord.«
    »Hmm.« Styliann schürzte die Lippen. Eine Weigerung, sich weiter zu äußern, konnte von Nyer als persönliche Beleidigung
aufgefasst werden, und das durfte er sich nicht erlauben. Noch nicht. »Sie hat genau das gesehen, was wir befürchtet haben. Die Wesmen unterwerfen die Dörfer in der Nähe der Blackthorne-Berge. Sie hat gehört, dass der Schamane ihnen versprach, sie am Leben zu lassen, wenn sie die Ernte abliefern und Gehorsam geloben. Die Beweise sind erdrückend. Sie stellen Armeen auf, sie vereinigen sich, und die Magie der Schamanen ist stark.«
    Nyer nickte. Er fuhr sich mit den Fingern durchs lange graue Haar.
    »Und Parve?«, fragte er.
    »Ich habe sie gebeten, dorthin zu reisen.«
    »Selyn?«
    »Ja. Dort ist niemand sonst, und wir brauchen Antworten.«
    »Aber, mein Lord …«
    »Ich bin mir der Risiken wohl bewusst, Nyer!«, fauchte Styliann. Dann lenkte er sofort wieder ein. »Verzeiht mir.«
    »Keine Ursache«, erwiderte Nyer. Er legte Styliann einen Augenblick lang beruhigend eine Hand aufs Knie.
    »Wir müssen jetzt sehr vorsichtig sein«, sagte Styliann, nachdem er noch einen Schluck Wein getrunken hatte. »Sind unsere Beobachter sicher, dass die Wytchlords noch eingesperrt sind?«
    Nyer seufzte ausgiebig. »Wir glauben es.«
    »Es nur zu glauben, reicht nicht aus.«
    »Bitte, Styliann, lasst es mich erklären.« Es verstieß gegen das Protokoll, wenn er den Vornamen benutzte, doch Styliann ließ es ihm durchgehen. Nyer war ein alter Magier, der sich nur selten an die Etikette hielt. »Die Sprüche, mit denen festgestellt werden kann, ob die Wytchlords noch im

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