Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung

Titel: Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
Vom Netzwerk:
nahmen ihr Frühstück ein. Es sah nicht so aus, als sollte der Regen bald nachlassen. Die Tropfen prasselten durch Blätter und Äste und platschten und trommelten auf Erde und Leder. Jenseits des Flusses, an dem sie lagerten, wurde das Gelände rasch unwirtlicher. Im Norden gab es steile Bergflanken, kalte Gipfel und öde Hochebenen. Ihr Ziel lag jedoch in einer leichter zu erreichenden Region im Südwesten.
    »Wie weit haben wir es noch bis zu den Wrethsires?«, fragte Hirad.
    Thraun saß mit Will am anderen Ende des Halbkreises, neben ihnen lagerten Erienne und Denser; er hatte den Arm um ihre Schultern gelegt. Im nächsten Zelt waren der Unbekannte und Jandyr neben Hirad und Ilkar untergebracht.
    »Eine Tagesreise, kaum mehr«, antwortete Thraun, während er mit vollem Mund Brot kaute. »Vorausgesetzt, uns laufen keine Wesmen über den Weg.«
    »Wir entfernen uns von der Gegend, wo sie am stärksten konzentriert sind, und da so viele nach Osten unterwegs sind, sollte uns nichts passieren, solange wir den Hauptstraßen fernbleiben«, sagte der Unbekannte. »Wie auch immer, ich habe gehört, dass du sehr gut darin bist, dich versteckt zu halten.« Er lächelte.
    »Ja, es geht so.«
    »Es ist ein Schock, wenn du herausfindest, dass du etwas bist, das du nicht sein willst.« Die Stimme des Unbekannten
klang nach einem so tiefen Kummer, dass Hirad fast seinen Kaffee verschüttet hätte.
    Thraun und der große Mann wechselten einen Blick, und die anderen Mitglieder des Raben warteten auf eine Reaktion.
    Thraun nickte nur. »Nur jemand wie du kann vermutlich die Schmerzen und die Ängste verstehen. Ich gäbe alles darum, wenn ich nicht das sein müsste, was ich bin.«
    »Aber in der Gruft hast du doch …«, warf Erienne ein.
    »Nur wenn es keinen anderen Weg gibt. Und wenn es geschieht, bin ich voller Angst um alles, was ich kenne und liebe.« Er stand auf. »Ich sattle die Pferde.« Der Unbekannte folgte ihm aus dem Lager und ließ die anderen in verwirrtem Schweigen zurück.
    »Ein Segen ist es gewiss nicht«, sagte Will schließlich. Er löschte das Feuer im Feldofen und zerlegte diesen in seine Teile, um sie auf dem feuchten Boden abkühlen zu lassen. »Er hat Angst, er könnte sich eines Tages im Bewusstsein des Wolfs verlieren und käme nicht mehr zurück.«
    Der Rabe brach zwanzig Minuten später auf. Immer noch prasselte der Regen herunter, und der Fluss hinter ihnen führte Hochwasser und schäumte. Thraun ritt vorn und bestimmte den Weg. Er schwieg und behielt seine Gedanken für sich.
    Hirad und Ilkar ließen sich etwas zurückfallen und nahmen den Unbekannten, der direkt hinter Denser und Erienne ritt, in die Mitte.
    »Warum glaubt Thraun, du könntest ihn verstehen?«, fragte Hirad.
    »Taktgefühl war offenbar noch nie deine Stärke, was?«, meinte Ilkar schnippisch.
    Der Unbekannte schüttelte den Kopf. »Er ändert sich nie«, sagte er. »Hör zu, Hirad, es ist kompliziert und nicht
sehr angenehm. Jedenfalls nicht für mich.« Er warf einen Blick zu Denser, doch der Dunkle Magier schien nichts gehört zu haben. »Wir müssen beide mit dem Wissen leben, dass wir anders sind als die anderen Menschen. Du musst Thraun schon selbst fragen, wie er es herausgefunden hat, aber das Wichtige ist, dass wir beide etwas sind, das wir nicht sein wollen, und dass wir uns diesem Zustand nicht entziehen können. Vergiss nicht, dass ich glaubte, ich könnte es.« Der Unbekannte kaute an seiner Unterlippe.
    »Meinst du nicht, du …«, begann Ilkar.
    »Nein, schon gut. So bleibt es wenigstens auf euch zwei beschränkt, und Denser weiß es ohnehin schon. Es ist kein Zufall, wenn jemand zum Protektor gemacht wird. Ich bin Xeteskianer. Wir … sie sind stark und achten darauf, dass sie Stärke, Ausdauer und Geschwindigkeit vererben und verstärken. Ich wurde schon früh an den Waffen ausgebildet, und mit dreizehn entdeckte ich, wozu ich bestimmt war.« Er zuckte mit den Achseln. »Es gefiel mir nicht, dass meine Seele an den Berg von Xetesk verkauft war, und deshalb bin ich weggelaufen. Anscheinend kommt dies immer wieder vor, wenn jemand es herausfindet, und sie lassen einen dann einfach gehen. Warum auch nicht? Man kann ihnen sowieso nicht entkommen, wenn man stirbt.«
    »Dann hast du es schon immer gewusst?« Hirad war voller Kummer, und er litt unter dem Gefühl, der Unbekannte habe ihm noch nie wirklich vertraut, weil er sein Geheimnis zehn Jahre lang für sich behalten hatte. »Hängt das alles auch mit deiner

Weitere Kostenlose Bücher