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Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung

Titel: Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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Weigerung zusammen, deinen richtigen Namen zu nennen?«
    »Ja. Eigentlich ist es beschämend. Ich konnte meine Bestimmung nicht verleugnen, aber ich habe mich geweigert, es vor mir selbst zuzugeben. Ich habe falsche Namen ausprobiert, aber sie haben nie gepasst, also habe ich am Ende
überhaupt nichts mehr über mich erzählt. Als Ilkar mich dann als den Unbekannten Krieger bezeichnet hat, schien das zu passen. Sozusagen ein Name, der kein Name war. Das hat mir gefallen.« Wieder nagte er an der Unterlippe. In seinen Augen schimmerte es feucht, aber seine Stimme war schroff. »Als ich dann beim Raben war, dachte ich natürlich, ich müsste niemals sterben. Aber das ist auch kein Ausweg.« Er biss die Zähne zusammen und starrte nach vorn.
    »Entschuldige, aber das verstehe ich nicht«, meinte Ilkar.
    »Ich auch nicht«, sagte Hirad. »Ich meine, wenn du so darauf aus warst, nicht zu sterben, warum hast du dich dann auf all diese Kämpfe eingelassen?«
    »Als mir bewusstwurde, dass sie mich sowieso holen würden, dachte ich, dass ich wenigstens bei dem Versuch sterben könnte, dich zu retten. Euch alle. Und ich dachte, ich könnte ihnen vielleicht entwischen, wenn ich weit entfernt von Xetesk an einem Ort sterbe, an dem das Mana instabil ist. Ich dachte, dort könnten sie mich nicht finden.«
    »Warte mal, können wir vielleicht einen Schritt zurückgehen? Was meinst du damit, dass sie dich sowieso geholt hätten?« Ilkar kamen Gedanken, die ihm ganz und gar nicht behagten, doch der Unbekannte schüttelte nur den Kopf und starrte Densers Rücken an.
    Denser wendete sein Pferd und ritt neben Ilkar. »Er meint, dass die Dämonen früher oder später sowieso seine Seele geholt hätten, ob er nun lebendig oder schon gestorben war. Er meint, dass seine Zeit abgelaufen ist. Wem nützt schon ein vierzigjähriger Protektor?« Densers Worte waren hart, aber sein Tonfall verriet seine Abscheu. »Deshalb hat er beschlossen zu sterben. Es war die einzige Chance, sich selbst und gleichzeitig uns alle zu retten. Doch sie haben ihn gefunden. Sie haben seinen Tod gestohlen.
« Er trieb sein Pferd wieder an, bis er wieder neben Erienne ritt. »Und jetzt wisst ihr alles, und ihr versteht, warum der arme Laryon und ich sie befreien wollten. Zu viele von ihnen waren eigentlich noch gar nicht richtig tot.«
    Hirad wollte etwas sagen, doch er bekam kein Wort heraus. Er starrte Denser an und dann den Unbekannten und war sprachlos angesichts der Bürde, die sein Freund all die Jahre mit sich herumgeschleppt hatte. Die Lügen, die er hatte erzählen müssen, um sein wahres Schicksal nicht nur vor ihnen, sondern auch vor sich selbst zu verbergen. Er hatte nie eine Zukunft oder irgendwelche Entscheidungsmöglichkeiten gehabt, und doch hatte er ihnen niemals auch nur den leisesten Hinweis auf sein wahres Selbst gegeben. Auf das, was er sein sollte und was er für kurze Zeit tatsächlich war.
    Der Unbekannte wandte sich an Hirad, als hätte er dessen Gedanken gelesen. »Ich wollte unbedingt, dass alles, was wir beim Raben hatten, die einzige Wirklichkeit wäre, und die meiste Zeit habe ich es sogar selbst geglaubt. Der Ruhestand, der Krähenhorst, alles.«
    »Aber jetzt kannst du leben!«, freute sich Hirad. »Wenn es vorbei ist, dann kannst du leben!«
    Doch der Unbekannte konnte seine Freude nicht teilen. »Ich hätte eigentlich nicht entlassen werden dürfen. Zu viel geht dabei verloren.« Er unterdrückte ein Schluchzen. Denser sah sich über die Schulter um, sein Gesicht verriet sein Entsetzen. Der Unbekannte nickte. »Genau wie du, Denser, genau wie du.«
    »Was redet ihr da?«, fragte Ilkar nervös.
    »Die Seelen der Protektoren verschmelzen im Berg. Wir sind eins. Als meine Seele zurückgeholt wurde, ging ein Teil von mir, jener Teil, den ich mit der Bruderschaft der Protektoren geteilt habe, unwiederbringlich verloren. Ich
lebe, ich atme, ich lache, ich weine, aber innerlich bin ich leer. Die Götter mögen es euch allen ersparen, jemals zu erfahren, wie sich das anfühlt.«
     
    Die anrückende Armee der Wesmen, zornig und erschöpft und wild entschlossen, Rache zu üben, marschierte am nächsten Tag gegen Blackthorne. Sie kamen, als die Regenschauer vorübergehend aussetzten, und blieben ein Stück außerhalb der Reichweite der Magier stehen.
    Blackthorne sah von der Krone aus zu und überblickte seine Stadt, die Wälle und die Wesmen, die sich draußen auf den Weiden sammelten. Gresse stand händeringend neben ihm und machte sich

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