Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung
Kaffee an und ließ sich vom Dampf das Gesicht wärmen. Die beiden Männer schwiegen eine Weile.
»Wenn wir weiter tun, als sei alles noch so, wie es vor ein paar Jahren mal war, dann werden wir eines Tages nicht
mehr schnell genug sein. Hirad?« Der Barbar schaute auf. »Hirad, ich will dich nicht auf die gleiche Weise verlieren, wie wir Ras verloren haben.« Sirendor nagte an der Unterlippe, dann seufzte er. »Ich will nicht zusehen müssen, wie du stirbst.«
»Wirst du auch nicht.« Hirads Antwort fiel recht grantig aus. Er kippte den Rest Kaffee in sich hinein und stand auf. Er musste die Lippen fest zusammenpressen, damit sie nicht zitterten. »Ich sehe mal nach den Pferden«, sagte er schließlich. »Wir sollten wohl lieber früh aufbrechen.« Er verließ die Küche und marschierte zum Innenhof, wo er stehen blieb und den Ort anstarrte, der möglicherweise der letzte sein sollte, an dem der Rabe gekämpft hatte. Zornig wischte er sich die Tränen aus den Augen und ging zu den Stallungen.
Auch Ilkar sprach sich dagegen aus, noch länger zu rasten, und begab sich sofort in Serans Gemächer. Der tote Magier aus Lystern, der kleinsten der vier Kolleg-Städte, lag inzwischen auf einem niedrigen Tisch seines Arbeitszimmers. Ein Tuch bedeckte den Leichnam. Ilkar zog das Tuch von Serans Gesicht zurück und runzelte die Stirn.
Die Haut des toten Magiers war auf dem Schädel straff gespannt, und das Haar war rein weiß. So hatte er am vergangenen Abend noch nicht ausgesehen. Der Schnitt auf der Stirn, der inzwischen gesäubert worden war, erweckte jetzt den Eindruck, als stammte er lediglich von einer kleinen Kralle.
Er hörte eine Bewegung hinter sich. Denser, der Magier aus Xetesk, hielt in der Tür der Schlafkammer inne. Die Pfeife qualmte gemächlich in seinem Mund, die Katze war in seinem Mantel verborgen. Ilkar fand, dass die Pfeife nicht zu ihm passte. Denser war ganz gewiss kein alter Mann, auch wenn die Anstrengungen ihm das Aussehen eines
Mannes gaben, der die Mitte der Dreißig deutlich überschritten hatte.
»Ein unglückliches Ergebnis, aber leider unvermeidlich«, erklärte Denser. Er wirkte schrecklich müde. Sein Gesicht war grau, die Augen dunkel und eingesunken. Er lehnte sich an den Türrahmen.
»Was ist mit ihm geschehen?«
Denser zuckte mit den Achseln. »Er war kein junger Mann mehr. Wir wussten, dass er sterben könnte.« Er zuckte noch einmal mit den Achseln. »Es gab keine andere Möglichkeit. Er wollte uns aufhalten.«
»Uns?« Endlich fiel der Groschen. »Die Katze«, sagte Ilkar.
»Ja. Sie ist ein Hausgeist.«
Ilkar zog Seran das Tuch wieder über den Kopf und ging zu Denser hinüber. »Komm schon, setz dich lieber, ehe du umfällst. Ich habe einige Fragen, die beantwortet werden müssen.«
»Ich dachte mir schon, dass es kein reiner Höflichkeitsbesuch wird.« Denser lächelte.
»Nein.« Ilkar lächelte nicht.
Als er saß, blickte Ilkar zu Denser, der sich auf Serans Bett gelegt hatte. Damit war seine erste Frage schon beantwortet. Der Xeteskianer hätte nicht genug Kraft gehabt, um am vergangenen Abend die Burg zu verlassen.
»Du hast dich gestern überanstrengt, nicht wahr?«, fragte der Julatsaner.
»Ich hatte zu arbeiten, nachdem ich dies hier an mich gebracht hatte«, bestätigte Denser. Er zog das Amulett unter dem Mantel hervor. Es hing an einer Kette um seinen Hals. »Ich nehme an, du willst über das hier reden.«
Ilkar nickte. »Was für eine Art von Arbeit hattest du zu tun?«
»Ich musste herausfinden, ob dies das Stück ist, das wir finden wollten.«
»Und? Ist es das richtige?«
»Ja.«
»Dann hat Xetesk dich geschickt?«
»Natürlich.«
»Und die Schlacht hier?« Ilkar machte eine vage Geste in die Runde.
»Tja, sagen wir mal, es war recht einfach, mich in eine angreifende Truppe einzuschleusen, doch es ging nicht unbedingt günstig für mich aus, wie du ja weißt.«
»Warum hast du dich nicht einfach der Garnison angeschlossen?«
»Während ein Drachenmagier hier weilt? Schwerlich.« Denser kicherte. »Ich fürchte, Seran und Xetesk waren nicht sehr gut aufeinander zu sprechen.«
»Was für eine Überraschung«, murmelte Ilkar.
»Komm schon, Ilkar, so sehr unterscheiden wir uns doch gar nicht.«
»Zum Teufel auch! Ist die Selbsttäuschung in Xetesk so gewaltig, dass deine Herren wirklich glauben, alle Magier seien im Grunde gleich? Das ist eine Beleidigung für die ganze Magie und ein Makel in deiner Ausbildung.« Ilkar wurde allmählich
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