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Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung

Titel: Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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nicht lange fort sein, ich verspreche es.« Die beiden schauten zu ihr auf. »Ich verspreche es«, wiederholte sie.
    Sie befreite sich aus ihren Armen und ging zur Tür, zog sie auf und sah einen überraschten Isman vor sich. Der groß gewachsene Krieger stieß sich eilig von der Wand ab, wo er gelümmelt hatte, und baute sich vor ihr auf. Die Bahnen seines Lederumhangs flappten über dem abgetragenen braunen Hemd.
    »So schnell fertig?«, fragte er.

    »Ich habe es eilig«, erwiderte Erienne unwirsch. »Ich werde jetzt Eure Fragen beantworten. Meine Jungen brauchen ihren Vater und ihr eigenes Bett.«
    »Auch wir sind, genau wie Ihr, sehr daran interessiert, Euren Aufenthalt hier so kurz wie möglich zu halten«, erwiderte Isman elegant. »Der Hauptmann wird Euch bald befragen. Bis dahin aber …«
    »Sofort«, antwortete Erienne. Sie schenkte ihren Jungen ein letztes Lächeln, die beiden winkten zum Abschied, und sie schloss hinter sich die Tür.
    »Ihr seid nicht in der Position, Forderungen zu stellen«, höhnte Isman.
    Erienne lächelte und trat einen Schritt näher an ihn heran. Dabei wurde ihr Gesicht hart, und es schien, als gefröre das Lächeln auf ihren Lippen.
    »Und wenn ich nun einfach an Euch vorbeigehe?«, zischte sie. Ihr Gesicht war bleich vor Zorn. »Was wollt Ihr dann machen?« Ihre Gesichter waren nur noch eine Handbreit voneinander entfernt, und sein Blick wurde unstet. »Wie wollt Ihr mich aufhalten? Wollt Ihr mich töten?« Sie lachte. »Ihr habt Angst vor mir, denn Ihr wisst so gut wie ich, dass ich Euch töten könnte, ehe Euer Schwert auch nur die Scheide verlassen hat. Wir sind allein, also führt mich nicht in Versuchung. Bringt mich einfach nur sofort zu Eurem Hauptmann.«
    Isman schürzte die Lippen und nickte.
    »Er sagte mir schon, dass Ihr Schwierigkeiten machen würdet. Wir haben Euch einige Monate beobachtet, bevor wir Euch geschnappt haben. Er sagte, die von Eurer Art wissen viel, sind aber arrogant.« Er drängte sich an ihr vorbei und führte sie die Wendeltreppe hinab. Unten drehte er sich um. »Er hatte Recht. Er hat immer Recht. Nur zu, dann tötet mich, wenn Ihr glaubt, Ihr könntet es tun. Vor
dieser Tür stehen drei Männer. Ihr kommt nicht weit. Und das wiederum wisst Ihr so gut wie ich, nicht wahr?«
    »Allerdings hätte ich dann immer noch die Befriedigung, Euch sterben zu sehen«, sagte Erienne. »Und ich könnte die Furcht in Euren Augen sehen. Denkt darüber nach. Wenn Ihr mich nicht die ganze Zeit beobachtet, wisst Ihr nie, ob ich nicht doch noch irgendwann einen Spruch wirke. Ihr könntet jeden Augenblick sterben, aber Ihr wisst es nicht.«
    »Wir haben Eure Kinder.« Das höhnische Lächeln war wieder da.
    »Tja, dann solltet Ihr Euch besser gut um sie kümmern, nicht wahr? Und kehrt mir nie den Rücken zu, Isman.«
    Der Krieger stieß ein verächtliches Lachen hervor, doch als er sich umdrehte, um die Tür zu öffnen, glaubte Erienne, ihn schaudern zu sehen.
     
    Denser saß am Ende einer Bank vor einem Tisch, um den die Männer Platz genommen hatten, die ihn nur wenige Stunden zuvor auf der Stelle getötet hätten. Der Barbar, Hirad Coldheart, war nicht dabei. Er kümmerte sich um die Pferde, hatte Sirendor Larn erklärt. Denser lief es kalt den Rücken hinunter. Er legte die Gabel beiseite, ließ das halbgegessene Frühstück aus Fleisch, Soße und Brot stehen und trank einen Schluck Kaffee. Seine Katze lag schnurrend neben ihm auf der Bank und aalte sich in der Wärme, die von den Feuern in der Küche ausging.
    Sie hatten sich darauf gefasst gemacht, durch das Schwert des Barbaren zu sterben. Ihre innere Ruhe war vollkommen. Und wären sie in diesem Moment gestorben, er mit splitternden Knochen und seine Katze mit einer geistigen Explosion, dann hätte ganz Balaia mit ihnen sterben können.

    Denser schaute zum Unbekannten Krieger auf. Sie alle hatten seinetwegen noch eine Chance. Seinetwegen und wegen des einfachen Kodex, den der Rabe immer befolgt hatte. Dieser Kodex war der Grund dafür, dass der Rabe vor allen anderen Söldnertruppen bevorzugt wurde, dass er so erfolgreich und so stark war. Das Töten war erlaubt, solange es in der Schlacht geschah und wenn man sich selbst und andere verteidigte, doch außerhalb dieser Grenzen war es Mord. Jahrelang hatte der Rabe, womöglich sogar ganz allein, gegen Räuber, Banditen, Kopfgeldjäger und andere Männer, die kaum besser waren als gedungene Mörder, in vorderster Front gekämpft und seine Hände nicht

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