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Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung

Titel: Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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den Lippen, Erienne hatte Licht vorbereitet, und Denser hatte sich eine gefährliche Gegenwehr zurechtgelegt.
    An der Tür richtete Jandyr sich auf und drückte ein Ohr ans Holz. »Ich kann nichts hören, aber die Türen sind sehr dick. Dreihundert kreischende Gläubige sind da jedenfalls ganz sicher nicht drin.«
    »Es gibt nur einen Weg, es herauszufinden«, sagte Hirad.
    Er ging das halbe Dutzend ausgetretener Steinstufen hinauf, packte die Griffe, drehte sie herum und stieß die Tür auf. Der Gestank des Todes wehte heraus, als die Türflügel aufschwangen. Die Scharniere quietschten protestierend. Hirad wich ein paar Schritte zurück und wandte das Gesicht ab.
    »Bei den Göttern, das ist übel. Wir müssen etwas warten, bis sich der Gestank verzogen hat.«
    Hastig gezogene Schwerter wurden wieder in die Scheiden gesteckt, und Mana-Formen wurden verworfen. Von dort drinnen würde niemand angreifen.
    Im Innern des Tempels war es stockdunkel. Die meisten Rabenkrieger setzten sich mit dem Rücken zum Tempel auf die Treppe, nur Ilkar trat rechts neben die Tür und betrachtete die Überreste des Gemetzels, das drinnen stattgefunden hatte. Er musste mehrmals den Kopf wegdrehen und Luft holen, während er beschrieb, was er sah.

    Als Erstes fielen die Leichen und das Blut auf den schwarzen, grünen und weißen Marmorfliesen des Fußbodens auf. Mit einem zweiten, genaueren Blick versuchte der Elf, den Verlauf des Kampfes zu verstehen, der dort stattgefunden hatte.
    Direkt hinter den Türflügeln lagen drei bewaffnete und mit Rüstungen bekleidete Männer, die grüne Umhänge trugen, in einem Haufen übereinander. Umringt waren sie von vier weiteren Kämpfern. Es waren keine Wesmen, sondern möglicherweise Söldner, doch ihre dunkle Lederkleidung und ihr Aussehen machte deutlich, dass sie keine Tempelwächter waren.
    Weiter drinnen war etwas zu sehen, das ein verwirrendes Bild entstehen ließ. Am hinteren Ende des Tempels lagen die Leichen von mindestens einem halben Dutzend Wrethsires. Man konnte sie an den dunkelgrünen Kutten und am Blut erkennen, das sich in Lachen auf dem Kachelboden gesammelt hatte. Im ganzen Tempel verstreut lagen etwa zwanzig weitere, ohne Waffen und wehrlos niedergemacht.
    Am längsten ruhte Ilkars Blick jedoch auf der Szene im Zentrum des Tempels. Dort, auf einem fünf Fuß hohen Sockel, in einem Kasten aus Glas und Metall geschützt, lag das Todesauge – ein runder schwarzer Stein mit karmesinroten und smaragdgrünen Streifen, die sich um einen hellblauen Kreis zu drehen schienen.
    Rings um den Stein lag etwa ein halbes Dutzend Leichen, die so stark verstümmelt waren, dass man die genaue Anzahl nicht mehr bestimmen konnte. Die Schwertkämpfer waren buchstäblich zerhackt und zerfetzt und zerstückelt worden. Auf allen Flächen klebte Blut, es war in alle Ritzen gelaufen und auf die Kacheln des Fußbodens und des Sockels gespritzt. Doch es waren nicht die verstümmelten
Leichen, die Ilkar beunruhigten. Beunruhigend war die Tatsache, dass er keine Vorstellung hatte, wer so etwas getan haben könnte.
    So viele Dinge passten nicht zusammen. Die Leichen rings um den Stein waren weder Wrethsires noch Tempelwächter, das konnte er an der Kleidung erkennen, und doch hatten sie anscheinend den Bereich um den Sockel verteidigt. Aber wer auch immer sie auf diese Weise massakriert hatte, er war offenbar nicht darauf aus gewesen, den Stein an sich zu nehmen. Nicht nur das, die Angreifer hatten anscheinend keinen Mann verloren, und sie waren wieder verschwunden, ohne die geringste Spur zu hinterlassen. Es passte einfach nicht.
    Er atmete tief ein, hielt die Luft an und ging ein paar Schritte hinein.
    »Vorsicht, Ilkar«, sagte Hirad.
    Ilkar drehte sich um und schnaufte. »Hirad, sie sind alle tot.«
    »Wie lange schon?«
    Ilkar kniete nieder und steckte einen Finger in eine Blutlache. Das Blut war trocken und klebte nicht mehr.
    »Schwer zu sagen. Die Sonne auf dem Dach muss hier drinnen eine Hitze wie im Backofen erzeugt haben, es ist immer noch ziemlich heiß. Die Leichen stinken, als wären sie schon vier Tage tot, aber es könnte auch weniger als ein Tag sein.«
    »Dann lasst uns anfangen. Kann man da drinnen inzwischen atmen?« Hirad stieg die Treppe zu seinem Freund hinauf.
    »So gerade eben.«
    »Gut«, sagte Hirad. »Lasst uns reingehen, den Raum erkunden und dann die Leichen vor dem Sockel wegräumen. Vorläufig berührt aber niemand den Kasten.«

    Erienne richtete über dem Todesauge eine

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