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Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung

Titel: Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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es wurde beantragt, seine Worte aus dem Protokoll zu streichen. Den Höhepunkt bildete eine kurzsichtig geführte Debatte über die Frage, wie die HAK den größten Nutzen aus einer Einigung der Stämme schlagen mochte, während die drei abgewiesenen Vertreter verwirrt und wütend schwiegen.
    Gresse, der die meiste Zeit über nur wenig gesagt hatte, ergriff erst das Wort, als Pontois ihm eine direkte Frage stellte.
    »Ihr seid ungewöhnlich still, Gresse. Überlegt Ihr Euch noch, wie Ihr die Schäden an Eurer Burgmauer bezahlen sollt, oder behaltet Ihr Eure Gedanken aus triftigem Grund für Euch?«
    »Mein lieber Pontois«, erwiderte Gresse, »ich bin durchaus der Ansicht, dass Ihr den kleinen Streit, den Ihr hier unbedingt beginnen musstet, verloren habt, und dass Eure Wunden erheblich mehr des Leckens bedürfen als die meinen. Unterdessen, so fürchte ich, decken sich meine Überlegungen ganz und gar nicht mit den Entscheidungen, die Ihr zu treffen gedenkt. Ich meine vor allem Eure Absicht, den Wesmen wieder Waffen zu verkaufen.«
    »Du meine Güte«, sagte Pontois. »Dann verfügt Ihr vermutlich über bessere Informationen als die Lords Rache und Havern?«
    »Allerdings«, bestätigte Gresse, und die Achtung, die er genoss, brachte die Anwesenden wenigstens vorübergehend
zur Vernunft. »Wie Denebre schon zu erklären versucht hat, könnten die Wesmen jederzeit eine Invasion Balaias beginnen, wenn man den Angaben über die jetzt schon im Kernland zusammengezogenen Truppen trauen kann. Sie sind gut organisiert, sie sind stark, und sie sind geeint, und ich werde morgen beim ersten Tageslicht losmarschieren, um Blackthorne zu unterstützen.«
    »Wirklich?« Pontois behielt sein Lächeln bei. »Ein kostspieliges Unterfangen.«
    »Geld spielt keine Rolle«, sagte Gresse. »Das Überleben dagegen eine sehr große.« Gelächter erhob sich am Tisch.
    »Eure Befürchtungen sind angesichts der bekannten Tatsachen völlig unangemessen«, sagte Lord Rache. »Womöglich hat das Alter Euren Verstand verwirrt.«
    »Seit Generationen leben wir – ich schließe meine eigene Familie ein – jetzt schon vom Reichtum, den Balaia, seine Menschen und seine großen Schätze uns zu bieten haben. Wir haben von seiner Schönheit getrunken und uns in seiner Sicherheit gesonnt. Unsere Meinungsverschiedenheiten verwehen wie die Spreu im Wind, wenn man sie mit den Kriegen vergleicht, die so oft schon den Westen zerrissen haben. Doch dies gilt nicht mehr. Der Westen ist geeint und wendet sich nun gegen uns. Wir stehen kurz davor, um unser nacktes Leben kämpfen zu müssen, und der Feind ist stärker, besser gerüstet, zahlreicher und besser ausgebildet als wir«, sagte Gresse. »Könnt Ihr das nicht sehen? Hört Ihr nicht, was Denebre euch sagt?« Er wandte sich an Pontois. »Ich würde auf meinen Befestigungen Freudentränen vergießen, wenn ich Eure Männer sehen könnte, wie sie Burg Taranspike wieder einzunehmen versuchen, wirklich. Aber wenn wir uns nicht mit der Gefahr befassen, die uns jetzt gerade droht, dann wird auf Burg Taranspike bald das Banner der Wesmen wehen.«

    »Ich würde lieber auf diese Wesmen warten und dabei den Wein aus Euren Weinkellern trinken«, sagte Pontois. »Das Wetter ist in Balaia heuer sehr wechselhaft.« Seine Worte wurden am Tisch beifällig aufgenommen, und irgendjemand kicherte gehässig.
    »Lacht nur«, sagte Gresse, »solange Ihr könnt. Ich bemitleide Euch für Eure Dummheit, und ich bemitleide auch Balaia. Ich liebe dieses Land. Ich schaue gern von meiner Burg ins Land und sehe in der Morgensonne in der Ferne die Blackthorne-Berge schimmern oder den Tau vom Weideland direkt vor mir aufsteigen, und ich rieche gern die frische Luft.«
    »Ich will Euch gern auf meinen Wehrgängen ein Plätzchen einrichten und Euren Schaukelstuhl dort aufstellen lassen«, erwiderte Pontois.
    »Ich hoffe aufrichtig, Ihr seid tot, lange bevor ich einen Schaukelstuhl brauche«, spuckte Gresse. »Und ich werde jeden Tag verfluchen, an dem ich zwangsläufig auch Eure Haut beschütze, während ich zusammen mit anderen diesem Land treu diene und mich bemühe, es zu retten.« Er fuhr herum und schritt zur Tür, während hinter ihm schallendes Gelächter ertönte. Die Hand schon auf den Griff gelegt, hielt er noch einmal inne. »Überlegt Euch, warum Blackthorne nicht hier ist. Überlegt Euch, warum die vier Kollegien in genau diesem Augenblick am Triverne-See ein Treffen anberaumt haben. Und überlegt Euch, warum der Rabe für

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