Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung
er.
Richmond schüttelte den Kopf. Die Tränen standen ihm in den Augen.
»Ich weiß es nicht«, sagte er. »Wir hätten ihm helfen können. Wenn er nicht die Tür versperrt hätte, dann … warum hat er sie nur verrammelt?«
Ilkar wusste keine Antwort auf diese Frage. Er blickte zu Hirad und fing Densers Blick auf. Der Dunkle Magier machte sich Sorgen.
»Schlimm?«
Denser nickte. »Kennst du die Warme Heilung?«
»Ist es wirklich so schlimm?«
»Ja«, sagte Denser. »Er hat eine Menge Blut verloren. Nun?«
»Ich habe diesen Spruch nie benutzt«, sagte Ilkar.
»Du sollst ihn auch nicht benutzen. Du sollst nur den Manafluss für mich formen. Ich habe nicht genug Kraft.«
»Ich soll für dich das Mana kanalisieren?«, sagte Ilkar langsam. »Wie kannst du mich um so etwas bitten?«
Denser kratzte sich hinter dem Ohr am Kopf. »Dies ist nicht der richtige Augenblick, um über moralische Fragen und die Zusammenarbeit der Kollegien zu diskutieren.«
»Nein?«
»Nein!«, fauchte Denser. Er stand auf und deutete auf den liegenden Hirad. »Ich glaube, du hast es noch nicht verstanden. Wenn wir nicht sofort etwas tun, dann wird auch er sterben. Du kannst versuchen, es selbst zu tun, und deine Energie benutzen, wobei du es wahrscheinlich vermasseln wirst, oder du formst das Mana für mich, und ich mache es richtig. Ich bin gut darin.« Er baute sich vor Ilkar auf, und der Elf konnte spüren, wie sich die Katze in Densers Mantel regte. »Wie hättest du es gern?«
Ilkar wandte sich ab und begegnete den strengen Blicken von Talan und Richmond. Er hob beide Hände.
»Ihr versteht das nicht«, sagte er.
»Wir verstehen, dass Hirad sterben muss, wenn du nichts tust«, sagte Richmond. »Und wir haben gerade schon einen Gefährten verloren. Also hör auf, über Ethik zu reden, und unternimm etwas.«
Ilkar sah wieder Denser an und nickte. »Lass es uns tun.«
Denser entfernte Hirads Lederrüstung und das Hemd. Der Riss unten in seinem Rücken war hässlich, voller Blut und mehr als drei Handbreit lang. Als Denser die Gegend
um die Wunde abtastete, stöhnte Hirad vor Schmerzen, obwohl er bewusstlos war.
»Die Wunde ist verschmutzt«, erklärte Denser. »Destranas sind niemals sauber. Bist du bereit?«
Ilkar nickte. Er kniete sich hin und legte die Hände auf Densers Schultern, die Zeigefinger am Halsansatz. Er öffnete sich dem Mana, spürte die Energie durch seinen Körper branden, formte die Warme Heilung und ließ die Energie durch seine Hände fließen. Es gab einen Ruck, als Denser den Fluss aufnahm, und etwas, das sich wie Schmerzen anfühlte, als die beiden Kollegien, Julatsa und Xetesk, sich begegneten und sich verbanden. Ilkar konzentrierte sich auf die Hände des Dunklen Magiers und blendete die Scheune rings um sich ebenso aus wie den zunehmenden Kopfschmerz. Er beobachtete Densers sanft arbeitende Finger, er hörte dessen leise Anrufung und spürte, wie das Mana mit zunehmender Kraft aus ihm gezogen wurde, als die Vorbereitungen sich dem Höhepunkt näherten.
Er spürte, wie er schwächer wurde. Denser nahm ihm das Standvermögen, während er mit immer stärkerem Drängen die magischen Kräfte aus ihm zog. Und dann war es getan, der Strom brach ab, der Kanal wurde geschlossen, und ein rötliches, goldenes Glühen umgab Densers Hände. Bei Ilkar wäre es ein reines Grün gewesen, weich und pulsierend, doch er konnte nicht sagen, dass das Gefühl anders war, als es nach einer ähnlichen Zusammenarbeit mit einem Julatsa-Magier gewesen wäre. Er war vorübergehend zu erschöpft, um sich zu bewegen, und sah Denser zu, der mit den Händen über die Wunde strich, die Haut formte und das zerfetzte Fleisch erforschte. Blut floss einen Moment lang auf den Boden der Scheune, Denser atmete kurz ein, und beim Ausatmen verblasste das Licht um seine Hände und erstarb.
Langsam drang die Welt wieder in Ilkars Bewusstsein ein. Sein Herz hämmerte in der Brust, und seine Arme zitterten, als er die Hände von Densers Schultern nahm. Der Dunkle Magier betrachtete sein Werk, dann hockte er sich auf die Hacken und drehte sich lächelnd zu Ilkar um.
»Das war eine sehr interessante Erfahrung. Wir sollten sie weiter erforschen«, sagte er.
Ilkar wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Übertreibe es nicht, Denser. Ich habe das nur getan, um Hirad zu retten.«
»Wir haben ihn in der Tat gerettet«, sagte Denser. »Es tut mir leid, dass du es so siehst. Wir sollten eigentlich voneinander lernen und nicht miteinander
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