Der Bund des Raben 02 - Jäger des Feuers
Grimasse.
Doch immer mehr Dämonen kamen, und das Verlangen, der Erste zu sein, der das Fleisch und die Seelen schmeckte, war stärker als die Angst vor dem Schaden, den ein Flug durch den manalosen Raum anrichten konnte. Hirad schaute auf. Auch über seinem Kopf sammelten sie sich jetzt, sie dürsteten nach Blut und nach den Seelen der Lebenden.
»Es sind so viele, wie können wir sie schlagen?«, fragte Hirad.
»Wir wollen sie nicht besiegen«, erklärte Sha-Kaan. Mit einem kleinen, gezielten Feuerstoß verbrannte er den Arm eines Dämons, der in die schützende Hülle eingedrungen
war. Das Wesen verschwand. »Je mehr wir auf uns ziehen können, desto geringer wird der Druck auf den Rat von Julatsa. Wir müssen sie beschäftigen, und dadurch bekommen die Magier vielleicht eine Atempause, um den Schirm zu schließen.«
»Und wenn nicht?«
»Dann sind wir sowieso alle tot.« Sha-Kaan drehte den Kopf und sah seinen Drachenmann an. Hirad war augenblicklich von neuem Selbstvertrauen erfüllt. »Kämpfe, Hirad Coldheart. Kämpft, ihr Rabenkrieger. Kämpft, wie ihr noch nie gekämpft habt.«
Die ersten Dämonen wagten sich in die Qualen des Kaltraums, und die Schlacht um das nackte Überleben begann.
Der geistige Druck auf die Magier wurde stärker, als habe sich der Sturm in einen Hurrikan verwandelt. Die Dämonen zerrten an der Verankerung der Krone, raubten den Magiern die Kräfte und störten ihre Konzentration. Stimmen und Gelächter waren zu hören. Die Dämonen wurden stärker und frecher, als sie sahen, wie das Mana, das sie in großen Wogen auf den Rat von Julatsa schleuderten, die Willenskraft ihrer Feinde lähmte. Sie kamen näher heran und drohten, jeden Augenblick in die Dimension von Balaia durchzubrechen.
Zuerst war es nur ein Flüstern, mit dem Barras nichts anfangen konnte. Dann wurde es langsam lauter, und eine einzelne Stimme schälte sich heraus, die von vielen anderen unterstützt wurde. Der Hass von Millionen schlug ihm entgegen. Elend versprach die Stimme. Eine Ewigkeit voller Leiden für ihn und alle, die ihm lieb und teuer waren. Die Stimme verhieß ihm Schmerzen, Qualen und unendliches Leid. Sie versprach ihm die Hölle.
Aber nur, wenn er seinen nutzlosen Spruch weiter aufrechterhielt.
Falls er aber losließ, falls er den Dämonen erlaubte, ihr Werk zu vollenden, dann sollte er verschont werden. Dann würden sie alle verschont. Ja, ein paar mochten draußen in Julatsa auf der Straße sterben, aber das war ein geringer Preis für die Rettung des Rates und der Auserwählten, die für die Magie von Julatsa besonders wichtig waren. War es denn wirklich ausgeschlossen, dass er nach einem Leben voller selbstloser Opfer auch einmal an sich selbst dachte? In diesem Fall wurde der Preis an menschlichem Leben vom Nutzen für die späteren Generationen mehr als wettgemacht. Loslassen. Er musste einfach nur loslassen.
Barras öffnete erschrocken die Augen. Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Alle im Kreis, alle anderen Ratsmitglieder, hatten die Augen geschlossen. Cordolan lächelte sogar. Und über ihnen löste sich die Gestalt der Krone langsam auf. Die schnell kreisenden Diamanten wurden flach und verblassten. Das Geflecht der Bänder in der Mitte verschwand. Die Verbindung zum Schirm riss ab und wurde vom Wirbelsturm des dämonischen Mana weggefegt.
»Nein!«, rief der alte Unterhändler. Die Krone schwankte und wurde nur noch instinktiv von den Magiern an Ort und Stelle gehalten. Doch ihre Kraft erlahmte, und sein Ruf störte den letzten Rest an Konzentration, den seine Freunde noch aufbieten konnten.
»Kerela, wach auf«, sagte er laut. Die Erzmagierin musste reagieren, wenn er ihren Namen nannte, aber damit konnte er sie auch aus der Konzentration reißen. Er riskierte es und übernahm vorübergehend den Teil der Krone, den sie kontrolliert hatte, während sie wieder zu sich kam. Sie hauchte ein zustimmendes Wort, dann fluchte sie und stieß Verwünschungen aus. Der Schweiß lief Barras
übers Gesicht, als er einen Abschnitt der Krone kontrollierte, der eigentlich viel zu groß für ihn war.
Dann war Kerela wieder da. Sie stieß ihn sanft zur Seite und sammelte sich. Ohne groß nachzudenken sagte sie: »Jetzt die anderen. Übernimm ihren Platz, bevor du sie ansprichst. Und sei behutsam.«
Es war, als holten sie Kinder aus einem tiefen, von Träumen erfüllten Schlaf. Barras und Kerela brachten die hypnotisierten Ratsmitglieder langsam wieder zu Bewusstsein. Zuerst reagieren sie
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