Der Bund des Raben 02 - Jäger des Feuers
haben hier einen Korridor und einen zweiten Ausgang, der ebenso groß ist. Hast du das bis hierhin verstanden, Hirad?«
»Wenn ich irgendetwas nicht verstehe, werde ich den Unbekannten bitten, es mir zu erklären, sobald ihr weg seid«, sagte er.
»Wohin sollten wir gehen?«, fragte Ilkar.
»Irgendwohin, wo ihr nicht mehr hört, wie ich mich darüber beklage, dass ihr alles so kompliziert macht.« Hirad lächelte, als Ilkars Ohren zuckten.
»Na gut«, sagte der Elfenmagier. »Um jetzt wieder für einen Augenblick in die Realität zurückzukehren: Wir wissen, dass Septern seine Dimensionskorridore nach Belieben geöffnet und geschlossen hat, und es gibt eine Theorie, die sich darum dreht, ein Loch im interdimensionalen Raum wieder zu verschließen, indem man es gewissermaßen
vernäht, wie man ein Stück Tuch webt. Wir glauben, dass wir etwas aufbauen müssen, das man mit einem Weberschiffchen vergleichen könnte. Es wird an unserem Ende des Risses mit der Umhüllung verbunden, die wir um den Riss legen, dann fliegt es durch den Korridor, schlägt durch die Seitenwände und kommt am anderen Ende wieder heraus. So werden die Seiten buchstäblich zusammengezogen, und wir schließen den Riss und den Korridor an beiden Enden.«
»Ist es möglich?« Der Unbekannte nahm eine Frucht von einem Teller, der ihm angeboten wurde, und bedankte sich bei der Frau, die ihn bedient hatte, mit einem Lächeln. »Ich muss schon sagen, Ilkar, das klingt alles ganz schön verrückt.«
Ilkar seufzte. »Das ist es auch. Hör mal, wir wissen noch nicht, ob wir es tun können. Die Theorie der Überlieferung steckt in Septerns Texten. Styliann und Denser versuchen, das mit irgendeiner xeteskianischen Dimensionstheorie in Verbindung zu bringen, und dann haben wir hoffentlich einen Spruch, mit dem wir das Tor schließen können.«
»Aber die Sache mit dem Weberschiffchen ist schwierig, oder?«, sagte Hirad.
»Genau«, stimmte Ilkar zu. »Es ist auf jeden Fall eine Erweiterung des Mana-Gitters, das wir bauen, um den Riss auf dieser Seite einzuhüllen, aber im Augenblick können wir nur herumraten, und das ist sehr gefährlich.«
»Ich will dich nicht zusätzlich beunruhigen«, sagte Hirad, »aber wir haben keine Zeit mehr, noch irgendetwas anderes zu versuchen. Wir müssen diesen Spruch morgen wirken, denn sonst ist es zu spät für die Kaan, und du weißt, was das für Balaia bedeutet.«
»Das ist mir bewusst, Hirad. Aber wir haben von Anfang
an gesagt, dass es schwierig wird.« Ilkar kniff die Augen zusammen, und seine Ohren liefen rot an. »Es ist nicht so einfach, einen neuen Spruch zu entwickeln.«
Der Unbekannte bat mit erhobener Hand um Ruhe. »Und das Keifen wird uns auch nicht helfen. Übersehe ich etwas? Warum ist es nicht möglich, dieses Gitter zu wirken und den Riss auf dieser Seite zu verschließen, und dann nach Balaia zurückzukehren und das Gleiche in Parve zu tun?«
Ilkar zog die Augenbrauen hoch. »Das ist eine nette Idee, aber wir mussten sie verwerfen. Selbst wenn wir annehmen, wir könnten es von Septerns Haus bis zurück nach Parve schaffen, würde es nicht funktionieren. Die Energie im interdimensionalen Raum ist zu groß. Du darfst nicht vergessen, dass der Korridor immer noch da wäre, nur eben ohne zweiten Ausgang. Wir müssen auch den Korridor verschließen, sonst bleibt das Gitter instabil und würde nicht lange genug bestehen, dass wir Parve rechtzeitig erreichen könnten. Deshalb sind wir hierher gekommen. Wir müssen den Riss entgegen dem Energiefluss schließen, mit dem er entstanden ist.«
»Dann fasse doch mal unsere Chancen mit Worten zusammen, die ich verstehen kann«, sagte Hirad. Sein Teller war noch voll, doch sein Appetit ließ rasch nach.
»Wenn Denser und Styliann in der xeteskianischen Dimensionstheorie nichts finden, dann haben wir praktisch keine Chance, weil wir nicht wissen, welche Kräfte hinter dem Riss wirken. Wenn wir diese Hinweise finden, dann müssen wir immer noch raten, wie wir eine Mana-Form aufbauen, die uns allen völlig neu ist, und wir haben keine klare Vorstellung, ob sie überhaupt funktioniert. Wir müssen es einfach ausprobieren, und es wird all unsere vereinten Kräfte erfordern, den Spruch vom Boden aus zu
wirken.« Ilkar hielt inne und sah Hirad bedrückt an. »Unsere Erfolgsaussichten sind geringer als bei den Wytchlords.«
»Das wird Sha-Kaan aber gar nicht gefallen«, meinte Hirad.
»Tja, er wird wohl damit leben müssen.«
»Oder er muss damit sterben.«
Weitere Kostenlose Bücher