Der Bund des Raben 02 - Jäger des Feuers
in einer solchen Situation, und ich hatte keine Vorstellung davon, wie lange es dauert, die Quelle unserer Magie zu verschließen. Genau dies müssen wir aber tun, denn sonst geriete neben Euch auch unsere ganze Stadt in Gefahr, vernichtet zu werden.«
Senedai stellte sich etwas anders auf, setzte zum Sprechen an, überlegte es sich anders. Zweifel machten sich in seinem Gesicht breit. Barras erkannte seine Chance.
»Ich will Euch damit Folgendes sagen. Ihr könnt beginnen, Unschuldige zu töten, wenn Ihr wollt, aber wir werden nicht die Tore öffnen und unseren Schirm entfernen. Es ist nicht so, dass uns das Schicksal unserer Leute einerlei wäre. Aber das Kolleg muss auch ohne Magier sicher sein. Schließlich tragen wir die Verantwortung für ganz Julatsa und nicht nur für diejenigen, die Ihr für die Hinrichtung auswählt. Ich flehe Euch an, Lord Senedai, meinen Worten zu glauben.«
Senedai starrte Barras lange und mit kalten Augen an. Sein Gesicht verriet seine Unsicherheit. Ihm war klar, dass er nicht über das nötige Wissen verfügte, um Barras’ Worte zu widerlegen.
»Ich muss nachdenken«, sagte er nach einer Weile. »Wie lange werdet Ihr brauchen, um die Mana-Quelle zu schließen?«
Barras zuckte mit den Achseln. »Sechs Tage, vielleicht auch länger.«
»Ihr müsst mich für sehr dumm halten«, fauchte Senedai. »Sechs Tage. Und ich habe keinen Beweis dafür, dass Ihr mir die Wahrheit sagt. Was könnt Ihr mir anbieten?«
»Nichts«, erwiderte Barras gleichmütig. »Nichts außer der Tatsache, dass wir nichts zu gewinnen haben, wenn wir
Euch anlügen. Es kommt keine Hilfe, und wir haben keine Möglichkeit, Hilfe zu holen. Mir ist bewusst, dass Ihr ungeduldig seid, aber zuerst müsst Ihr hier Sicherheit haben. Solange wir nicht bereit sind, habt Ihr diese Sicherheit nicht. Was wir tun, hilft uns allen.«
»Wenn Ihr mich anlügt, dann werde ich Euch persönlich enthaupten.«
»Ich bin einverstanden.«
»Sechs Tage«, murmelte Senedai. »Ich könnte Euch zwei oder drei gewähren. Ich könnte Euch keinen einzigen gewähren. Die Schreie der Sterbenden werden Euch sagen, wann meine Geduld erschöpft ist.« Wieder wollte er sich entfernen, und wieder drehte er sich noch einmal um. »Ihr spielt mit meinem mangelnden Wissen über die Magie. Vielleicht werde ich auch einen meiner gefangenen Magier befragen und mein Wissen ein wenig erweitern.«
»Hieß es nicht, sie seien alle tot?«
»Wie ich solltet auch Ihr nicht alles glauben, was man Euch erzählt.« Er rief einen Wächter zu sich und verließ den Platz.
»Das nenne ich allerdings Verhandlungsgeschick«, sagte Kerela. Sie und Kard standen mit Barras im südlichen langen Raum. Die bedrückten Menschen versammelten sich, um eine Ansprache des Generals zu hören.
»Was müsst Ihr denn nun eigentlich tun, um die julatsanische Magie abzuschalten?«, fragte Kard. Ein ironisches Lächeln spielte um seine Lippen.
»Ich habe nicht die geringste Ahnung. Überhaupt nichts, soweit ich weiß«, antwortete Barras. »Allerdings war ich doch sehr überrascht, dass er so wenig über die ungeordnete Natur des Mana und die Harmlosigkeit seines natürlichen Zustandes weiß.«
»Gut gemacht.« Kard klopfte Barras auf den Rücken. Dann wurde er wieder ernst. »Ihr wisst, dass er uns keine sechs Tage geben wird. So dumm ist er nicht.«
»Selbst ein Tag rettet hundertfünfzig Menschen das Leben«, sagte Kerela.
»Schätzt die Einstellung der Wesmen nicht falsch ein. Die Magie versetzt sie in Angst und Schrecken. Senedai weiß, dass er gewonnen hat, oder er glaubt es wenigstens. Einige Tage mehr oder weniger werden daran nichts ändern«, sagte Barras.
»Er mag Angst haben, aber das hat ihn nicht davon abgehalten, die Stadt zu erobern.« Kard rückte seine Uniform zurecht und strich seine Jacke glatt. Die Menschen verstummten allmählich. »Ich verstehe ja, was Ihr meint, aber seine Ungeduld wird bald die Oberhand gewinnen. Seine Gefangenen bedeuten ihm nichts, was besonders für diejenigen gilt, die keine schwere Arbeit verrichten können. Wir müssen damit rechnen, dass in spätestens drei Tagen kleine Mädchen und alte Menschen als Erste in den Schirm getrieben werden.«
»Ich schließe mich dieser Einschätzung an«, sagte Kerela. »Er kann nicht überprüfen, was du gesagt hast, aber er wird früher oder später annehmen, dass du gelogen hast, und dann wird er die Leute opfern, und sei es nur, um uns unter Druck zu setzen.«
Barras nickte. Es war
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