Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit
die Enttäuschung anzumerken.
Darrick drehte sich nicht um. Er konnte dem Elf nichts ins Gesicht sehen. »Ich meine es immer ernst.«
Am Abend, wenn die Märkte geschlossen und alle Gasthöfe und Wirtshäuser geöffnet und mit lärmenden Gästen überfüllt waren, bekam Arlen ein ganz anderes Gesicht. Matrosen mit Landurlaub wollten so viel Bier und Schnaps in sich hineinkippen, wie sie nur konnten, während die Huren gute Geschäfte machten, weil der Alkohol die Geldbörsen lockerte, Versprechen ertränkte und heiße Lust in entfesselten Lenden entfachte.
Ärger war ein unvermeidlicher Bestandteil des Nachtlebens, doch die Stadtwache war in ausreichender Stärke auf Streife, und so gab es nur selten Probleme. Darrick lieferte seine Gefangenen widerstrebend in einem Gefängnis ab, das derzeit frei von Berauschten war, aber erbärmlich nach den Gästen der vergangenen Nacht roch.
»Enttäuscht mich nicht«, sagte Darrick durchs Gitter der mit Eisen verstärkten Holztür.
»Ich wüsste gar nicht, wo ich lieber wäre als hier«, murmelte Denser.
»Was meinst du damit?« Der Unbekannte trat ans Guckloch.
»Ich meine, ich weiß, dass ihr nichts Falsches getan habt, aber ihr müsst mir einfach glauben, dass ich es mache, um euer Leben zu schützen.«
»Wir brauchen deine Hilfe nicht, General«, sagte der Unbekannte. »Und wenn wir raus wollen, dann kommen wir raus.«
»Meine Männer haben Befehl, euch zu töten«, sagte Darrick. »Bitte zwingt sie nicht, ihre Befehle auszuführen. Ihr habt keine Waffen und keine Rüstungen, und ich habe Magier vor der Tür postiert, die aufs Mana-Spektrum eingestimmt sind. Bleibt wo ihr seid. Ich komme so bald wie möglich wieder her.«
»Du machst einen schweren Fehler«, sagte Denser. »Ich bin der Einzige, der sie retten kann. Sie werden sie umbringen. Das Blut wird an deinen Händen kleben, und ich werde es dir heimzahlen.«
»Wenn es dazu kommt, dann werde ich mich nicht einmal verteidigen«, sagte Darrick. Er drehte sich um und marschierte davon. Abermals erwachten seine Zweifel, und sie wurden nicht nur vom Raben, sondern auch vom eigentümlichen Verhalten der Dordovaner genährt. Sobald er mit dem Grafen gesprochen hatte, gab es mit Gorstan, dem Anführer der dordovanischen Magier, einige Dinge zu klären.
Der Unbekannte drehte sich zu Denser um, der ihn voller Verachtung ansah.
»Dein Plan funktioniert hervorragend, was? Ich muss schon sagen, Unbekannter, deine Taktik ist nicht zu schlagen. Erienne retten, indem du uns einlochen lässt. Glückwunsch. Du bist für den Tod meiner Tochter verantwortlich.« Denser war, während er sprach, durch die zehn Fuß große Zelle gekommen und stand jetzt einen halben Schritt vor dem großen Krieger.
»Denser, ich muss eine Weile nachdenken, ja?« Der Unbekannte erwiderte gelassen den Blick des Magiers. Er wollte nicht schon wieder die gleichen Argumente durchkauen wie während der letzten zwei Tage.
»Worüber denn? Über eine möglichst raffinierte Art,
sie dazu zu bringen, uns an die Wand zu ketten?« Denser klapperte mit einer der Ketten, die in Brusthöhe ringsherum in der Zelle angebracht waren.
Der Unbekannte sah an Denser vorbei zu Ilkar. Der Elf war schon eine ganze Weile sehr still, und er wusste, was dem Julatsaner durch den Kopf ging. Ilkar hatte immer darauf vertraut, dass der Unbekannte die richtige Entscheidung traf, doch er hatte Mühe zu erkennen, was es nützen sollte, im Gefängnis von Arlen eingesperrt zu sein. Das Problem war, dass der Unbekannte es selbst nicht wusste. Er hatte angenommen, sie würden unter Bewachung in einem Zelt bei der Kavallerie blieben. Auch als sie nach Arlen ritten, hatte er noch angenommen, dass sie in der Burg untergebracht werden sollten. Er war sicher gewesen, dass er den Grafen überreden konnte, sie freizulassen. Schließlich war der Graf ein alter Freund.
Aber nun dies hier. Das war nicht vorgesehen. Sie hatten keine Waffen, keine Rüstungen und keine Chance, magische Aktivitäten vor den Wächtern draußen zu verheimlichen. Es gab keinen Ausweg. Und das Schlimmste war, dass er keine Antwort für Denser hatte. Der Rabe steckte in der Klemme.
»Es sieht mies aus …«, begann er, um irgendetwas zu sagen.
»Mies?« Denser packte den Unbekannten am Jackenkragen. »Es wimmelt hier von Dordovanern, und meine Frau ist mit dem Segelschiff eingelaufen und weiß nicht einmal, was ihr hier droht. Sie werden sie schnappen, bevor sie blinzeln kann, und dann können wir anfangen,
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