Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit
Izack ahnte sicher schon, was jetzt kommen würde. Viele andere traf es jedoch völlig unvorbereitet.
»Ich kann nicht für euch sprechen, weil dies eine Frage ist, die jeder vor seinem eigenen Gewissen beantworten muss. Ihr wisst, was in Balaia geschieht. Naturgewalten suchen uns heim, und es ist die Magie, die sie antreibt. Wir sind alle der Meinung, dass dies aufhören muss, nur die Methoden sind nicht ganz so klar.
Hier seht ihr Dordover. Theoretisch unsere Verbündeten. Die Protektoren nähern sich, da auch Xetesk Pläne hat, denen wir uns, ebenfalls theoretisch, entgegenstellen sollten.
Ich sage es noch einmal, urteilt nach eurer eigenen Moral und nach eurem eigenen Gewissen. Denkt an eure Familien und an alles, was euch wichtig ist, bevor ihr über eure nächsten Handlungen entscheidet. Ich jedenfalls kann und werde den Abschaum an Bord dieses Schiffs nicht unterstützen. Deshalb trete ich von meinem Kommando zurück. Ich verzichte auf meinen Generalsrang und lege die Befehlsgewalt über diese Kavallerie nieder. Ich ziehe meine Unterstützung für die Handlungen der Kollegien von Lystern und Dordover zurück. Somit muss ich nun als Verräter gelten. Falls einer von euch mich jetzt verhaften will, werde ich nicht protestieren. Falls nicht, werde ich meines Weges gehen. Izack, Ihr führt jetzt den Befehl.«
Darrick gab seinem Pferd die Hacken und entfernte sich vom aufkommenden Tumult. Die Tränen liefen ihm über die Wangen.
»Bist du wirklich bereit, Unbekannter?«, sagte Hirad, als sie zum Hafen rannten.
»Wozu denn?« Der Unbekannte runzelte die Stirn.
»Na ja, ein billiges Schwert, keine Rüstung. Hoffentlich bist du überhaupt noch schnell genug.«
»Ich komme schon irgendwie klar. Pass du bloß auf deine neuen Schoßhündchen auf.«
Hirad lächelte. Die Wölfe trabten ohne sichtbare Anstrengung neben ihm her. Der Unbekannte rannte auf der anderen Seite, die beiden Magier folgten. Sie hatten den Holzplatz erreicht und waren fast im Hafen.
»Ich sage Thraun, dass du ihn so genannt hast.«
»Ach, sprichst du inzwischen fließend Wölfisch?« Auf einmal schnitt der Unbekannte eine Grimasse und legte eine Hand an seinen Kopf. »Bei den Göttern, es hat begonnen.«
»Die Protektoren?«
»Ich spüre den Krieg im Kopf. Sie kämpfen«, bestätigte der Unbekannte.
»Es muss außerhalb der Stadt sein, sonst könnten wir es hören. Zur Mole geht es nach rechts«, sagte Hirad.
Der Unbekannte nickte und führte den Raben um die Ecke. Der steife Wind wehte schneidend kalt vom See her, und der Regen, vor einer Weile nicht mehr als ein leichter Nieselregen, prasselte schwer herunter. Der Unbekannte fror, aber er zeigte es nicht. Hirad spürte die Kälte im Gesicht und freute sich nicht darauf, dass der Schweiß auf seinem Körper gefrieren würde, sobald sie innehielten. Falls sie überhaupt Zeit zum Verschnaufen bekamen.
Gleich darauf hielten sie abrupt an. Ein Stück voraus, kaum hundert Schritt entfernt, sahen sie eine große Kavallerieabteilung. Die Reiter waren vor einem Schiff, bei dem es sich um die Meerulme handeln musste, ausgefächert, und dahinter flackerte ein Dutzend Fackeln. Im Wolkenbruch konnte man nicht viel erkennen, es sah aber nach einer weiteren Streitmacht aus.
»Da vor uns, das ist Darricks Truppe«, erklärte der Unbekannte, als sie im Schatten des Holzplatzes in Deckung gingen. Dort waren sie auch ein wenig vor dem Regen geschützt.
»Verteidigt er etwa das Schiff?« Hirad spähte hinüber.
»Entweder das, oder er will verhindern, dass jemand
anders an Bord geht«, sagte Ilkar. »Ich kann ihn sehen. Er spricht zu seinen Männern, und nach ihren Reaktionen sind sie über das, was er sagt, nicht erfreut.«
Hirad beobachtete Thraun und das Rudel. Die Wölfe waren zuerst weitergelaufen, doch als der Rabe anhielt, waren sie zurückgekehrt. Thraun trabte in engen Kreisen um das Rudel herum. Die Raubtiere standen da und starrten die Masse von Pferdefleisch an, die vor ihnen wartete.
»Was jetzt? Die Wölfe werden nervös.«
»Ich verstehe nicht, warum du sie überhaupt mitgebracht hast, Hirad«, maulte Denser.
»Pass mal auf, Mann aus Xetesk. Sag du ihnen doch, dass sie nicht mitkommen sollen. Dann werden wir sehen, ob sie auf dich hören.«
»Ruhe, ihr zwei«, mahnte der Unbekannte. »Hebt euch das Gezanke für später auf. Wir müssen Darrick erreichen und vor dem warnen, was da auf ihn zukommt. Die Dordovaner soll es meinetwegen erwischen, wie es vermutlich sowieso schon
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