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Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit

Titel: Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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sich, so weit das Auge reichte, in beide Richtungen. Durch die dünne Wolkendecke warf die Sonne ein rotes Licht auf den Archipel und tauchte Land und Meer in einen warmen Schein.
    Erienne und Lyanna standen im Bug der Meerulme und betrachteten die idyllischen Inseln, denen sie sich langsam näherten. Manchmal glaubten sie, Berge auf einer Insel auszumachen, doch oft entpuppten sich die Höhenzüge als Bestandteile einer ganz anderen, dahinter liegenden Insel.

    Die Größe schwankte zwischen winzigen Atollen aus Felsen, die sich aus dem Meer erhoben, als wollten sie mit dürren Fingern nach der Sonne greifen, und riesigen weißen Sandbänken, die mehrere Meilen lang waren. Schön, aber gefährlich erstreckte sich die Ornouth-Inselkette von West nach Ost und endete ein Stück vor der Nordküste von Calaius. Die Gewässer waren voller verborgener Riffe, die auch in ruhigem Wasser einem Schiff den Rumpf aufreißen konnten. Erienne spürte, wie die Spannung unter den Matrosen zunahm, sobald sie sich den äußersten Inseln näherten.
    Es war kein Wunder, dass die Inselgruppe nicht kartiert war. Selbst um die Inseln zu erreichen, die dem Südkontinent am nächsten lagen, brauchte man ein seetüchtiges Schiff. Andererseits brauchte man aber Boote mit geringem Tiefgang, um die unzähligen Inseln im Innern der Inselgruppe zu erforschen, und so war die Erfassung dieses Gebiets eine im Grunde unmögliche Aufgabe. Es überraschte nicht, dass vieles, was im Innern von Ornouth lag, nicht erkundet und größtenteils völlig unberührt war.
    Die Meerulme pflügte zielstrebig durch die Wogen und hielt auf eine der äußeren Insel zu. Als sie nahe heran waren und bereits einzelne Bäume und Felsbrocken am Kiesstrand erkennen konnten, nahm die Anspannung noch einmal erheblich zu.
    Der Erste Maat stand am Steuerruder und ratterte eine Reihe von Anweisungen herunter, worauf die Elfen in die Wanten stiegen und sich auf den Masten verteilten. Die Segel wurden zum größten Teil gerefft, nur der Klüver und das Toppsegel am vorderen Baum blieben stehen, um das Schiff in Fahrt zu halten. Wer nicht mit der Takelage beschäftigt war, beugte sich über die Reling und ließ Bleilote aus, um die schnell wechselnde Tiefe zu messen.
Der Kapitän steuerte einen Kurs zwischen zwei Inseln und hielt das Schiff ganz am Rand des Fahrwassers, wo direkt vor dem Ufer das Schelf steil abfiel.
    In diesem Augenblick waren die Passagiere völlig vergessen. Voller Anspannung wartete die Mannschaft und reagierte blitzschnell auf jede Vierteldrehung des Ruders und jeden Befehl, die Segel zu setzen oder zu reffen. Vom Bug her kam ein ständiger Strom von Befehlen, die Matrosen beobachteten das Wasser vor dem Schiff genau und maßen immer wieder die Tiefe.
    So kroch das Schiff durch den Kanal. Erienne bemerkte, dass vor dem Dollbord lange Stangen verstaut waren. Es brauchte nicht viel Fantasie, sich zu überlegen, wozu sie gebraucht wurden. Sie hoffte aber, es nie mit eigenen Augen sehen zu müssen. Kein Wort wurde gesprochen, das nicht direkt mit der Aufgabe zu tun hatte, und die angespannten Gesichter der Matrosen verrieten ihr, wie gefährlich diese Fahrt trotz der unverkennbaren Erfahrung der Seeleute war.
    Sie mussten eine Stunde lang vorsichtig manövrieren, bis sie die Insel an Backbord umfahren hatten und einen breiteren Kanal erreichten, von dem aus sie in allen Richtungen weitere Inseln ausmachen konnten. Die Matrosen entspannten sich, das Tageslicht verblasste rasch, und der Geruch von den Kochfeuern wehte Erienne in die Nase. Irgendwo spielte jemand leise Flöte. Erienne und Lyanna wagten sich kaum zu bewegen und blieben auf den mit Netzen und Seilen gesicherten Kisten sitzen. Sie konnten die Erleichterung der Mannschaft nicht teilen. Schließlich kam Ren’erei mit zwei Bechern Tee zu ihnen.
    »Wir ankern hier über Nacht. Nur ein Irrer würde es riskieren, in der Dunkelheit durch die Kanäle nach
Herendeneth zu fahren. Wir sind vom Meer aus nicht mehr zu sehen, und hierher könnte uns sowieso kaum jemand folgen. Frag lieber nicht, wie nahe unser Rumpf dem Riff gekommen ist, und es wird morgen Früh nicht besser.«
    Erienne nahm den Tee entgegen und sah eine Weile zu, wie Lyanna die Hände um ihren Becher legte und den frischen Kräuterduft einatmete.
    »Aber du bist doch sicher schon einmal in diesen Gewässern gesegelt?«, fragte sie schließlich.
    Ren’erei nickte. »Allerdings wandert der Sand, und die Korallenriffe wachsen. Auch der Verlauf der

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