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Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit

Titel: Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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im Tiefschlaf zu halten. Im günstigsten Fall konnten die beiden Magier die Schattenschwingen für sich selbst sprechen und bis zur Meerulme und wieder zurück fliegen und während des Rettungsversuchs in begrenztem Umfang Schilde oder offensive Spräche wirken. Das war es aber auch schon. Sie mussten sich auf Erienne verlassen, konnten jedoch nur raten, in welcher Verfassung sie sich befand. Hirad konnte weit und breit nichts entdecken, das seine Stimmung zu heben vermochte.
    Die Calaianische Sonne stürzte sich wieder einmal in ein Wellental; der Aufprall ließ den ganzen Rumpf erzittern, verteilte die Gischt auf dem Vorderdeck und durchnässte die Rabenkrieger. Obwohl er hier ständig Güsse von Salzwasser abbekam, war dies der einzige Ort, an dem Ilkar sich halbwegs wohl fühlte.

    Hirad starrte zum Himmel hinauf. Am Horizont zuckten Blitze und erhellten die schwarzen Wolken und den zornigen, dunkelgrauen und mit weißem Schaum überzogenen Ozean. Über ihnen zogen die dicken Wolken mit erschreckender Geschwindigkeit vorbei. Sie wurden von einem Wind getrieben, der das Schiff, hätte er in Meereshöhe geweht, direkt zum Meeresgrund gedrückt hätte. Hinter ihnen war das Land nicht mehr zu sehen, und er schauderte, weil er sich unwillkürlich fragte, ob er es jemals wiedersehen würde.
    Der Barbar konnte den Aberglauben der Seeleute gut verstehen. Zuerst war er skeptisch gewesen, doch jetzt konnte er nachfühlen, wie wichtig es manchmal war, wenn man etwas hatte, an dem man festhalten konnte.
    Auf dem ganzen Schiff waren Zeichen des Aberglaubens zu sehen. In jeder Kabine gab es einen Schrein zu Ehren einer Gottheit des Meeres oder des Himmels – kleine Figuren, getrocknete Blumen, Kerzen und winzige Modelle von Booten, die in geschnitzten Holzschalen schwammen. Über jeder Koje waren in strahlendem Rot oder Gelb Gebete ins Holz geschnitzt oder auf Zetteln angebracht. Keiner war an Bord, der nicht einen Talisman sein Eigen nannte, sei es ein Fisch oder ein Vogel, und alle waren aus Metall und wurden an Halsketten getragen.
    Der eigenartigste Aberglaube jedoch betraf die Katze. Hirad wusste, dass die meisten Schiffe eine Katze an Bord hielten, die sich um die Ratten und Mäuse kümmerte, doch auf diesem Schiff wurde die Katze geradezu verehrt. Sie hatte einen luxuriösen Korb und bekam reichlich Fleisch und Biskuits, und ihre Wasserschale war immer gut gefüllt. Jeden Tag war ein anderes Mannschaftsmitglied
an der Reihe, die Katze zu versorgen, sie auf Splitter zu untersuchen oder sie bei Beginn der ersten Nachtwache in den Korb zu setzen und ihr Lieder vom Meer vorzusingen. Natürlich wollte die Katze gelegentlich anderswo schlafen, doch die Tradition durfte nicht missachtet werden. Hirad hatte keine Einwände gegen all dies, solange sie nur segelten.
    Ilkar richtete sich ein wenig auf und drehte sein tropfnasses, aschfahles Gesicht zu Hirad herum.
    »Lass uns wieder reingehen, ich muss mich hinlegen.«
    »Jevin sagt, es sei noch schlimmer, wenn du unter Deck bist.«
    »Er sagte auch, bis morgen sei ich darüber hinweg, und ich glaube, das stimmt ebenfalls nicht. Hilf mir nach unten.« Auf einmal würgte er wieder und spuckte Galle, die vom Wind fortgerissen wurde, über die Reling.
    »Komm, geh hier neben mir.«
    Hirad hielt eine Hand an der Reling, legte den anderen Arm um Ilkar und bewegte sich mit ihm langsam zu den vorderen Kabinen. Als er die Tür öffnete, hörte er einen Ruf und drehte sich um. Ren’erei winkte ihnen vom Ruderdeck. Sie zuckte mit den Achseln und streckte den Arm aus, wahrscheinlich wollte sie wissen, wie es Ilkar ging. Hirad schüttelte den Kopf, deutete auf sich selbst und dann zum Ruderdeck. Ren winkte, um zu signalisieren, dass sie verstanden hatte.
    Ilkar und Hirad teilten sich eine winzige Kabine auf der Backbordseite des Schiffs. Hirad half dem Magier aus dem Mantel, bettete ihn in die untere Koje, die ihm gehörte, und wischte ihm das Gesicht mit einem Handtuch ab. Das Schiff rollte und stampfte. Hirad stolperte.
    »Bei den Göttern, ich wünschte, ich wäre tot«, stöhnte Ilkar.

    »Versuch doch einfach zu schlafen. Ich überlege inzwischen, ob es irgendetwas gibt, das dir vielleicht helfen könnte.«
    »Ein Messer mitten ins Herz, das müsste reichen«, sagte Ilkar. Er schloss kurz die Augen und legte sich die Hände aufs Gesicht.
    Hirad klopfte ihm auf die Schulter. »Ich bring dir später eins mit. Das wird schon wieder, Ilks.«
    Er schloss die Tür hinter sich und kehrte

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