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Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit

Titel: Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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dachte über Lyannas Antwort nach. Eigentlich war sie viel zu jung, um zu wissen, was der Tod war, ganz zu schweigen davon, ihn so bereitwillig hinzunehmen.
    »Aber wir können sie aufhalten«, sagte Erienne. »Und du kannst dabei helfen.«
    Lyanna strahlte. »Wirklich?«
    »Ja, es ist ganz einfach. Das Licht, das mir geholfen hat, dich zu finden, solltest du jetzt wegnehmen, weil uns sonst auch die bösen Leute finden können.«
    Lyanna dachte einen Moment darüber nach und nagte an der Oberlippe.

    »Dein Papi kann uns auch so finden, auch wenn du das Licht jetzt wegnimmst«, drängte Erienne.
    »Wenn ich ihn sehen kann. Dann lasse ich sie los«, sagte Lyanna.
    »Wen?«
    »Die alten Frauen. Sie helfen mir.«
    Jetzt verstand Erienne, warum die Al-Drechar sich nicht bewegten. Sie betete, dass Denser schnell mit dem Boot ankäme. Lyanna verstand so viele Dinge, doch ihr Wissen war fragmentarisch und ergab kein Gesamtbild. So war es schwierig, mit ihr zu reden, und man konnte kaum ermessen, wie viel sie über ihre eigenen Fähigkeiten wusste.
    »Vielleicht solltest du sie jetzt ausruhen lassen. Wir sind jetzt alle bei dir, wir passen auf dich auf.«
    Sie drückte das kleine Mädchen an sich und öffnete sich für die Freude, auch wenn sie wusste, das es bald vorbei sein würde. Lyanna schaute zum Meer hinaus. Densers Segel wurde langsam größer.
    »Er ist bald da«, sagte sie.
    »Ja, er ist bald da«, sagte Erienne.
    Sie entspannte sich, hielt das Kind in den Armen und versuchte zu vergessen, wie wenig Zeit ihnen noch blieb.
     
    Als der Rabe eintraf, hatten die Elfen der Gilde auf Ilkars Geheiß bereits Avianas Leichnam entfernt, in leichte Tücher gehüllt und in das sonst leere Lager gebracht. Über die Beerdigung war nicht gesprochen worden. Diese Zeremonie musste warten, und Ilkar fürchtete, dass sich viele andere zu ihr gesellen würden, wenn es schließlich an der Zeit war, sie zur letzten Ruhe zu betten.
    Nach seinem Rundgang durchs Haus war er angesichts der Zerstörungen und der Aussichten, es zu verteidigen,
deprimiert gewesen. Er hoffte, die anderen Rabenkrieger hätten bessere Ideen als er, wie man die Lücken schließen konnte.
    Er saß wieder in der Küche und hielt einen frischen Pott Tee in der Hand, als die Al-Drechar erwachten. Die Elfen der Gilde reagierten mit Freude und Erleichterung, und bald darauf wurde er ins Speisezimmer gebeten, wo die Al-Drechar es sich gemütlich gemacht hatten.
    Als er eintrat, sah Ilkar sich einer alten Elfenfrau gegenüber, die jetzt aufrecht im Bett saß und sich eine lange Pfeife in den Mund gesteckt hatte. Es schien unpassend, doch Ilkar erkannte den Geruch des Rauchs und verstand.
    »Lemiir«, sagte er, als er sich näherte. Es sah Ilkar nicht gerade ähnlich, vor Ehrfurcht zu vergehen, doch als er sich den Al-Drechar näherte, geschah genau dies. Er stand vor legendären Geschöpfen von großer Macht, er sah lebende Mythen. Sein Puls ging schneller, und seine Kehle wurde trocken.
    »Es ergibt einen guten Tee, unterstützt aber auch die Genesung, wenn man es in einen Pfeifenkopf stopft«, entgegnete die Al-Drechar. Ihre Stimme war heiser und tief.
    Ilkar wurde auf einen Stuhl vor ihrem Bett verfrachtet. Er betrachtete das fleischlose Gesicht mit der straff gespannten Haut, das lange weiße Haar und die fesselnden, funkelnden, durchdringenden Augen. In den Betten neben ihr lagen die anderen beiden und beobachteten ihn. Sie wurden von Elfen der Gilde versorgt und hatten sich noch nicht aufgerichtet. Ihre Gesichter wirkten erschöpft und eingefallen.
    »Ich bin Ephemere«, sagte sie. »Links von mir, das ist Cleress, und rechts Myriell. Wir bedauern sehr, dass du
nicht früher gekommen bist und unsere liebe Schwester Aviana nicht mehr kennen lernen konntest. Wir werden um sie trauern, aber ich fürchte, dazu ist im Augenblick keine Zeit.«
    »Nein«, entgegnete Ilkar. »Es tut mir Leid, dass ihr einen solchen Verlust erlitten habt. Ich bin Ilkar, Magier vom Raben aus Julatsa. Da ihr wach seid, nehme ich an, dass Erienne Lyanna überreden konnte, den Leuchtturm abzustellen.«
    »Ja. Sie ist ein Mädchen mit ungeheuren Fähigkeiten. Eine Schande, dass wir nicht stark genug waren, um sie noch länger in ihrer Nacht abzuschirmen. Ich fürchte, sie hat keine Vorstellung, welche Folgen ihre Handlungen für ihre Umwelt haben.«
    »So ist es wohl«, entgegnete Ilkar. »Es tut mir Leid, dass ich euch antreiben muss, aber ich muss wissen, wie die Situation hier ist, und ich

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