Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit
sind?«
»Selbstverständlich.«
»Die arme Erienne.«
Ilkar runzelte die Stirn. »Was meinst du damit?«
»Ich denke, du weißt es schon. Ich kann die Trauer auch in deinen Augen sehen. Wir hatten gehofft, dass es nicht dazu kommen muss, doch wir sind so müde. Wir haben nicht genug Kraft, und ich fürchte, es gibt keinen anderen Weg.«
Ilkar ging durch den zerstörten Ballsaal. Eine Hoffnung, von der er gar nicht gewusst hatte, dass er sie nährte, war auf einen Schlag zerstört worden.
37
Hirad marschierte durch den halb eingestürzten Eingang des Hauses. Er war froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Hinter ihm freuten sich Denser und Lyanna über ihr Wiedersehen. Der Unbekannte, dessen Hüfte nach der ungemütlichen Überfahrt schmerzte, ließ sich Zeit und humpelte langsam den Weg hinauf.
Unter Hirads Füßen knirschte das Glas, als er die große, muffig riechende Eingangshalle betrat. Rechts sah er gebrochene Balken und zerstörte Türen, also hielt er sich links.
»Ilkar?« Er ging einen langen, nassen Flur hinauf, zählte die Türen auf der linken Seite und sah sich rechts nach einem Obstgarten um. An geschützten Stellen lagen Laubhaufen, und er konnte Spuren der Zerstörung sehen, die auch in anderen Teilen des Hauses gewütet hatte. Über ihm tropfte Wasser durch die Löcher in der Decke, große Holzsplitter waren überall im Flur verteilt.
Vor ihm wurde eine Tür geöffnet. Ilkar trat heraus und kam ihm entgegen.
»Hirad, wir haben hier ein Problem.«
»Schön, dass du das auch schon merkst.«
»Nein, das hier meine ich nicht. Die Al-Drechar. Eine von ihnen ist tot, die anderen drei sind kurz davor. Wenn sie nicht einmal einen Teil des Gebäudes abschirmen können …«
»Genau«, sagte Hirad. »Hast du dich im Haus umgeschaut?«
»Ja, und es sieht nicht gut aus. Ich zeige es euch, wenn der Unbekannte und Darrick hier sind«, versprach Ilkar. »Wie weit sind die Protektoren hinter euch?«
»Eine Stunde, meint der Unbekannte.«
»Wie geht es ihm?«
Hirad kratzte sich am Kopf und sah sich über die Schulter um. »Gibt es hier etwas zu essen? Ich bin am Verhungern.«
»Klar doch.«
Ilkar führte Hirad in die Küche und versorgte ihn mit Suppe und einem Becher Tee. Der wundervolle Geruch von frischem Brot zog durch den Raum.
»Das Brot ist noch im Ofen, tut mir Leid«, sagte Ilkar. »Jetzt zum Unbekannten. Und keine Ausflüchte.«
»Also, es sieht nicht gut aus. Er wollte sich auf der ganzen Fahrt nicht setzen, und jetzt läuft er den Weg herauf wie ein alter Mann. Ich dachte, Erienne hätte ihn wieder in Ordnung gebracht, aber es sieht nicht danach aus.«
»Zum Teufel, Hirad«, entgegnete Ilkar scharf. »Vor sieben Tagen war er praktisch tot. Jetzt ist er auf den Beinen und läuft herum. Was willst du noch? Sie hat seine Hüfte wieder aufgebaut und Muskeln und Sehnen verbunden, aber sie ist keine Wunderheilerin. Die Arbeit ist alles andere als beendet, und er wird nie wieder der Alte sein, dazu waren die Schäden zu groß. Was du jetzt siehst, ist das Beste, was du im kommenden Kampf haben
wirst, also finde dich damit ab. Die Frage ist allerdings, ob er sich damit abfinden wird. Das wüsste ich gern.«
»Hmm.« Hirad aß seine Mahlzeit. Es war eine wohlschmeckende dicke Gemüsesuppe und so nahrhaft, dass er das Brot kaum vermisste. »Ich weiß schon, was du meinst. Ich will einfach, dass er wieder der Krieger ist, den wir alle kennen, und das ist er nicht. Jedenfalls nicht im Moment.«
»Und da oben?« Ilkar tippte sich an den Kopf.
Hirad zuckte mit den Achseln. »Er will sich einreden, dass er wieder kämpfen kann wie früher, aber es ist ziemlich klar, dass das nicht geht. Ich glaube, das wird sein Selbstvertrauen beeinträchtigen. Deshalb hat er auch darum gebeten, dass Aeb links neben ihm steht. Ich meine, Darrick ist ein überdurchschnittlich guter Kämpfer, aber ein Protektor ist er nicht, oder?«
»Ja«, sagte Ilkar. »Die Frage ist nun, wie wir uns verhalten sollen.«
»Zuerst einmal sollten wir uns nicht anmerken lassen, dass wir uns seinetwegen Sorgen machen.«
Die Tür zum Ballsaal ging auf, und der Unbekannte trat ein.
»Dann solltet ihr besser leiser sprechen, denn sonst höre ich es«, sagte er. Ilkar schloss ergeben die Augen.
Darrick stand im Obstgarten und betrachtete den zusammengebrochenen Westflügel. Die Al-Drechar schlurften in Begleitung von Erienne, Lyanna, Ren’erei und den Elfen der Gilde hinter ihm her. Dort hinten war wenig
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