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Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit

Titel: Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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des blonden Haars aus dem Gesicht, dann beugte er sich über ihn und küsste seine helle Stirn.
    »Ich werde nicht lange fort sein, mein Kleiner. Pass für mich auf deine Mutter auf.« Er richtete sich auf und sah zur Tür. Diera stand dort, sie trug ein lose gebundenes Mieder und einen blauen Arbeitsrock. Das Haar fiel ihr ins Gesicht, konnte aber ihren Gesichtsausdruck nicht verbergen. Der Unbekannte ging zu ihr und wollte etwas sagen, doch sie legte ihm einen Finger auf die Lippen und brachte ihn zum Schweigen.
    »Noch nicht, Sol. Erzähle es mir später. Aber wenn du schon gehen musst, dann kannst du mir noch eine Stunde schenken.« Sie hob ihm den Mund entgegen und küsste ihn, ihre Zunge schlängelte sich in seinen Mund. Nach
einer Weile zog er sich zurück und legte ihr die Hände auf die Oberarme.
    »Jonas könnte aufwachen. Außerdem kenne ich einen besseren Platz.« Er nahm ihre Hand und führte sie ins Schlafzimmer.
     
    Der Wind wütete im Wald, riss die Wurzeln aus dem Boden und schmetterte mit erschreckender Kraft die Äste auf den Boden. Junge Bäume wurden wie kleine Zweige durch den Dornenwald geweht und zerquetschten alles, was ihnen im Weg war, bis sie selbst zerbrachen und tödliche Splitter in den Sturm entließen.
    Thraun kauerte im Schutz des verdrehten, rissigen Stamms einer gespaltenen Eiche. Seine Augen waren überall, seine Gedanken rasten. Die fliegenden Splitter konnten ihn nicht blenden und schneiden, und die Baumstämme konnten ihm nicht die Knochen brechen, aber sie konnten ihn einklemmen, und den anderen Mitgliedern des Rudels erging es viel schlechter als ihm. Als der Wind an dem zuvor so ruhigen Tag ohne Vorwarnung aufgekommen war, als die Sonne auf einmal ihre Kraft verloren hatte, war der halbe Bau schon zerstört, bevor auch nur ein warnendes Bellen ertönt war.
    Was sie als guten Schutz betrachtet hatten, erwies sich nun als tödliche Falle. Der Bau war tief ins Wurzelwerk einer großen Kieferngruppe gegraben worden, doch der Wind hatte die Bäume umgerissen, als wären es kleine Zweige. Die Wurzeln hatten sich losgerissen und zuckten wie Peitschen durch den Bau, mächtige Äste krachten durchs geschwächte Dach und zerdrückten und verstümmelten viele Wölfe des Rudels.
    Thraun hatte ein Stück entfernt allein geschlafen. Er war erwacht, hatte warnend geheult und sich durch fliehende
Wölfe einen Weg zum Bau gebahnt, um den Schaden selbst in Augenschein zu nehmen und den Gefangenen und Verletzten zu helfen. Er konnte nicht viel ausrichten. Das Blut sickerte in den Boden, gebrochene Knochen hatten Haut und Fell durchbohrt, und von den wenigen, die sich noch regten, würde keiner überleben. Sie wurden vom Gewicht der Erde und Zweige erdrückt.
    Der Wind zerstörte den Bau, und Thraun konnte ihn durch den einzigen freien Ausgang verlassen. Er war gerade eben entkommen, als auch dieser Fluchtweg zusammenbrach. Draußen war es nicht viel besser. Ein Wirbelsturm von Splittern hatte den Überlebenden Schnittwunden zugefügt. Die meisten bluteten, lahmten oder waren sogar geblendet. Wer nicht unmittelbar Schutz vor dem Wind fand, wurde einfach fortgeweht. Einer hing in einer grotesken Haltung hoch oben zwischen dichten Ästen. Seine Augen wurden trüb, während die Lebenskraft aus ihm wich.
    Thraun heulte klagend und kauerte sich noch tiefer. Er überlegte, wie er sein dezimiertes, verängstigtes Rudel retten konnte. Er sah sich um, sah die Mütter, die ihre wenigen noch lebenden Welpen schützten, und die Wolfshunde, nur vier waren es, die ihn anschauten und darauf warteten, dass er Hilfe und einen Fluchtweg fand.
    Thraun schmeckte den Wind, der um ihn toste, spürte seine böse Gewalt und erkannte, dass sie weiter fliehen mussten. Der Wind kam anscheinend von überall, er dröhnte in den Ohren und fuhr mit eiserner Hand durch den Wald. Thraun konnte nichts hören außer der Wut dieses Windes. Wie Beute wurden sie gejagt. Es gab nur einen Ort, an dem sie vielleicht überleben konnten, bis der Wind vorbei war. Der Felsüberhang, wo sich das Rudel vor der Jagd sammelte, war eine Barriere, die der Wind nicht umwerfen konnte.

    Doch die Stelle war mehr als zweihundert Schritt entfernt. Viel zu weit in einem Wald, durch den ein solcher Wind tobte. Es gab nur wenige, kleine Momente, in denen er schwächer wurde. Thraun schnüffelte. Eine Atempause stand unmittelbar bevor.
    Mit gespannten Muskeln und rasendem Herzen wartete er. Da war die Pause. Der Aufruhr ließ ein wenig nach. Eigentlich

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