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Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit

Titel: Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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langfristig zu denken. Auch der Geist des Kollegs musste wieder erwachen. Es gab noch so viel zu tun, um wieder Magier nach Julatsa zu locken, damit das Kolleg erneut erblühen konnte. Er wusste, dass er eines Tages das Kolleg würde verlassen müssen, um draußen in der Welt dafür zu werben, dass seine magische Schule wieder lebte und atmete.
    Im Augenblick aber schlief das Kolleg, und er war genau dort, wo er sein musste. Er beugte sich hinüber und küsste Pheones schlafendes Gesicht, dann sprang er aus dem Bett, lief über den kalten Steinboden und schnappte sich die grünen Hosen und das grobe wollene Arbeitshemd. Dazu zog er kräftige, halbhohe Stiefel an, fuhr sich mit gespreizten Fingern durchs zerzauste Haar, und weil sich sein Hunger meldete, ging er direkt zum Refektorium, das auf der anderen Seite des Hofs lag.
    Ein frischer Tag hatte begonnen, es wurde rasch wärmer. Die Morgendämmerung war vor einer Stunde vom Tageslicht abgelöst worden. Er betrachtete die Bauarbeiten, die sich in den letzten sieben Tagen auf das Dach der
Bibliothek und ein neues Gebäude, von dem bis jetzt erst die Fundamente standen, konzentriert hatten. Wie immer blieb Ilkar einen Moment stehen und starrte das Loch an, in dem das Herz ruhte. Dort wartete die größte Aufgabe.
    Eines Tages musste das Herz geborgen werden, und dann konnte man den sterblichen Überresten der Magier, die in ihm begraben waren – darunter auch der alte Elfenunterhändler Barras –, die letzte Ehre erweisen. Er sprach ein kurzes Gebet an die Götter, dass sie ihm die Mittel schenkten, die er dazu brauchte.
    »Ilkar!« Er fuhr herum, als jemand seinen Namen rief. Er hatte die Stimme sofort erkannt. Der Besitzer kam durch die Lücke herein, wo früher das Nordtor gestanden hatte. Er führte sein Pferd am Zügel, und hinter ihm kam jemand, über dessen Anblick Ilkar sich sogar noch mehr freute.
    »Denser!« Er lief zum Tor. »Bei den Göttern, heutzutage lassen sie einfach jeden hier herein.«
    »Entschuldigung. Ich dachte, nach meinem letzten Besuch dürfte ich einfach eintreten.«
    »Aber ja doch, das darfst du.« Die beiden alten Freunde umarmten sich. »Lass dich ansehen.« Ilkar trat einen Schritt zurück und betrachtete Densers Gesicht. »Ein bisschen verstaubt siehst du aus. Und hier und da entdecke ich eine Spur von Grau. Oh, und du müsstest dir mal die Haare schneiden lassen. Aber man kann dich noch erkennen.« Er schüttelte den Kopf. »Es ist schön, dich zu sehen. Ich hoffe, du hast Hammer und Meißel mitgebracht.«
    Denser lächelte. »Es tut mir Leid, von körperlicher Arbeit habe ich noch nie viel gehalten. Meine Pfeife habe ich aber dabei.«
    »Ach ja, ich habe den penetranten Gestank schon vermisst.« Ilkar tätschelte Densers Oberarm und sah an ihm
vorbei. »He, Unbekannter, das ist aber lange her.« Ilkar bemühte sich sehr, sein Lächeln zu halten, aber die Tatsache, dass diese beiden zusammen in sein Kolleg geritten kamen, konnte nur eines bedeuten. Etwas Übles, wahrscheinlich sogar etwas sehr Übles war geschehen.
    Der Unbekannte kam zu ihm und gab ihm die Hand. Sein Griff war fest wie eh und je.
    »Viel zu lange«, sagte er.
    »Na schön.« Ilkar wandte sich wieder an Denser. Der Xeteskianer war müde, obwohl es früh am Morgen war, und er wirkte ungewöhnlich ernst. »Wie geht es denn Erienne und Lyanna?«
    Schmerzen flackerten in Densers Blick, und er kniff ein wenig die Augen zusammen. Statt selbst zu antworten, drehte er sich Hilfe suchend zum Unbekannten um.
    »Das ist der Grund dafür, dass wir hergekommen sind.«
    Ilkar nickte, seine Befürchtungen hatten sich bestätigt. »Ich verstehe. Seid ihr hungrig? Wir können auch beim Frühstück reden.«
    Das Refektorium war ein langes, niedriges Gebäude, in dem Tische und Bänke in Reihen aufgestellt waren. Da die meisten Magier und bezahlten Helfer schon ihre Arbeit aufgenommen hatten, war es im Augenblick recht ruhig. Ilkar deutete auf einen Ecktisch, und als die Gäste es sich bequem machten, ging er zur Essensausgabe und belud ein großes Holztablett mit Speck, Brot und einer Kanne Kaffee.
    »Hier«, sagte er, als er sich zu ihnen setzte. »Greift zu. Wenn ihr wollt, gibt es noch mehr.«
    Während sie aßen, berichtete Denser über Lyannas Fortschritte und ihre Albträume, über das zögerliche Quorum von Dordover und über das Verschwinden von Erienne und ihrer Tochter. Schließlich gab er Ilkar Eriennes
Brief, den der Elf schweigend las. Mit jeder Zeile wurde sein

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