Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit
erinnern …«
Darrick packte Tendjorn mit beiden Händen am Kragen und zog ihn nahe an sich heran.
»Hört gut zu, Dordovaner, hört mir genau zu«, knirschte er. Seine Augen waren kalt, und er sah, wie der Magier es mit der Angst bekam. »Diese Leute brauchen jetzt sofort unsere Hilfe. Nicht in einem oder in sieben Tagen, sondern jetzt. Glaubt Ihr denn wirklich, als Gesandter aus Lystern könnte ich jetzt einfach weiterreiten, ohne auch nur einen Finger zu rühren? Selbst wenn man vom Moralischen absieht, was glaubt Ihr denn, welche Botschaft dies den Leuten über uns vermitteln würde?
Diese Operation steht unter meinem Befehl. Von hier aus sind es noch zweieinhalb Tagesritte bis Arlen. Es dauert doppelt so lange, genügend Schiffe zu requirieren und auszurüsten, um nach Ornouth zu segeln. Meine Kavallerie ist müde, die Pferde sind erschöpft. Wir werden bleiben und die Aufräumarbeiten hier beaufsichtigen. Erst dann wird die Hälfte nach Arlen weiterreiten. Dort werde ich entscheiden, ob Izack und seine Männer hier bleiben oder zu uns stoßen. Habt Ihr mich verstanden?«
Darrick ließ den Magier los und trat einen Schritt zurück. »Versucht nur, mir das Kommando zu entziehen, wenn Ihr es wagt.«
»Fordert mich nicht heraus, Darrick«, spuckte Tendjorn. Er rückte seine Kleidung zurecht und hatte große Mühe, sich seine Verunsicherung nicht anmerken zu lassen.
»Es ist keine Herausforderung. Ich habe hier den Befehl. Vergesst das nicht.«
»Und Ihr solltet lieber nicht vergessen, wer die Macht wirklich hat«, gab der Magier zurück.
Darrick lachte. »Oh, nein, gewiss nicht. Aber wir sind hier nicht in Dordover, und Ihr befindet Euch bei einer Truppe aus Lystern.«
Der junge General marschierte zum Lager, um seine müden Männer zu wecken, damit sie noch mehr Tote bargen.
Mit den Stadtbewohnern, die nach dem Angriff der dordovanischen Magier neugierig zum Raben gekommen waren, hatte es keine Probleme gegeben. Sie hatten nichts in der Hand, um die Angaben der Rabenkrieger zu hinterfragen, und man konnte dem Raben ohnehin vertrauen. Es war auch ein Segen, dass es über Nacht trocken blieb.
Kurz vor der Morgendämmerung wurde der Rabe vom Unbekannten geweckt. Die Kommunion erreichte Denser, als das erste Morgenlicht unter schnell ziehenden, dünnen und hohen Wolken erschien. Der Lärm der erwachenden zerstörten Stadt drang bereits zu ihnen herüber.
»Wer ist es?«, fragte Hirad.
»Stell dir mal vor, das ist von außen wirklich schwer zu erkennen«, meinte Ilkar mit versteinerter Miene.
Hirad zog ein langes Gesicht. »Ich dachte, ihr Magier wisst so was.«
»Sage mir, Hirad, wenn jemand einem Freund von dir einen Brief gibt, während du neben ihm stehst – erkennst du da sofort, von wem der Brief kommt?« Ilkars Ohren zuckten gereizt.
»Na ja, Briefe sind nicht magisch, oder? Gibt es da nicht eine Aura oder so etwas?«
»Bei den Göttern, Hirad, wie viele Kommunionen hast du eigentlich schon gesehen? Weißt du denn immer noch nicht, dass es ein rein persönlicher, privater Austausch ist?«
»Aber das heißt doch nicht, dass man nicht weiß, wer da redet«, sagte Hirad ungerührt. Der Anflug eines Lächelns ließ seine Mundwinkel zucken.
Ilkar deutete auf sein Gesicht. »Siehst du das? Das sind Augen. Siehst du das dort? Das ist Denser. Er liegt auf dem Boden und empfängt eine Kommunion von wer weiß wem. Ich bin ein Magier und kein Seher, klar?«
»Weißt du, ich habe unsere intellektuellen Diskussionen wirklich vermisst«, sagte der Unbekannte trocken. Er kniete sich neben Denser und legte den Kopf des Magiers ein wenig höher auf den zusammengerollten Mantel. »All die wohldurchdachten und gut vorgetragenen Argumente.«
»Freut mich, dass du es so siehst«, murmelte Ilkar. Er warf einen schrägen Blick zu Hirad.
»Ich denke«, meinte der Unbekannte, »und du denkst es sicher auch, Ilkar, dass Denser höchstwahrscheinlich mit Erienne Kontakt hat. Schließlich kennen nicht sehr viele Leute seine Signatur, ganz zu schweigen von einer zutreffenden Einschätzung, wo er sich gerade aufhalten könnte.«
»Das bedeutet, dass Erienne nicht sehr weit entfernt sein kann«, sagte Ilkar nickend.
»Es war ohnehin klar, dass es früher oder später zu so einem Kontakt kommen würde«, überlegte der Unbekannte.
»Aber es ist schon ein enormer Zufall, oder? Ich meine,
wir sitzen hier mitten in der Einöde, und auf einmal meldet sich Erienne, nachdem wochenlang überhaupt nichts von ihr zu
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