Der Bund: Dunkle Götter 2 (German Edition)
nicht sicher. Die Göttin hat mir einen neuen Weg gezeigt. Ich bin für alle Menschen offen. Vielleicht hätte ich wirklich bis nach seiner Abreise gewartet, auch wenn das aus taktischer Sicht nicht unbedingt die beste Lösung gewesen wäre.« Mein Freund dachte lange nach. Hätte ich ihn nicht so gut gekannt, so hätte ich das Wort ergriffen, doch ich wusste, dass noch etwas kommen würde. »Du bist von meiner neuen Berufung immer noch nicht sonderlich angetan, nicht wahr?«, fragte er.
»Ich wünschte, ich könnte es abstreiten. Ich vertraue dir und deinen Absichten, aber je mehr ich über die Magie und die Beziehung zwischen Magiern und Göttern erfahre, desto weniger traue ich ihnen«, gab ich vorsichtig zurück.
Damit hatte ich seine Neugierde geweckt. »Was hast du denn in der letzten Zeit erfahren?«
Ich warf ihm einen langen Blick zu, ehe ich antwortete. Letzten Endes entschloss ich mich, meinem Freund zu vertrauen, und erzählte ihm, was ich in Die Geschichte Illeniels gelesen hatte.
Erst nach einer langen Pause antwortete er mir. »Nach dem, was du gelesen hast, waren die Götter früher einmal schwächer als heute? Das widerspricht dem gegenwärtigen theologischen Wissen. Warum vertraust du dem Buch mehr als den Worten der Weisen?«
»Die Geschichte wird vom Sieger geschrieben«, antwortete ich schlicht. Mehr musste ich nicht erklären. Im Laufe der Jahre hatten wir oft genug mit seinen Lehrern debattiert. Er begriff sofort, was ich meinte.
»Wie ich hörte, waren die Sieger des Großen Sturzes die Magier jener Zeit«, erwiderte er.
»Oberflächlich betrachtet trifft dies zu, doch ihre Reihen waren gelichtet, und sie waren hoffnungslos in der Unterzahl. Die Religionen der Lichtgötter dagegen hatten sehr an Macht gewonnen. Die Magier, die noch lebten, hatten das Vertrauen der Könige und der Menschen verloren, die Götter dagegen hatten es gewonnen«, antwortete ich ernst. »Ich glaube, die Bindung war nicht nur eine Sicherung, damit niemals wieder ein Magier eine Weltenbrücke öffnete, sondern auch ein politisches Manöver.«
»Deine eigenen Erfahrungen haben dich fast verrückt gemacht«, gab er zu bedenken.
»Das mag so scheinen … aber ich glaube wirklich, ich habe mich nur auf eine neue Bewusstseinsebene eingestellt. Die alten Magier überlebten mehr als tausend Jahre, ohne durch eine Bindung vor dem Wahnsinn geschützt werden zu müssen.«
Er schüttelte den Kopf. »Es sah so aus, als wärst du drauf und dran, den Verstand zu verlieren, alter Freund. Und auch wenn ich dir glaube, kannst du nicht bestreiten, dass dich die Bindung davor beschützt, von einem der Nachtgötter in Besitz genommen zu werden.«
»Man sollte vielleicht lieber von Göttern allgemein und nicht nur von Nachtgöttern sprechen«, wandte ich ein. »Als ich deiner Göttin begegnete, hatte ich den starken Eindruck, dass sie mich viel lieber in Besitz genommen hätte, statt mich einfach nur ziehen zu lassen.«
»Das kann ich nicht glauben. Du musst ihre Absichten missverstanden haben. Außerdem entsteht hier ein Widerspruch. Wenn die Lichtgötter ebenso dringend wie die Nachtgötter einen Magier haben wollten, warum strebten sie dann ein Übereinkommen an, das den Magier zwingt, einen Bindungsgefährten auszuwählen? Wenn sie einen Magier suchen, der eine Weltenbrücke für sie erschafft, dann liefe das ihren eigenen Absichten zuwider. Warum sollten sie so etwas tun?«
Zuerst fand ich seinen Einwand durchaus logisch. Aus diesem Blickwinkel hatte ich es noch nicht betrachtet, aber dann fiel mir etwas ein. »Vielleicht hatten sie Angst. Wie du am Anfang gesagt hast, im Grunde waren die Magier diejenigen, die Balinthor letzten Endes ausgeschaltet haben. Genauer gesagt, war es eine Magierin, die ihn getötet hat, die Erzmagierin Moira Centyr. Wenn du eine unsterbliche Gottheit wärst, würdest du dich dann nicht vor jemandem fürchten, der einen Gott töten kann?«
Marc lachte. Die Vorstellung, dass die Götter Angst haben könnten, fand er offensichtlich kindisch. »Du hast zwar die Erzmagier aus der Geschichte erwähnt, die du liest, aber bisher weißt du noch nicht einmal, was ein Erzmagier ist, oder?«
Ich musste meine Unwissenheit eingestehen. »Ich habe keine Ahnung.«
»Warum denkst du dann überhaupt über sie nach?«, fragte er.
»Weil ich dachte, ich würde vielleicht einer werden, und diese Bindung, die mir auf Betreiben der Lichtgötter auferlegt wurde … habe das aufgehalten, was mit mir geschehen
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