Der Bund: Dunkle Götter 2 (German Edition)
auf die Morgendämmerung zu warten.
Penny ließ sich neben mir nieder. »Was meinst du, wie lange es noch dauert?«, fragte sie leise.
»Sobald wir sie von hier aus deutlich sehen können, geht es los. Ich will sicher sein, dass sie genug Licht haben, um in die richtige Richtung zu laufen«, erwiderte ich.
»Und wenn sie das nicht tun?«
»Ich glaube, danach werden so oder so nicht mehr genug von ihnen übrig sein, um Lothion zu bedrohen. Wir dagegen könnten große Schwierigkeiten bekommen. Ich weiß nicht, wie viele überleben werden, aber ein kleiner Bruchteil dieser Armee wäre schon genug, um uns auszulöschen«, antwortete ich.
»Wenn sie die Hälfte der Truppe verlieren und in Lothion nicht mehr siegen können, werden sie sich doch zurückziehen, oder?«, meinte sie.
»Kann sein, sofern ihr Kommandant ein klar denkender Mann ist. Ich sehe drei Möglichkeiten. Erstens: Ihr Kommandant ist ein Fanatiker, was bedeutet, dass er bis auf den letzten Mann Krieg führt, und sei es nur aus Rachsucht gegen uns. Zweitens: Er ist zwar ein vernünftiger Mann, dreht jedoch durch, wenn er die Hälfte seiner Kämpfer verliert, und greift uns aus Rache an. Drittens: Er ist vernünftig und behält einen kühlen Kopf, was bedeutet, dass er sich zurückzieht. Dann ist es vorbei«, erwiderte ich.
»Also eins zu drei«, überlegte sie.
Ich seufzte. »Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Ich werde einfach nur eine Menge Menschen töten und sehen, was dann geschieht.«
Sie spürte meine Verbitterung und schwieg danach. Eine Stunde verging, während der Himmel allmählich heller wurde. Zuerst waren die Feinde nicht mehr als graue Umrisse auf der Ebene und nur sichtbar, wenn sie sich bewegten. Schließlich schälten sich die Gestalten heraus, und wir konnten sie deutlicher erkennen. Es wurde Zeit … wenn wir jetzt noch länger warteten, würden sie vorbeikommen und uns fragen, warum wir sie beobachteten.
Ich hob den Hammer und wog ihn in der Hand. Ehe ich zuschlagen konnte, hielt Penny mich auf. »Lass mich das tun. Du solltest das nicht allein tragen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Du hast danach noch ein ganzes Leben vor dir.« Damit hob ich den Hammer und ließ ihn fest niedersausen, um das Glas in dem Beutel zu zerschmettern. Einen Sekundenbruchteil lang geschah gar nichts, und ich fragte mich schon, ob ich irgendwo einen Fehler gemacht hatte. Dann sah ich auf ihrem Gesicht den Widerschein der Lichtblitze. Penny öffnete ein wenig den Mund und atmete scharf ein. In diesem Augenblick erreichte uns auch der Donner. Es war, als wären ganz in der Nähe tausend Blitze gleichzeitig eingeschlagen. Das Dröhnen übertönte alles andere.
Als ich den Kopf wieder hob, sah ich ein Zerstörungswerk, dessen Ausmaß ich kaum begreifen konnte. Auf einer Strecke von vier Meilen stiegen an tausend Stellen längs der Straße Flammen und Rauch empor. Ich hatte die Bomben im Abstand von etwa zehn bis fünfzehn Schritten am Straßenrand vergraben. Nach allem, was ich jetzt sehen konnte, war das deutlich übertrieben gewesen. Der Explosionsdonner klang binnen weniger Sekunden ab, und in der darauf folgenden Stille war nur noch das Kreischen der sterbenden Pferde und Männer zu hören. Wer nicht auf der Stelle tot war, musste grässlich verstümmelt sein und hatte gewiss Arme und Beine verloren. Die meisten Überlebenden würden binnen Minuten ebenfalls sterben. Nur diejenigen, die das Glück gehabt hatten, sich weiter als zwanzig oder dreißig Schritt von der Straße entfernt zu befinden, würden länger am Leben bleiben. Doch auch unter ihnen waren viele, die schwere Verbrennungen oder andere Verletzungen erlitten hatten.
Rauch und Staub behinderten unseren Blick, doch ich konnte viele Überlebende erkennen, die von der Straße weg auf uns zurannten. Wahrscheinlich liefen zahlreiche auch in die entgegengesetzte Richtung. Daher legte ich den zweiten Beutel auf den Stein und wiederholte den Vorgang. Abermals gab es ein gewaltiges Getöse, beinahe so laut wie das erste, und die Explosionen zerstörten nun auch die andere Seite der Straße. Nur diejenigen, die zum Fluss rannten, blieben verschont. Ich holte den dritten Beutel, doch Penny legte mir eine Hand auf den Arm.
»Genug, Mort, bitte … nicht mehr.« Ihre Augen waren feucht. Ich hätte so fühlen sollen wie sie, aber mein Herz war ohne Empfindung, und geblieben war nur eine kalte Leere. Ich schob ihre Hand weg und zerschmetterte auch den Inhalt des dritten Beutels. Es war zu weit
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