Der bunte Hund von Schreckenstein
Martina.
Unter vielstimmigem Kreischen schwamm etwa ein halbes Dutzend Mädchen auf ihn zu.
„Wenn ihr mich untertaucht, nehm ich Amanda mit!“ rief Andi ihnen entgegen, faßte das Mädchen von hinten an den Schultern und hielt sich mit schneller Beinarbeit über Wasser.
„Nicht!“ kreischte Amanda. „Laßt ihn! Der macht ernst.“
Doch sie waren nicht mehr aufzuhalten. Andi wurde von hinten hinuntergedrückt und nahm Amanda mit. Unter Wasser ließ er jedoch ihre Schultern los. Selbst im Schlaf hätte er die alte Ritterregel, daß bei einem Schreckensteiner Streich niemand zu Schaden kommen oder zu Tode erschreckt werden darf, automatisch befolgt. Er schwamm weg und tauchte etliche Meter weiter wieder auf.
„Ich brauch…“, rief er, eine Hand patschte auf seinen Kopf — es können auch zwei gewesen sein — , und er wurde wieder hinuntergedrückt.
„So hört doch!“ rief er beim nächsten Auftauchen und hatte gerade noch Zeit, Luft zu holen, ehe es abermals in die Tiefe ging.
„Blöde Hühner!“ schrie er beim vierten Auftauchen. „Ich muß euch was sagen!“
Esther und Doris wollten sich gerade auf ihn stürzen, da kam Sophie.
„Laßt ihn! Vielleicht ist es was Wichtiges.“
Das sahen die Kratzbürsten ein. Sie ließen von ihrem Vorhaben ab. Plötzlich tauchte auch Beatrix auf.
„Ach, du bist das!“ Sie schien enttäuscht.
„Also was ist?“ drängte Sophie.
Immer mehr Mädchen kamen dazu, und Andi erzählte die Geschichte von dem zugelaufenen Hund, der den Waldfrevlern weggelaufen war und den Mauersäges Hasso gebissen hatte. Ob sie vielleicht eine Salbe wüßten oder so was. Drüben habe man damit keine Erfahrung.
„Ich hab meine Mumsi immer mit Arnika kuriert“, sagte Isabella. „Warum bist du nicht in die Apotheke?“
„Weil er nicht nur Arnika sucht!“ bemerkte Ingrid.
Mädchen kicherten und prusteten. „Amanda und Arnika!“ Eine rief es, andere wiederholten es, schließlich die gesamte Mädchenschar im Sprechchor.
Isabella und Beatrix wollten wissen, was für ein Hund das sei, und noch während er überlegte, beschrieben sie ihn ganz genau.
„Was ist da los?“ rief eine nicht unbekannte Stimme vom Ufer, nachdem sich die Mädchen endlich beruhigt hatten.
„Es ist genug! Kommt jetzt bitte raus.“
„FDH — ach du Schreck!“ Bettina flüsterte bereits. „Du tauchst am besten unter und bleibst drunten.“
„Los, weg mit dir! Sonst gibt’s nur Ärger“, zischte Esther.
Die Mädchen schwammen zurück. Andi folgte ihnen, damit sein Kopf nicht als einziger aus dem Wasser rage. Vielleicht konnte er sich unter den tiefhängenden Zweigen der Weide verstecken, bis die Leiterin weg war. Fräulein Doktor Horn drohte zu platzen.
„Wem gehört denn dieses Herrenrad und die kurze Hose?“ hatte sie Fräulein Böcklmeier gefragt, und die hatte gebeichtet. Ein Junge sei plötzlich gekommen, offenbar einem Hitzschlag nahe. Einer von der Burg, den Namen wisse sie nicht.
Sonja hegte bereits die schlimmsten Befürchtungen, denn wie ein Tiger im Käfig ging die Leiterin auf dem Bootssteg auf und ab.
„Wo ist der Junge?“ fragte sie die ersten, die aus dem Wasser stiegen. „Wer ist es? Was wollte er von euch?“
Kleinlaut nannten die Mädchen den Namen, und daß es sich um einen kleinen Hund handle, den Touristen im Wald verloren hätten. Jetzt sei er auf der Burg und von Hasso gebissen worden. Die Leiterin sagte zwar nichts, doch ließ ihr Vogelblick nichts Gutes ahnen.
Amanda schwamm immer langsamer. Am liebsten wäre sie im Wasser geblieben. Andi holte sie ein.
„Hau bloß ab!“ fuhr sie ihn an. „Wo ihr auftaucht, gibt’s Stunk, und immer geht’s an mir raus.“
„Wo ist dieser Andi?“ tönte FDHs Stimme hinter der Weide. So kam es, daß er und Amanda als letzte auf den Steg kletterten. Amanda trug einen weißen Badeanzug und sah wunderschön aus. Zeit, sie zu bewundern, blieb Andi indes nicht. Die Leiterin bombardierte ihn mit Fragen.
„Was tust du hier? Wie kommst du dazu, dich in unseren Badenachmittag einzuschleichen? Woher wissen meine Mädchen, wem dieser Hund gehört, der euch zugelaufen sein soll? Was geht hier vor?“
Andi sah die sorgenvollen Blicke von Beatrix, Sophie, Ingrid, den Kratzbürsten und auch von Sonja. Laß dir bitte was einfallen! schienen sie ihm zuzurufen.
Und er sagte, wie von drüben gewohnt — die Wahrheit.
„Wir haben beim Bürgermeister angerufen und gemeldet, uns sei ein Hund zugelaufen. Ein besonders lieber kleiner
Weitere Kostenlose Bücher