Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Canyon

Der Canyon

Titel: Der Canyon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas - Preston
Vom Netzwerk:
zentralen Canyons. Dies war die Schlucht, aus der die Broadbents kommen würden.
    Er schluckte, und sein Mund fühlte sich an wie mit altem Kleister verklebt. Er hätte eine Flasche Wasser ins Auto werfen sollen, bevor er die Verfolgung aufnahm – aber jetzt war es zu spät, und außerdem wusste er, dass Broadbent und das Miststück mindestens ebenso sehr unter dem Durst litten wie er.
    Maddox blickte sich nach einer guten Position um, von der aus er sie erschießen konnte. Die vielen Felsbrocken, die von den Rändern der Canyons herabgestürzt waren, boten ihm allerlei Möglichkeiten. Sein Blick glitt über die Geröllhalden, und er entdeckte eine Stelle, an der sich einige riesige Felsbrocken ineinander verkeilt hatten – genau gegenüber dem Canyon, aus dem seine Beute herausspazieren würde. Das war die ideale Stelle für einen Hinterhalt, sogar noch besser als bei Weathers. Doch diesmal wollte er es sich auch leichter machen: Er hatte zwei Menschen zu töten statt nur einen, und Broadbent war bewaffnet. Obendrein fühlte Maddox sich nicht besonders. Jetzt war Schluss mit dem Quatsch; kein Gerede, kein Mist mehr, er wollte die beiden nur erledigen und dann nichts wie raus aus dieser Hölle.
    Er suchte sich einen Weg den steilen Hang hinab, rutschte und schlitterte und hielt sich an Büschen und Salbeisträuchern fest, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Einmal richtete sich eine Diamantklapperschlange, die sich im Schatten eines Felsens verborgen hatte, plötzlich auf und klapperte drohend. Maddox schlug einen weiten Bogen darum; das war schon die fünfte, die er heute Morgen sah. Er erreichte den Grund der Schlucht, überquerte das ausgetrocknete Bachbett und kletterte die Schutthalde hinauf, wobei er sorgfältig darauf achtete, keine Spuren zu hinterlassen. Vor den ineinander verkeilten Felsbrocken blieb er stehen und blickte sich nach weiteren Klapperschlangen um, entdeckte aber keine. Seine Position befand sich direkt in der Sonne, es war hier heißer als in der Hölle, doch er hatte ideale Sicht. Er nahm das umgehängte AR-15, Kaliber .223, von der Schulter, setzte sich im Schneidersitz hin und legte das Gewehr quer über die Knie. Dann überprüfte er rasch die Waffe, überzeugte sich davon, dass sie funktionstüchtig war und nahm die geplante Schussposition ein. Zwei Felsbrocken lehnten hier aneinander und bildeten eine Kerbe, aus der sich wunderbar feuern ließ. Er legte den Lauf in die Kerbe, ließ sich zu Boden gleiten und blickte durch das 4-fach-Zielfernrohr, wobei er die Waffe leicht hin und her schwenkte. Ein besseres Schussfeld hätte er sich nicht wünschen können: Er blickte schnurgerade in den Canyon hinein, den sie entlangkommen würden, zwei steile Sandsteinwände mit nichts als ebenem Sand dazwischen. Es gab keine Deckung, keine Büsche, keinen Fluchtweg außer zurück in den Canyon. Der eingebaute digitale Entfernungsmesser sagte ihm, dass seine Objekte sich in einer Einschussentfernung von dreihundertneunundsiebzig Metern befinden würden, wenn sie um die letzte Biegung kamen; er würde sie mindestens weitere zweihundert Meter näher herankommen lassen, bevor er schoss. Weiter brauchte er nichts zu beachten, es regte sich kein Windhauch.
    Trotz seiner Schmerzen lächelte Maddox, als er die tödlichen Schüsse visualisierte: wie der Aufprall die beiden Scheißer hintenüberwarf, ihr Blut auf den Sand hinter ihnen spritzte. Die Luft roch nach Staub und erhitztem Stein, und ihm wurde schwindlig. Herrgott noch mal. Er schloss die Augen, sagte sich sein Mantra vor und versuchte, seinen Geist zu klären und zu fokussieren, doch er war zu durstig, um sich richtig zu konzentrieren. Er schlug die Augen auf und blickte den Canyon entlang. Sie würden frühestens in zehn Minuten hier sein. Er griff in seine Tasche und holte das Notizbuch heraus; schmierig, eselsohrig, nicht größer als zehn mal fünfzehn Zentimeter. Es erstaunte ihn, wie unbedeutend das Ding aussah. Er blätterte es durch. Da waren Zahlen, eine Art Code – und da, auf der letzten Seite, zwei große Ausrufezeichen. Was auch immer das heißen sollte, es ging ihn nichts an; Corvus würde etwas damit anfangen können. Er schob das Buch wieder in die Tasche, verlagerte das Gewicht ein wenig und wischte sich mit dem Taschentuch den schwitzenden Nacken. Obwohl er so erschöpft war, spürte er jetzt den ersten Adrenalinstoß, die erhöhte Wahrnehmungsfähigkeit, die ihn vor dem Schuss stets überkam. Die Farben erschienen ihm

Weitere Kostenlose Bücher