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Der Canyon

Der Canyon

Titel: Der Canyon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas - Preston
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anderes ergab einen Sinn. Wie lautete noch dieser Sherlock-Holmes-Spruch? Wenn alles andere ausgeschlossen werden kann, muss das, was übrig bleibt, so unwahrscheinlich es auch sein mag, die Wahrheit sein.
    Aus irgendeinem unerklärlichen Grund, überlegte Ford, musste irgendeine Behörde so verzweifelt darauf aus sein, dieses Dinosaurierfossil in die Hände zu bekommen und keine Zeugen zu hinterlassen, dass sie sogar bereit war, dafür einen Bürger der Vereinigten Staaten zu ermorden. Doch das warf die nächste Frage auf: Woher wussten sie, dass er hier draußen den Dinosaurier suchte? Eigentlich wusste das nur Tom Broadbent.
    Während seiner Jahre bei der CIA hatte Ford manchmal mit Spezialabteilungen, Sondereinsatzkommandos und »Black Detachments« zu tun gehabt. Diese so genannten »Schwarzen Abteilungen« waren kleine, als äußerst geheim eingestufte Teams von Spezialisten, die für einen besonderen Erkundungs- oder Rechercheauftrag zusammengestellt und wieder aufgelöst wurden, sobald das spezielle Problem geklärt war. Bei der CIA hatte man sie kurz »Black Dets« genannt. Die Black Dets sollten eigentlich der Kontrolle der NSA, der DIA oder des Pentagon unterstehen, doch tatsächlich hielten sie sich an niemandes Spielregeln. Alles an den Black Dets unterlag der Geheimhaltung: Auftrag, Budget, Personal, ja ihre bloße Existenz. Einige Black Dets waren so geheim, dass sogar hochrangige CIA-Mitarbeiter keinerlei Verbindung zu ihnen aufnehmen konnten. Er erinnerte sich an die wenigen Schwarzen Abteilungen, mit denen er zu tun gehabt hatte: Alle schmückten sich mit wichtig klingenden, abgekürzten Namen wie TEMP-WG (Thermonuclear Electromagnetic Pulse Working Group), ANDD (Allied Nations Disinformation Detachment) und BDGZD (Bioweapons Defense Ground Zero Detachment).
    Ford erinnerte sich daran, wie sehr er und seine Kollegen bei der CIA die Black Dets verabscheut hatten: schwarze Schafe, Einzelgänger innerhalb der Regierungsstellen, die niemandem Rechenschaft schuldig waren und von Cowboy-Typen geleitet wurden, die glaubten, der Zweck heilige die Mittel – ganz gleich, um welchen Zweck und welche Mittel es sich dabei handeln mochte.
    Die Situation hier stank förmlich nach einer solchen Schwarzen Abteilung.

TEIL V
    Das Venus-Partikel

Die Tage kamen, da die männlichen Tyrannosaurier in ritualisierten Auseinandersetzungen um sie kämpften. Sie sah zu, während sie einander umkreisten, brüllten und Scheinangriffe führten; der Wald erzitterte unter ihren Schreien. Dann stürmten sie aufeinander ein, schlugen die Köpfe zusammen, wichen zurück, rissen Bäume aus und wühlten in ihrer rasenden Lust die Erde auf. Das Gebrüll der Männchen ließ ihre Flanken erzittern und erhitzte ihre Lenden. Wenn der Sieger sie unter triumphierenden Trompetenstößen bestieg, ergab sie sich ihm, ihre Synapsen feuerten beständig und unterdrückten nur mit Mühe ihren Impuls, den Verehrer vom Hals bis zum Bauch aufzuschlitzen.
    Sobald es vorüber war, verschwand auch die Erinnerung daran.
    Um ihre Eier abzulegen, wanderte sie gen Westen zu einer sandigen Hügelkette im Schatten der Berge. Sie grub ein Nest im Boden aus und trat es fest. Nach der Eiablage bedeckte sie das Gelege mit nasser, fauliger Vegetation, durch deren Gärung Wärme entstand; sie berührte diese Schicht mit der Schnauze, um die Temperatur zu überprüfen, und wechselte sie häufig aus. Fast ständig hielt sie sich in der Nähe ihres Nestes auf und verzichtete sogar aufs Fressen. Sie bewachte ihren Nachwuchs mit brutaler Gewalt und pflegte ihre Brut sehr sanft. Sie war größer als die männlichen Tiere ihrer Spezies, denn auch vor deren hirnloser Gier nach Fleisch musste sie ihre Jungen schützen. Die Gefühle, die sie dabei leiteten, konnte man nicht als »Liebe« definieren. Sie war eine biologische Maschine mit einer komplexen Programmierung und dem Ziel, Kopien ihrer selbst in ausreichender Anzahl herzustellen, indem sie dafür sorgte, dass die Fleischpakete, die jene genetischen Kopien in sich herumtrugen, lange genug überlebten, um sich ihrerseits fortzupflanzen. Allein das Gefühl der »Fürsorge« war ihr rein neurologisch unmöglich.
    Wenn ihre Jungen eine gewisse Größe erreichten, begannen sie als Rudel zu jagen und allmählich ihr Revier auszudehnen, das mit ihrem Fleischbedarf mitwachsen musste. Zu diesem Zeitpunkt verließ sie ihre Jungen und wanderte zurück in ihre alte Heimat – die Existenz ihrer Nachkommen war nicht länger Teil

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