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Der Canyon

Der Canyon

Titel: Der Canyon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas - Preston
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eingeschlagen. Bald wurde Maddox klar, dass das große Geld nicht bei den Häftlingen, sondern bei den Frauen zu holen war. Es war erstaunlich, wie viele Frauen etwas mit einem Mann im Knast haben wollten. Er verlangte neunundzwanzig Dollar und neunundneunzig Cent pro Monat für die Mitgliedschaft bei Hard Times, hundertneunundneunzig Dollar für ein ganzes Jahr, und dafür bekamen die Frauen Zugang zu den persönlichen Daten samt Fotos und Adresse von mehr als vierhundert echten Verbrechern, die wegen allem Möglichen, von Entführung, bewaffnetem Raub und Körperverletzung bis hin zu Vergewaltigung und Mord, längere Haftstrafen absaßen. Inzwischen kamen auf jeden Häftling drei zahlende Frauen, fast zwölfhundert insgesamt, und wenn Maddox alle Ausgaben abzog, strich er dreitausend saubere Dollar die Woche ein, netto.
    Über die Sprechanlage wurde die baldige Landung angekündigt, eine Stewardess ging lächelnd und nickend durch die Reihen und bat die Geschäftsleute dezent, doch bitte ihre Laptops auszuschalten. Maddox verstaute seinen unter dem Sitz und schaute aus dem Fenster. Die braune Landschaft New Mexicos glitt vorbei, während die Maschine sich Albuquerque von Osten näherte; dann ragten die Sandia Mountains auf, abwechselnd dunkel bewaldet und weiß verschneit. Das Flugzeug ließ die Berge hinter sich, und dann waren sie über der Stadt und beschrieben eine Kurve. Maddox konnte alles sehen, den Fluss, die Straßen, die sich in der riesigen Kreuzung des »Big I« trafen und verzweigten, all die kleinen Häuser, die an den Hügeln hochkletterten. Es deprimierte ihn, wie viele nutzlose Leute ein so jämmerliches, nutzloses Leben in diesen Schuhschachteln lebten. Es war beinahe wie im Gefängnis.
    Nein, das nahm er in Gedanken sofort zurück. Nirgends auf der Welt war es wie im Gefängnis.
    Dann dachte er an das anstehende Problem und spürte Ärger in sich aufsteigen. Broadbent. Der Mann musste da oben im Labyrinth auf einen günstigen Augenblick gewartet haben. Er hatte einfach nur gewartet. Maddox hatte die ganze Arbeit geleistet, den Kerl umgelegt, und dann war Broadbent hereinspaziert, hatte sich das Notizbuch geholt und war damit verschwunden. Der Mistkerl hatte ihm den perfekten Job ruiniert.
    Maddox atmete tief ein, schloss die Augen, wiederholte im Geiste ein paar Mal sein Mantra und versuchte zu meditieren. Es hatte keinen Zweck, sich aufzuregen. Die Sache war ziemlich einfach. Wenn Broadbent das Notizbuch bei sich zu Hause hatte, würde Maddox es finden. Wenn nicht, würde er schon irgendwie aus Broadbent herausbringen, wo er es versteckt hatte. Der Mann hatte ja keine Ahnung, mit wem er es hier zu tun hatte. Und da Broadbent selbst bis zum Hals mit drinsteckte, würde er wohl kaum die Cops rufen. Diese Angelegenheit würden sie hübsch unter sich ausmachen.
    Er schuldete es Corvus; Herrgott, er schuldete Corvus sein Leben.
    Maddox lehnte sich zurück, als die 747 schön sacht aufsetzte, so dass die Räder kaum den festen Boden küssten. Das fasste er als gutes Zeichen auf.

10
    Am nächsten Morgen fand Tom seinen Assistenten Shane McBride an der Führmaschine, wo er einen Quarter-Horse-Fuchs beäugte, der im Kreis herumtrottete. Shane war irischer Abstammung, kam aus South Boston und hatte in Yale studiert, sich aber dann mit Leib und Seele dem Westen verschrieben und sah nun noch mehr wie ein Cowboy aus als die Alteingesessenen. Er stapfte in Cowboystiefeln herum und trug einen buschigen Schnurrbart, einen zerbeulten Stetson mit biegsamer Krempe, ein ausgebleichtes schwarzes Halstuch, und er hatte ständig Kautabak in der Unterlippe stecken. Er kannte sich mit Pferden aus, hatte Sinn für Humor, nahm seine Arbeit ernst und war die Loyalität in Person. Für Tom war er einfach der perfekte Partner.
    Shane drehte sich zu Tom um, nahm den Hut ab, wischte sich die Stirn und kniff ein Auge zu. »Was meinst du?«
    Tom beobachtete die Bewegung des Pferdes genau. »Wie lange läuft er schon da drin?«
    »Zehn Minuten.«
    »Ostitis.«
    Shane öffnete das Auge wieder. »Nein, da irrst du dich. Sesamoiditis.«
    »Die Fesselgelenke sind nicht geschwollen. Und die Verletzung ist zu symmetrisch.«
    »Im Frühstadium, und eine Gleichbeinentzündung kann auch symmetrisch sein.«
    Tom kniff die Augen zusammen und beobachtete den Gang des Pferdes. »Wem gehört er?«
    »Das ist Noble Nix, gehört O-Bar-O. Hatte noch nie Probleme.«
    »Western- oder Springpferd?«
    »Cutting-Pferd.«
    Tom runzelte die Stirn.

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