Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Canyon

Der Canyon

Titel: Der Canyon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas - Preston
Vom Netzwerk:
genau danach gesucht?«
    »Ich bin nicht ganz sicher. Ganz allgemein ist die KT-Grenze so ziemlich die interessanteste Gesteinsschicht, die je entdeckt wurde. Sie enthält Spuren des Asteroideneinschlags sowie Aschepartikel, die vom Verbrennen der Wälder auf der Erde stammen. Im Raton Basin, Colorado, gibt es eine besonders spektakuläre KT-Formation. Diese Felsen erzählen eine erstaunliche Geschichte. Der Meteorit ist da eingeschlagen, wo sich heute die Yucatán-Halbinsel befindet, und durch den Einschlagwinkel wurden geschmolzene Partikel über fast ganz Nordamerika verteilt. Sie haben diesen Meteoriten Chicxulub getauft, ein Maya-Wort, das ›Schwanz des Teufels‹ bedeutet – niedlich, was?«
    Er kicherte und ergriff die Gelegenheit, sich noch ein Hefebrötchen zu nehmen.
    »Chicxulub traf die Erde mit einer Geschwindigkeit von Mach vierzig. Der Meteorit war riesig; als die Unterseite den Erdboden berührte, war die Oberseite höher als der Mount Everest. Beim Aufschlag ließ er ein großes Stück der Erdkruste praktisch verdampfen und eine Wolke von Teilchen aufsteigen, über hundert Kilometer breit, die sogar die Erdatmosphäre durchstieß und bis ins Weltall vordrang – ein Teil davon schaffte es den halben Weg zum Mond, bevor alles mit einer Geschwindigkeit von über vierzigtausend Stundenkilometern zurück auf die Erde stürzte. Diese herabfallenden Partikel überhitzten die Atmosphäre und entzündeten riesige Waldbrände, die wie Feuerwalzen über die Kontinente hinwegrollten und hundert Milliarden Tonnen Kohlendioxid, hundert Milliarden Tonnen Methan und siebzig Milliarden Tonnen Ruß freisetzten. Rauch und Staub waren so dick, dass es auf der Erde so dunkel wurde wie in einer tiefen Höhle, sämtliche Photosynthese unterblieb und ganze Nahrungsketten zusammenbrachen. Eine Art nuklearer Winter setzte ein, und der Planet war monatelang gefroren. Danach explodierte förmlich der Treibhauseffekt, verursacht von der plötzlichen Freisetzung von Kohlendioxid und Methan. Es dauerte einhundertdreißigtausend Jahre, bis die Erdatmosphäre sich wieder abkühlte und sich auf normale Werte einpendelte.«
    Dearborn schmatzte mit den Lippen und leckte sich mit der fleischigen rosa Zunge ein Tröpfchen Crème fraîche von der Hand.
    »All das ist großartig dokumentiert im KT-Gestein im Raton Basin. Zuerst sieht man eine Schicht Partikel, die vom Impakt selbst stammen. Diese Schicht ist grau und enthält einen interessanten Anteil des seltenen Elements Iridium, das man in Meteoriten findet. Unter dem Mikroskop sieht man, dass sie kleine Spherulen enthält, erstarrte Tröpfchen geschmolzenen Gesteins. Über dieser Schicht liegt eine zweite, pechschwarz, die ein Geologe einmal als ›die Asche der Kreidezeit‹ beschrieben hat. Geologen sind sehr poetische Wissenschaftler, finden Sie nicht?«
    »Ich wundere mich immer noch, warum Weathers sich für die KT-Grenze interessieren sollte, wenn er nur hinter Dinosaurierfossilien her war.«
    »Das ist ein Rätsel. Vielleicht hat er diese Schicht als Anhaltspunkt benutzt, um T-Rex-Fossilien aufzuspüren. In der späten Kreidezeit, kurz vor ihrem Aussterben, regierten die Tyrannosaurier die Welt.«
    »Was ist ein guter T-Rex heutzutage wert?«
    »Jemand hat einmal gesagt, alle Menschen zusammen, die je einen T-Rex gefunden haben, wären nicht genug für eine Baseball-Mannschaft. Es sind die seltensten der seltenen Fossilien. Ich habe zwei Dutzend Kunden, die nur darauf warten, ein Gebot für den nächsten T-Rex abzugeben, der auf dem privaten Markt auftaucht, und ich schätze, dass einige von ihnen hundert Millionen Dollar oder mehr bezahlen würden.«
    Tom stieß einen Pfiff aus.
    Dearborn stellte seine Teetasse ab, und sein Gesicht nahm einen nachdenklichen Ausdruck an. »Ich hatte da so ein Gefühl …«
    »Ja?«
    »Ein Gefühl, dass Stem Weathers nach mehr gesucht hat als nur einem T-Rex. Irgendwas, das mit der KT-Grenze selbst zu tun hat. Aber was das genau sein sollte, kann ich nicht sagen …« Er hielt inne und goss sich noch eine Tasse Tee ein. »Der arme Stem. Und die arme Robbie. Ich beneide Sie nicht darum, dass Sie es ihr beibringen müssen.« Er leerte die Tasse, aß ein letztes Rosinenbrötchen, tupfte sich mit der Serviette das Gesicht ab und wischte sich die Finger sauber.
    »Jetzt sind Sie dran, Thomas. Erzählen Sie mir, was Weathers gefunden hat. Selbstverständlich können Sie sich auf meine Diskretion verlassen.«
    Tom zog die Computer-Darstellung aus

Weitere Kostenlose Bücher