Der Canyon
geschmiegt, war eine winzige, aber fast perfekt erhaltene Felsenwohnung der Anasazi – vier kleine Räume aus Sandsteinbrocken mit Lehmmörtel. Er schob sich vorsichtig um die Felsnase herum – wie, um Himmels willen, hatte jemand hier seine Kinder großgezogen ? – und kniete sich hin, um in den Eingang zu schauen. Der winzige Raum war leer, bis auf ein paar verbrannte Maiskolben und einige Tonscherben. Ein einzelner Sonnenstrahl fiel durch ein Loch in der Mauer und erzeugte einen leuchtenden Lichtfleck auf dem Boden. Dort waren Fußspuren im Staub zu erkennen, die aus jüngster Zeit stammen mussten – Wanderstiefel mit kantigem Profil in der Sohle. Ford fragte sich, ob diese Abdrücke von dem Schatzsucher stammten. Es erschien ihm recht wahrscheinlich; wenn man diesen Winkel der Mesas absuchen wollte, konnte man keinen besseren Aussichtspunkt finden.
Er richtete sich auf und ging langsam auf dem Felsvorsprung weiter an der Ruine entlang, bis er uralte Stufen fand, aus dem steilen Sandsteinfelsen geschlagen, die zur Spitze der Kuppe führten.
Vom Gipfel aus hatte er eine überwältigende Aussicht über die Echo Badlands, beinahe bis an den Rand der Welt, so schien es. Links von ihm ragte das gewaltige Profil der Mesa de los Viejos auf, Schicht auf Schicht wie eine riesige Felsentreppe, bis hin zu den Vorbergen der Canjilon Mountains. Er hatte bislang nur selten das Privileg einer so fantastischen Aussicht genossen – als hätte der Schöpfer selbst die Landschaft gesprengt und verbrannt und nichts als Wüste zurückgelassen.
Ford blätterte seine Karten durch und zog eine heraus. Er folgte den Quadranten der Karte mit den Augen und zeichnete dann im Geiste dieselben Quadranten über die Badlands, die er vor sich sah. Nachdem er die Landschaft in Sektoren aufgeteilt hatte und mit der Anordnung zufrieden war, holte er sein Fernglas hervor und begann, den Sektor abzusuchen, der am weitesten östlich lag. Danach wandte er sich dem nächsten zu, und dem nächsten. So arbeitete er sich systematisch durch die Landschaft, auf der Suche nach der sonderbaren Felsformation von dem Computerbild.
Die erste Runde ergab zu viele Kandidaten. Formationen, die einander ähnelten, waren oft nah beieinander gruppiert, weil sie von denselben Wind- und Regeneinflüssen aus demselben Gestein geformt worden waren. Ford gelangte immer mehr zu der Überzeugung, dass er auf der richtigen Spur war, dass der T-Rex irgendwo hier in den Echo Badlands lag. Er musste nur näher an ihn herankommen.
Die nächste Viertelstunde verbrachte er damit, jeden Sektor ein zweites Mal abzusuchen; zwar sahen viele Felsformationen so ähnlich aus wie die gesuchte, aber keine passte haargenau. Natürlich war es möglich, dass er die richtige Formation sah, aber aus einem falschen Winkel, oder dass sie in einem der Canyons am anderen Ende der Badlands verborgen war. Während er den Blick schweifen ließ, stach ihm ein Canyon besonders ins Auge. Tyrannosaur Canyon. Das war die längste Schlucht dieser Mesas, tief und vielfach gewunden. Sie zog sich mehr als dreißig Kilometer weit durch die Echo Badlands und hatte Hunderte, wenn nicht Tausende von Abzweigungen und Seitenschluchten. Er identifizierte den riesigen Basaltmonolith, der den Eingang markierte, und folgte ihrem gewundenen Pfad mit dem Fernglas. Tief in den Badlands verbreiterte sich die Schlucht zu einem kleinen Tal voller seltsamer, kuppelförmiger Felsen. Einige dieser Kuppeln sahen dem Radarbild unheimlich ähnlich – mit breiteren Köpfen und schmaleren Hälsen. Sie waren zusammengewürfelt wie ein Haufen kahler alter Männer, die sich aufgeregt flüsternd unterhielten.
Ford bestimmte die Entfernung zwischen Sonne und Horizont mit ausgestrecktem Arm und entschied, dass es etwa vier Uhr sein musste. Da es Juni war, würde die Sonne erst nach acht Uhr untergehen. Wenn er sich beeilte, konnte er das Grüppchen Sandsteinkuppeln vor dem Dunkelwerden erreichen. Es sah nicht so aus, als gäbe es da unten Wasser, aber er hatte seine beiden Feldflaschen gerade erst an einem rasch verdunstenden Tümpel aufgefüllt, den der schwere Regen vor ein paar Tagen hinterlassen hatte. Er hatte also noch vier Liter Reserve. Er würde irgendwo unten in diesem beeindruckenden Canyon lagern und morgen bei Sonnenaufgang mit der Erkundung beginnen. Morgen war Sonntag. Der Tag des Herrn.
Er schob den Gedanken beiseite.
Ford warf einen letzten Blick durch das Fernglas auf die tiefe, geheimnisvolle Schlucht. Er
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