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Der Canyon

Der Canyon

Titel: Der Canyon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas - Preston
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der Tasche und breitete sie auf dem Couchtisch aus.
    Langsam, aber dennoch mit gewaltigem Schwung richtete sich der mächtige Leib von Harry Dearborn in stummer Fassungslosigkeit aus dem Sessel auf.

16
    Maddox stand vor der Frau, die auf dem Bett lag, das blonde Haar wie einen Heiligenschein über das Kissen gebreitet. Sie hatte gerade begonnen sich zu regen und leise gestöhnt – endlich schlug sie die Augen auf. Er sagte nichts und beobachtete, wie der Ausdruck in diesen Augen von Verwirrung in Angst umschlug, als sie sich erinnerte.
    Er hob die Waffe an, so dass sie sie sehen konnte. »Keine Dummheiten. Du darfst dich aufsetzen, mehr nicht.«
    Sie richtete sich auf, verzog dabei schmerzvoll das Gesicht, und die Schellen an ihren Handgelenken und Knöcheln klimperten.
    Er bedeutete ihr, sich umzusehen. »Und … wie findest du das?«
    Keine Antwort.
    »Ich habe hart dafür geschuftet, dass du es hier hübsch hast.«
    Er hatte ein kleines Tischtuch über die Kabelrolle gebreitet, ein paar Blumen in ein leeres Marmeladenglas gesteckt und sogar einen signierten, limitierten Druck aus dem Haupthaus hier an die Wand gehängt. Die Kerosinlampe tauchte den Raum in gelbliches Licht, und es war angenehm kühl hier im Vergleich zur nachmittäglichen Hitze da draußen.
    Die Luft war gut – keine giftigen Gase oder sonstigen ungesunden Dämpfe.
    »Wann kommt Tom nach Hause?«, fragte Maddox.
    Keine Antwort. Die Blondine wandte den Blick ab.
    Allmählich reichte es ihm. »Schau mich an.«
    Sie ignorierte ihn.
    »Ich habe gesagt, du sollst mich anschauen.« Er hob die Waffe.
    Sie drehte langsam und trotzig den Kopf und sah ihn an. Hass blitzte in ihren grünen Augen.
    »Gefällt dir, was du siehst?«
    Sie sagte nichts. Ihr Blick war so intensiv, dass Maddox ihn ein wenig beunruhigend fand. Sie sah nicht verängstigt aus. Aber sie hatte Angst, das wusste er. Sie verging fast vor Angst. Es konnte gar nicht anders sein. Und sie hatte allen Grund dazu.
    Er stand auf, schenkte ihr sein gewinnendes, schiefes Lächeln und breitete die Arme aus. »Ja, schau nur genau hin. Ich bin gar nicht so übel, wie?«
    Keine Reaktion.
    »Du wirst in nächster Zeit eine Menge von mir zu sehen bekommen, weißt du das? Ich werde damit anfangen, dass ich dir die Tätowierung auf meinem Rücken zeige. Kannst du erraten, was es ist?«
    Keine Reaktion.
    »Es hat zwei Wochen gedauert, sie zu stechen, vier Stunden pro Tag, vierzehn Tage lang. Ein Knastkumpan hat sie mir gemacht, ein wahres Genie mit der Nadel. Weißt du, warum ich dir das erzähle?«
    Er wartete, doch sie sagte nichts.
    »Weil die Tätowierung der Grund dafür ist, dass wir beide heute hier sind. Und jetzt hör mir gut zu. Ich will dieses Notizbuch. Dein Mann hat es. Wenn er es mir gibt, lasse ich dich frei – ganz einfach. Aber dazu muss ich mit ihm Kontakt aufnehmen. Hat er ein Handy? Gib mir die Nummer, und du könntest in ein paar Stunden wieder zu Hause sein.«
    Endlich sagte sie etwas. »Schlagen Sie doch im Telefonbuch nach.«
    »Ach, warum musst du dich aufführen wie ein Miststück?«
    Sie sagte nichts. Vielleicht glaubte sie immer noch, sie hätte in dieser Situation irgendetwas zu melden. Er würde es ihr zeigen müssen. Er würde sie brechen wie eine junge Stute.
    »Siehst du die Ketten da an der Wand? Die sind für dich, falls du es noch nicht erraten hast.«
    Sie drehte sich nicht um.
    »Schau sie dir gut an.«
    »Nein.«
    »Steh auf.«
    Sie blieb sitzen.
    Er zielte mit der Waffe auf ihren Knöchel, dann haarscharf daneben, und schoss. Der Krach war in dem engen Tunnel ohrenbetäubend, und sie sprang vor Schreck in die Luft wie ein Reh. Die Kugel war durch die Matratze gedrungen, und Flöckchen der Polsterung schwebten herab.
    »Verdammt. Daneben.«
    Er zielte wieder. »Du wirst dein Leben lang humpeln. Jetzt steh auf.«
    Sie stand auf, und die Hand- und Fußschellen klimperten.
    »Geh da rüber, wo die Ketten in der Wand verankert sind. Du wirst jetzt deine Handschellen abnehmen und die Eisenschellen da anlegen.«
    Nun sah er, wie Angst ihre arrogante Miene durchdrang, obwohl sie sich bemühte, sie im Zaum zu halten. Er zielte mit der Waffe auf sie. »Ein Schuss könnte dich sogar töten, falls ich eine Arterie erwische.«
    Keine Antwort.
    »Tust du jetzt, was ich sage, oder muss ich dir in den Fuß schießen? Letzte Warnung.«
    Wieder einmal war es ihm todernst, und sie merkte es.
    »Ich mach's ja schon«, sagte sie mit erstickter Stimme. Das Wasser lief ihr aus den

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