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Der Canyon

Der Canyon

Titel: Der Canyon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas - Preston
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wartete auf eine Reaktion – Aufregung, Staunen, Skepsis. Nichts.
    »Sonst noch etwas?«, fragte Corvus.
    »Dann sind da noch die Venus-Partikel.«
    »Venus-Partikel?«
    »So bezeichne ich diese schwarzen Partikel, die Sie bemerkt haben, weil sie unter dem Mikroskop so ähnlich aussehen wie das Symbol für die Venus – ein Kreis, aus dem ein Kreuz herausragt. Sie wissen schon, dieses feministische Symbol.«
    »Ein feministisches Symbol«, wiederholte Corvus.
    »Ich habe einige Tests daran durchgeführt. Es handelt sich weder um eine mikrokristalline Konkretion, noch sind sie durch Fossilisation entstanden. Es sind kleine Kugeln aus anorganischem Karbon, aus denen eine Art Zweig hervorragt; im Inneren erkennt man einige Spurenelemente, die ich noch nicht analysiert habe.«
    »Verstehe.«
    »Sie sind alle von derselben Form und Größe, was einen biologischen Ursprung nahelegen würde. Offenbar waren sie im Körper des Dinosauriers vorhanden, als er starb, und blieben dann einfach da, unverändert, fünfundsechzig Millionen Jahre lang. Sie sind … sehr seltsam. Es wird eine Menge Arbeit sein, herauszufinden, was das ist, aber ich frage mich, ob diese Partikel irgendwie infektiös sein könnten.«
    Am anderen Ende der Leitung herrschte immer noch dieses seltsame Schweigen. Als Corvus endlich etwas sagte, sprach er mit sehr leiser Stimme. Er klang verstört. »Sonst noch etwas, Melodie?«
    »Das ist alles.« Als wäre das nicht mehr als genug. Was war nur mit Dr. Corvus los? Glaubte er ihr etwa nicht?
    Die Stimme des Kurators klang so ruhig, dass sie ihr beinahe unheimlich vorkam. »Melodie, Sie haben gute Arbeit geleistet. Ich spreche Ihnen mein ausdrückliches Lob aus. Jetzt hören Sie mir gut zu: Ich möchte, dass Sie folgendes tun. Ich möchte, dass Sie alle CDs einsammeln, alle Teile der Probe, alles in Ihrem Labor, was mit diesem Auftrag zu tun hat, und es sicher in Ihrem Probenschrank einzuschließen. Falls noch irgendetwas auf dem Computer ist, löschen Sie es mit Hilfe des Programms, das Dateien vollständig und endgültig von der Festplatte entfernt. Dann gehen Sie nach Hause und schlafen sich erst einmal aus.«
    Sie war fassungslos. War das alles, was er ihr zu sagen hatte – dass sie Schlaf brauchte?
    »Würden Sie das für mich tun, Melodie?«, hörte sie seine sanfte Stimme. »Schließen Sie alles weg, löschen Sie alles aus dem Computer, gehen Sie nach Hause, schlafen Sie sich aus, essen Sie etwas Gutes. Morgen früh besprechen wir, wie es weitergeht.«
    »Also gut.«
    »Schön.« Kurze Pause. »Wir sehen uns morgen.«
    Nachdem Melodie aufgelegt hatte, saß sie wie betäubt in ihrem Labor. Nach all der harten Arbeit und den unglaublichen Entdeckungen verhielt sich Corvus, als sei ihm das Ganze gleichgültig – als glaube er ihr gar nicht. Ich spreche Ihnen mein ausdrückliches Lob aus. Sie hatte gerade eine der bedeutendsten Entdeckungen in der Geschichte der Paläontologie gemacht, und er tat nichts weiter, als ihr ein Lob auszusprechen? Und ihr zu sagen, sie solle schlafen gehen?
    Sie sah auf die Wanduhr. Klonk machte der Minutenzeiger. Elf Uhr fünfzehn. Sie blickte auf ihren Arm hinab, auf das Armband, das an ihrem Handgelenk glitzerte, auf ihre jämmerlich kleinen Brüste, ihre dünnen Hände, ihre abgebissenen Fingernägel, ihre hässlichen, sommersprossigen Arme. Melodie Crookshank, dreiunddreißig Jahre alt, immer noch Laborassistentin ohne Aussicht auf Karriere, ein wissenschaftlicher Niemand. Sie spürte Wut in sich aufflackern. Plötzlich musste sie an ihren strengen Vater denken, einen Universitätsprofessor, der gern und oft verkündet hatte, sie solle nicht zu »irgendeinem dümmlichen Weibsbild« heranwachsen. Sie dachte daran, wie sehr sie sich bemüht hatte, es ihm recht zu machen. Und sie dachte an ihre Mutter, die ihr Hausfrauen-Dasein verabscheute und sich durch den Erfolg ihrer Tochter ein Stück selbst verwirklichen wollte. Melodie hatte versucht, es auch ihr recht zu machen. Sie dachte an die vielen Lehrer, denen sie es hatte recht machen wollen, die Professoren, ihren Doktorvater.
    Und jetzt Corvus.
    Und wo hatte das ganze Liebsein und Rechtmachen sie hingebracht? Ihr Blick schweifte durch das deprimierende Kellerlabor.
    Zum ersten Mal fragte sie sich, wie genau Corvus eigentlich mit ihren gemeinsamen Entdeckungen verfahren wollte. Und es war schließlich ihre gemeinsame Entdeckung – allein hätte er das nie fertig gebracht. Er konnte nicht gut mit den Geräten umgehen,

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