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Der Cartoonist

Der Cartoonist

Titel: Der Cartoonist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Costello
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ähnliche Szene erlebt?
Hundert Mal? Zweihundert Mal? Er sah einen Techniker, der für die Beatmung
sorgte und mit den Reglern der künstlichen Lunge so herumhantierte, als hänge
ein kleiner Junge mit Leib und Seele an seinem Videospiel; eine
Krankenschwester, die mit grimmiger Miene die blutbefleckten beim
Luftröhrenschnitt verwendeten Instrumente einsammelte — so über ihr
Operationsbesteck gebeugt, als erwarte eine erschöpfte Kellnerin das Ende ihrer
Doppelschicht. Und da lag auch die Patientin: still und starr in einem
blütenweißen Bett, während ein unbarmherziges Gummigebläse Zug um Zug
Sauerstoff in ihre Lunge pumpte.
    Nur, dass
diesmal seine eigene kleine Tochter die Patientin war.
    Diesmal war es
Kath.
    Die künstliche
Lunge war mit einem Plastikteil an ihrer Kehle verbunden. Aus dem Einschnitt
sickerte ein Tropfen Blut, durch die ausgetretene Gewebeflüssigkeit zu blassem
Rosa verdünnt. Wie eine blutige Träne rann der Tropfen an ihrem Hals herunter.
    Scott wurde
schwindelig, fast wäre er in Ohnmacht gefallen. Als er sich vorstellte, wie
alle lebensrettenden Apparate verschwanden, blieb nur ein einziges Bild zurück.
Das Bild, wie Kath in einem Sarg aus Mahagoni lag, dessen Deckel offen stand.
Der penetrant süßliche Geruch von Blumen war so unerträglich, dass ihm übel
wurde; er spürte, wie sich ihm langsam, aber sicher der Magen umdrehte ...
    Als er die
Augen schloss, verschwand das Bild. Und als er sie wieder öffnete, war er mit
seiner Tochter allein im Zimmer.
    Er bemerkte,
dass Jinnie unter dem Bett auf dem Fußboden lag. In der Hektik der
lebensrettenden Maßnahmen, die Arzt und Schwestern erst vor wenigen Minuten in
diesem Raum durchgeführt hatten, war die Puppe aus dem Bett gefallen. Es
    war nur ihr
aufgedunsenes Gesicht zu sehen; die niemals zwinkernden Augen schienen ihn
anzuklagen. Er hob sie auf und setzte sie wieder auf Kaths Kopfkissen.
    Kaths Augen
waren geschlossen.
    Sie
schläft, dachte er und tröstete sich mit dieser Selbsttäu schung. Sie macht nur ein Nickerchen. Er legte eine Hand an ihre Stirn.
    Gleich darauf
hob er zum Test ihrer Reflexe - das hatte er wahrend des Medizinstudiums
gelernt - ihre Lider an und untersuchte die Augäpfel.
    Nichts.
Schwarze. Dunkle Teiche stillstehenden kalten Wassers.
    Am liebsten
hätte Scott sich sofort bemüht, sie aufzuwecken, sie zu erreichen, sie aus den
trüben Teichen dieser Augen, in denen ihr Selbst unterging, herauszuholen. Es
war der Arzt in ihm, der diesen schrecklichen Versuch vereitelte.
    Scott zog sich
zurück.
    Und dann kam
ihm eine Idee, die so völlig unglaublich und dennoch unwiderstehlich war, dass
er schon beim Gedanken an diese Möglichkeit zu zittern begann. Er hatte zwar
keine rationale Vorstellung davon, mit wem oder was er es hier zu tun hatte -
aber schließlich war ja auch nichts von allem, was geschehen war, rational,
oder? War er dem Teufel persönlich, verkörpert durch diesen ekelhaften Alten,
von Angesicht zu Angesicht begegnet? Oder war es irgendein verbitterter
Racheengel Gottes? Wenn ihm vor vier Tagen (war es wirklich erst vier Tage
her?) jemand erzählt hätte, er werde innerhalb weniger Stunden ohne Wenn und
Aber an übersinnliche Erscheinungen glauben, hätte er herzlich darüber gelacht.
Hätte dieselbe Person behauptet, er werde keine Woche später ernsthaft über
einen Pakt mit dem Teufel nachsinnen, hätte er ihr eine Zwangseinweisung in die
Psychiatrie verpasst.
    Aber wenn der
Alte diese Dinge nur dadurch, dass er sie zeichnete, geschehen lassen konnte —
und tat er nicht genau das? —, dann konnte er sie vielleicht auch wieder aus
der Welt schaffen. Womöglich würde man ihn dazu überreden können,
    Kath ihr
normales Selbst zurückzugeben und ihre Seele zu retten, so dass sie wieder in
diese leeren Augen zurückkehrte.
    In diesem
Augenblick schoss Scott die Möglichkeit durch den Kopf, dass er völlig
durchgeknallt war, aber er verwarf sie schnell wieder, ging zu einem Telefon
und rief den Flughafen an. Dort konnte man ihm einen Platz für einen Direktflug
um drei Uhr nachmittags reservieren, also würde er um zehn nach vier in Ottawa
eintreffen. Jetzt war es zwanzig nach zwei.
    Er kehrte ins
Zimmer zurück, griff nach seiner Flugtasche und warf einen letzten Blick auf
Kath, ehe er davoneilte. Am Zimmereingang stieß er mit Caroline zusammen.
    »Scott, wo
gehst du hin ?«
    Er packte sie
so heftig am Arm, dass er ihr wehtat. »Bleib bei ihr«, sagte er mit
wahnsinniger Eindringlichkeit

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