Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Cartoonist

Der Cartoonist

Titel: Der Cartoonist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Costello
Vom Netzwerk:
war. Während der drei oder vier
Minuten, in denen Scott um sein Leben kämpfte, hatte Kath erstmals in ihrem
Leben wirkliche Angst empfunden, nackte Angst. Und wie ein Junkie, der sich
gerade seinen Schuss gesetzt hat, musste sie erst einmal wieder davon
herunterkommen. Obwohl Kaths Reaktion ihm Sorgen bereitete, glaubte er zu
wissen, was sie durchmachte. Die pure Angst hatte auch ihn dort unten, auf dem
Grunde des Sees, an den Rand des Wahnsinns getrieben.
    »Ich werd'
mich ein Weilchen aufs Sofa legen«, sagte er.
    »Möchte ein
bisschen bei meinem Mädchen bleiben .« Kath half ihrer
Mutter, Scott auf die Couch zu betten.
    »Bist du
sicher, dass ich dir nicht doch irgendetwas holen soll ?« ,
fragte Krista, nachdem Scott ausgestreckt und zugedeckt auf dem Sofa lag.
    »Mir geht's
gut. Wirklich.« Gleich darauf fragte er - beiläufig, wie er hoffte, was ihm
allerdings schlecht gelang - die beiden: »Hat jemand meine Kamera gefunden ?«
    Krista
schüttelte den Kopf: »Welche Kamera ?«
    »Hab ich ganz
vergessen«, murmelte Kath, deren Miene ein schlechtes Gewissen verriet und
gleichzeitig unglücklich wirkte.
    »Was hast du
überhaupt da unten getrieben ?« , fragte Krista.
    Scott wollte
den wirklichen Grund nicht verraten, denn angesichts dessen, was geschehen war,
schien er von ziemlich weit hergeholt.
    »Nichts
Besonderes. Ich hatte nur plötzlich die Idee, die Minolta auszuprobieren. Dort
unten, tief in den Algen, tummelten sich ein paar Sonnenbarsche. Ich wollte sie
gern fotografieren. Würdest du mal nachsehen? Nach der Kamera, meine ich ?«
    »Na gut,
Monsieur Cousteau«, sagte Krista. »Alles, was dein Herz begehrt« Sie küsste ihn
sanft auf die Stirn. »Ich bin nur froh, dass es dir gut geht« Mit breitem
Lächeln ließ sie ihn mit seiner Tochter allein.
    Scott klopfte
auf den Rand der Couch. »Komm und setz dich zu mir«, sagte er liebevoll. Kath
kam seinem Wunsch zwar nach, reagierte jedoch eher mechanisch und wie benommen.
Er zog sie nah zu sich heran und küsste sie auf die Wange. Ihre Haut fühlte
sich fiebrig an.
    »Mir fehlt
nichts, Kleines«, sagte er. Kaths Unterlippe zitterte, als sie versuchte, ihre
Tränen zu unterdrücken. »Mir ist nichts passiert Und Bob hatte Recht, weißt du.
Ich muss dir dafür danken .« Das Zittern verwandelte
sich in den Anflug eines Lächelns. Aber eine einsame Träne trat ihr doch aus
den Augen, rollte die Wange hinunter und fiel auf Scotts Handrücken.
    »Geht's dir
wirklich gut, Daddy ?« , fragte Kath, während ihre Augen
in Tränen schwammen.
    »So gut wie eh
und je.«
    Kath umarmte
ihn so abrupt und heftig, dass es ihm wehtat, und ließ den Tränen mit heftigem
Schluchzen freien Lauf. Immer noch zitternd, tat Scott sein Bestes, um sie zu
trösten.
    Krista hatte
sich eine von Scotts Windjacken wie ein Cape um die Schultern gelegt und ging
barfuß den Hügel zum See hinunter, wobei sie darauf achtete, auf dem nassen
Gras nicht auszurutschen. Der Himmel, der inzwischen so weit aufgeklart war,
dass die Sonne hier und da durch die Wolkendecke blinzelte, verfinsterte sich
schon wieder, und es lag etwas Unruhiges in der Luft. Als Krista den Anlegesteg
betrat, hörte sie das Platschen und Gluckern des Wassers unter ihren Füßen und
zog die Jacke enger um sich. Dieser verrückte Morgen hatte ihr Denkvermögen
vorübergehend lahm gelegt, so dass sie eine Weile brauchte, bis ihr wieder
einfiel, wozu sie eigentlich hergekommen war.
    Die Kamera.
    Während sie
auf der Suche nach der Minolta ihre Runden über den Steg machte, tauchten in
ihrem Inneren plötzlich ungelöste Fragen auf. Sonnenbarsche?, wiederholte eine Stimme in ihrem Kopf. Warum sollte er hier nach Sonnenbarschen tauchen? Aber sie fand keine Antwort darauf, sondern spürte
nur unendliche Erleichterung, dass er noch lebte.
    Krista hatte
fast schon aufgegeben, als sie die Kamera plötzlich doch noch entdeckte. Sie
hatte sich in den zum Teil unter Wasser liegenden Asten einer Trauerweide
verfangen, die am Rande ihres Grundstücks stand. Wie die Fragen in ihrem Kopf
tauchte der Fotoapparat unvermittelt auf, um gleich wieder zu versinken. Sie
musste bis zu den Knien ins Wasser waten, um ihn herauszuholen. Ihre Jeans
wurde dabei ganz nass, aber das machte ihr nichts aus. Sie hob die Kamera aus
dem Wasser und verstaute sie sofort in irgendeiner Tasche, da es sie nervte,
wie das flache, gelbe Gehäuse im Zwielicht des heraufziehenden Gewitters
funkelte.
    Als Krista vom
See zurückkehrte, stellte sie fest, dass ihr

Weitere Kostenlose Bücher