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Der Cartoonist

Der Cartoonist

Titel: Der Cartoonist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Costello
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einem
erstickten Schrei fuhr er hoch. Wieder spürte er, wie der See ihm die Kehle
zudrückte. Aber es war nur ein Kissen, das er sich während des Schlafs über das
Gesicht gezogen hatte. Es war zwar federleicht, hatte ihm im Traum jedoch das
Gefühl zu ertrinken gegeben. Als Krista seinen Schrei hörte, stapfte sie in
Windeseile die mit Teppichboden ausgelegte Treppe hinunter zu ihm ins
Fernsehzimmer und rief alarmiert seinen Namen.
    »Mir geht's
gut«, sagte Scott »Hab mir selbst einen Schrecken eingejagt. Das ist alles .« Er rollte sich auf die Seite und versuchte, sich
aufzurichten.
    Erst jetzt
wurde ihm klar, welchen Schaden sein kurzer Kampf unter Wasser angerichtet
hatte. Seine Gliedmaßen fühlten sich an, als habe jemand, während er sich träge
seinen Träumen hingegeben hatte, die Knochen mit flüssigem, von Kies
durchsetztem Zement ausgegossen, der mittlerweile gehärtet war. Alle Muskeln
muckten bei der kleinsten Bewegung vor höllischem Schmerz hörbar auf. Als er
sich nach vorn lehnte, um sich selbst irgendwie aus dem Bett zu schieben, zogen
sich seine Bauchmuskeln zu einem unglaublichen Krampf zusammen. Um die
Schmerzen zu lindern, musste er Krista bitten, seine Beine durchzudrucken,
damit er sie ausstrecken konnte. Mit ihrer Hilfe setzte er sich schließlich auf
die Bettkante, wo er wütend mit einer persönlichen Bestandsaufnahme begann.
    Wie sich
herausstellte, waren die steifen, empfindlichen Muskeln noch das geringste
Problem. Der Schmerz hatte sich seinen Weg direkt in die Knochen gebahnt. Schon
bei der geringsten Bewegung fühlte er sich so, als habe irgendjemand
Metallfüllungen mit scharfen, gezackten Kanten in jedes seiner Gelenke
implantiert. Seine Wirbelsäule glich einer Turnierlanze, die man ihm vom Kopf
bis zum Hintern durch den Körper getrieben hatte. Trotz Kristas perfektem
Verband pochte der Schmerz in seinem Bein. Die Hüfte war eine einzige
empfindliche Schwellung: Bei Scotts letztem Befreiungsversuch waren die
Gelenkkapseln und einige der umliegenden Muskelfasern zerrissen - eine
Verletzung, die sich noch lange bei jedem Wetterwechsel böse bemerkbar machen
würde, wie er wusste. Außerdem zirkulierte das Blut noch nicht wieder in den
Gliedern: Sie waren so kalt wie die eines Leichnams. Seine Finger schmerzten.
Seine Zehen schmerzten. Seine Zähne schmerzten ... Sogar seine Kopfhaut
schmerzte.
    Er stöhnte
auf. Und als Krista ihn bemutterte, ließ er sie gewähren.
    »Oh, du mein
armer Liebling«, gurrte sie. »Das muss ja furchtbar für dich gewesen sein .« Sie streichelte seine stoppelige Wange. »Ich wusste erst
gar nicht, was ich denken sollte, als ich Kath da unten so schrecklich schreien
hörte. Ich dachte, sie hätte sich verletzt oder so was. Ihre Freundin Lita ist
wie ein erschrockenes Karnickel davongerannt .« Als sie
ihn noch fester an sich drückte, zuckte er zusammen. »Dem Himmel sei Dank, dass
du es überstanden hast. Möchtest du irgendwas? Etwas zu essen oder trinken? Wie
geht's deinem Bäuchlein ?«
    Scott lächelte
und entdeckte dabei, dass auch diese Muskeln schmerzten. Er merkte, dass Krista
in einem leichten Schockzustand war. Wahrscheinlich würde sie völlig ausrasten,
sobald auch nur die Tür hinter ihrem Rücken zuknallte.
    »Mein Hals tut
vom Husten weh«, sagte er. »Ich glaube nicht, dass ich jetzt schon richtig
schlucken kann. Aber ich würde ganz gern nach oben gehen .«
    Krista half
ihm auf die Beine. Für einen Moment wurde ihm etwas schwindelig, und das Zimmer
schien sich um ihn herum zu drehen, aber das gab sich bald. Während er mit den
Treppenstufen kämpfte und sich dabei fest auf Krista sowie das Geländer auf der
anderen Seite stützte, wurde ihm seine eigene Schwäche bewusst - und dabei
musste er plötzlich an den Zeichner und dessen verschrumpelten Körper denken.
    Was ihn auf
die Minolta brachte.
    Am oberen Ende
der Stufen angekommen - von hier aus war ein Teil des Wohnzimmers einzusehen -,
entdeckte Scott seine Tochter. Kath hockte auf dem Fußboden und schaute sich
die Bugs-Bunny-Show im Fernsehen an. Er sah auch, dass ihr Blick nicht
auf die Mattscheibe, sondern auf ihre Hände gerichtet war, die starr und eng
ineinander verschlungen in ihrem Schoß lagen.
    Als Kath ihre
Eltern kommen hörte, fuhr sie erschrocken herum. Während die beiden ins Zimmer
humpelten, schenkte sie ihnen ein müdes Lächeln.
    Mit
professionellem Blick erkannte Scott sofort, dass das Verhalten seiner Tochter
Ausdruck eines schweren emotionalen Traumas

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