Der Chaos-Pakt
Schriftrollen und Bücher in der Großen Bibliothek angesehen, aber sie konnten uns wenig über Cyador verraten«, räumte Nylan ein. »Es gibt dort zwar Geschichten über Dinge, die angeblich geschehen sind, aber keine Erklärungen. Um Euch zu helfen, müssen wir mehr erfahren. Wir dachten, es wäre eine gute Idee, wenn wir Fornal auf seiner Expedition zum Bergwerk begleiten.«
»Ihr wollt Fornal beim Kampf gegen die Cyadoraner begleiten?« Gethen riss die Augen auf. »Und Euren Sohn zurücklassen?«
»Ich hatte nicht die Absicht, ihn hier zu lassen, Ser Gethen. Ich hatte gehofft, von Euch die Erlaubnis zu bekommen, eine Schmiede zu benutzen, wo ich einen Sitz bauen kann, der hinter meinen Sattel passt.«
»Die Schmiede sollt Ihr haben, aber Kinder gehören doch nicht aufs Schlachtfeld.«
»Wo wäre er sicherer als bei mir?«, fragte Nylan. »Ich mag nicht in Erwägung ziehen, ihn mehrere Tagesreisen entfernt zurückzulassen. Ein Engelskind allein in Lornth?« Der Schmied fragte sich, ob er zu weit gegangen sei, aber er wartete äußerlich gelassen ab.
Der grauhaarige Regent kratzte sich am Bart, sagte aber nichts.
Nylan und Ayrlyn warteten.
Schließlich schüttelte Gethen den Kopf. »Seltsame Zeiten sind es ... viele Menschen wünschen sich, Ihr wärt nicht hergekommen. Wie der junge Sillek sprecht Ihr Dinge aus, die nicht viele auszusprechen wagen. Aber wenn man die Fragen verdrängt, verschwinden die Dinge doch nicht. Das lernt man, wenn die Haare grau werden. Jedenfalls lernen es manche.« Er hielt inne. »Und manche reden zu viel, ohne die Fragen zu beantworten, die man ihnen gestellt hat.«
Der ältere Regent runzelte die Stirn. »Es werden auch Köche und Wagner mitfahren ...« Er zuckte die Achseln. »Eine Amme ... die der Heilerin hier zur Hand gehen könnte ... das ließe sich machen.«
»Was ließe sich machen?«
»Ich werde eine Amme mitschicken, die Euch helfen kann, Heilerin«, sagte Gethen. »Oder Euch beiden. Ihr seid doch beide Heiler, nicht wahr?«
»Ayrlyn ist besser«, gab Nylan zurück. »Sie hat mehr Erfahrung.«
»Der Schmied ist stärker«, erklärte die rothaarige Frau. »Deshalb arbeiten wir zusammen.«
»Also seid Ihr Krieger, Gelehrte und Heiler. Und Ihr seid Sängerin und er ist ein Schmied. Welche verborgenen Fähigkeiten habt Ihr noch?«, schnaubte der Regent.
»Mir fällt sonst nichts mehr ein«, sagte Nylan. »Außer, dass es mir immer wieder gelingt, Menschen zu erzürnen, bei denen ich es nicht wollte.«
»Irgendwie scheint dies aber eine weit verbreitete Begabung zu sein – von jenen, die nichts getan haben, bis zu jenen, die an allem schuld sind.« Gethen zuckte mit den Achseln. »Da sich die Leute sowieso aufregen, ob man nun etwas tut oder nicht, ist es meist besser, etwas zu tun, und sei es nur um der eigenen Selbstachtung willen.« Der ältere Regent lächelte müde. »Und dann sagen sie einem nach, es wäre nicht Selbstachtung gewesen, sondern Dünkelhaftigkeit.«
Die Engel konnten nicht anders als lächeln.
»Die Zeiten verändern sich und ich werde das Pferd wechseln müssen, so schwer es mir auch fällt.« Gethen wandte sich an Nylan. »Ich werde mit Husta reden, dem Schmied meines Anwesens. Ihr könnt von ihm bekommen, was Ihr braucht. Und ich werde mit Zeldyan und Fornal sprechen.« Er zuckte mit den Achseln. »Ich bin nur einer von drei Regenten, aber ich hoffe doch, dass Fornal es für sinnvoll hält, Eure Erfahrung und Eure Schwerter zur Hand zu haben.«
»Danke.« Nylan neigte den Kopf.
»Ich glaube, eher sollte ich Euch danken«, antwortete Gethen. »Wer gegen die Weißen reitet oder sich ihnen auch nur nähert, muss um sein Leben fürchten.« Er nickte. »Und wenn Ihr einen Reitsitz für Euren Sohn bauen könnt, wird Zeldyan Euch vielleicht bitten, auch für sie einen zu machen.«
»Wenn es mir gelingt, will ich das gern tun«, versprach Nylan.
»Es wird Euch gelingen, Engel. Daran habe ich nicht die geringsten Zweifel.« Noch einmal nickte Gethen.
Nylan wünschte, er wäre sich so sicher wie Gethen. Oder wenigstens halb so sicher.
XLVIII
N ylan sah vom Turm aus nach Westen. Die dünnen Wolken verdeckten die Sonne gerade weit genug, dass sie als goldene Kugel niedrig über den grünen Feldern jenseits des Flusses hing. »Wir haben noch nichts gehört.«
»Große Dinge«, erwiderte Ayrlyn ironisch, »brauchen ihre Zeit. Und das Warten verbringt man gewöhnlich bei einem Glas Wein oder starken geistigen Getränken am
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