Der Chaos-Pakt
Abend.«
»Ooooh ...«, machte Weryl, der vor Nylans Füßen hockte und versuchte, den feinen Staub aufzuklauben, der zwischen den Zinnen der Brustwehr auf die Plattform des Turmes geweht war.
»Ich hätte gedacht, dass es etwas ändern könnte, wenn wir für sie in die Schlacht ziehen oder anbieten, ihre Leute auszubilden«, fuhr Nylan fort. »Es ist ja nicht gerade so, als würde Lornth vor ausgebildeten Bewaffneten überquellen.«
»Oooh, da«, warf Weryl ein.
»Lornth quillt auch nicht über vor Liebe für die Engel und es ist wohl ziemlich klar, dass die Grundbesitzer einen erheblichen Einfluss auf die Regenten ausüben.«
Nylan nickte und erinnerte sich, dass eben diese Grundbesitzer den gefallenen Fürsten Sillek anscheinend zu seiner unglückseligen Expedition nach Westwind gezwungen hatten.
Eilige Schritte näherten sich auf der Treppe des Turms. Eine junge Frau, deren schwarzes Haar zu einem losen Zopf gebunden war, kam ins orangefarbene Spätnachmittagslicht gestürzt. Die Augen schossen zwischen Nylan und Ayrlyn hin und her.
»Heiler, bitte, der junge Nesslek ...«
Ayrlyn sah zu Nylan, dann wieder zur schwarzhaarigen jungen Frau. »Nesslek? Der Sohn der Regentin? Was ist mit ihm?«
»Sie sagen, es sei ein Fieber.« Sie schüttelte den Kopf. »Es könnte aber mehr sein ... das Chaos-Fieber ... es hat auch meine Acora umgebracht. Bitte, geht zu ihr. Geht zur Fürstin Zeldyan, bevor es zu spät ist.«
»Hat sie dich geschickt?«
»Ich habe nicht gewartet, bis man mich schickt.«
Ayrlyn lächelte Nylan müde an. »Es ist schön, wenn man wenigstens für etwas gebraucht wird.«
Nylan hob Weryl auf und legte sich den Jungen über die Schulter. »Dann führe uns zu ihr.«
Obwohl die Frau ihn drängte, zwang sich der Schmied, mit gebührender Vorsicht die Treppe hinunterzusteigen. Die Krankheit war vielleicht wirklich nur ein Fieber, aber auch wenn dem nicht so war, brachte es ja nichts, wenn die Heiler die gefährliche Steintreppe hinunterfielen, ehe sie überhaupt zum Patienten kamen.
Doch was konnten sie im Grunde schon tun? Lokale Infektionen, die durch Wunden verursacht wurden, waren eine Sache, aber Nylan war sich gar nicht sicher, was eine Infektion anging, die den ganzen Körper ergriffen hatte. Bei seinem bisher einzigen Versuch, eine solche Erkrankung zu heilen, war er gescheitert. Ellysia war gestorben und er selbst war danach tagelang in schlechter Verfassung gewesen.
»Hier entlang«, drängte die Frau. Dann drehte sie sich um und eilte den düsteren Gang hinunter zu den Gemächern der Regentin.
Mit Weryl auf dem Arm näherte Nylan sich den Wächtern. Ayrlyn folgte ihm auf dem Fuße.
Die schwarzhaarige Frau blieb vor den Wächtern stehen. »Die Engel sind Heiler und die Fürstin Zeldyan braucht sie.«
Die beiden Wächter in den grün eingefassten Hemden wechselten einen Blick, einer betrachtete die Schwerter an den Hüften der Engel.
Nylan sah an sich hinab. »Oh ... entschuldigt. Wir hatten nicht damit gerechnet, dass man uns hierher rufen würde.«
Ayrlyn zog die Klinge und hielt sie mit dem Griff zuerst dem Wächter hin, dann nahm sie Weryl, während Nylan ihrem Beispiel folgte.
Der vierschrötige Wächter, der auf einmal zwei Kurzschwerter in der Hand hielt, sah sie verwirrt an.
»Melde du sie an«, befahl der dünnere Wächter.
Der dickere Wächter klopfte an die Tür. Hinter dem dicken dunklen Holz waren gedämpfte Stimmen zu hören.
»Die Engel-Heiler sind hier.«
Nach ein paar Augenblicken wurde die schwere Holztür geöffnet und ein Mann mit dunklem Bart trat in den Flur. »Wir brauchen hier keine Engel-Heiler.«
»Verzeihung, Ser Fornal«, erwiderte Nylan, »wir wollen nicht aufdringlich sein, aber man hat uns gerufen.«
»Es ist nicht nötig ...«
Zeldyan trat neben Fornal auf den Flur.
»Fürstin.« Nylan neigte den Kopf.
»Ich habe Euch nicht gerufen, aber ...«, begann die Regentin. Ihr blondes Haar war aufgelöst – das erste Mal, dass Nylan sie so sah. Sie wandte sich an die schwarzhaarige Frau. »Sylenia?«
»Euer Gnaden ... es muss das Chaos-Fieber sein.« Sylenia neigte den Kopf. »Ich weiß es, ich weiß es genau.«
»Das ist nichts weiter«, schnaubte Fornal. »Dem Jungen geht es nicht gut, so ist das eben manchmal bei Kindern. Es geht vorbei, keine Frage.«
Zeldyan sah Fornal lange an, danach die Engel; dann starrte sie den Flur hinunter und schließlich betrachtete sie die Wächter, Sylenia und Weryl.
»Aaaah?«, fragte der Junge.
Zeldyan
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