Der Chaos-Pakt
lächelte leicht. »Engel ... Ihr könnt eintreten. Sylenia, du wartest hier draußen mit ihrem Kind. Wenn es wirklich das Chaos-Fieber ist, sollte er besser nicht mitkommen.«
Nylan übergab seinen Sohn zögernd in Sylenias Obhut. »Du bist hier gut aufgehoben.« Natürlich hatte Zeldyan Recht, zumal es in dieser Kultur keine gut entwickelte medizinische Versorgung gab, aber war es klug, sich selbst und Ayrlyn so sehr auszuliefern?
»Ja, ich werde gut auf ihn Acht geben.« Sylenia strahlte Weryl an. Als er das Strahlen sah, verwandelte sich der anfänglich verwirrte Gesichtsausdruck des Jungen in ergebene Hinnahme.
»Bist du sicher?« Fornal blickte Zeldyan finster an.
»Fornal, Nesslek ist mein Sohn. Engel, wenn Ihr mir bitte folgen wollt.« Zeldyan drehte sich um und die beiden Engel folgten der blonden Regentin ins Wohnzimmer. Nylan nickte, als er den unaufdringlichen Luxus bemerkte – die passend gepolsterten Lehnstühle, der geschnitzte Spiel- oder Esstisch, der schwere purpurne und grüne Teppich, der abgetreten, aber immer noch dick war, alt und offensichtlich von erheblichem Wert. Neben einem Kerzenleuchter lag ein mit Malachit und Silber geschmücktes Haarband wie achtlos abgestreift.
»Er ist im kleinen Schlafzimmer«, sagte die Regentin. Sie durchquerte den Raum und hielt die Tür weit auf. »Alle Kinder haben ihre Krankheiten.« Zeldyan hielt inne. »Heiler sind für Verletzungen und Schnittwunden da, aber nicht für Fieber und das Innere des Körpers. Die Heiler, die ich kenne, nehmen Blut ab und mischen Tränke, aber es hilft nicht.« Die Regentin sah Ayrlyn an. »Ihr wollt ihn doch nicht aufschneiden oder zur Ader lassen?«
»Ihn zur Ader lassen? Nein, warum ... nein, sicher nicht. Niemals«, fügte die Rothaarige energisch hinzu.
Auch Nylan schüttelte den Kopf.
Nesslek lag in dem mit schönem Schnitzwerk verzierten, dunklen Kinderbett auf dem Rücken. Das Kopfkissen war wie der Teppich grün und purpurn gefärbt. Der Atem des Kindes ging schwer, die kleine Stirn war feucht und erhitzt.
Schon aus mehreren Schritten Entfernung konnten die beiden Engel das hässliche Weiß von Chaos und Infektion spüren.
Nylan kniete sich neben das kleine Bett und legte dem fiebernden Kind die Hand auf die Stirn.
»Eindeutig eine Infektion ...«
»Keine Antibiotika, keine entzündungshemmenden Mittel ...«, flüsterte Ayrlyn.
»Das ist schlimm ... ähnlich wie das, was Ellysia hatte.«
Ayrlyn zuckte zusammen.
»Vielleicht gelingt es ... er ist klein«, sagte Nylan leise und ihm war deutlich bewusst, dass die Regentin dicht hinter ihm stand.
»Wir schaffen es.«
Nylan war sich dem nicht so sicher, aber er spürte Ayrlyns Entschlossenheit. So ließ er seine Wahrnehmung wandern, versuchte die Regentin zu ignorieren, achtete nicht auf die geschnitzten Möbel, den handgewirkten Teppich unter den Füßen ... und versuchte, das Chaos in dem keinen Wesen irgendwie in Ordnung zu verwandeln. Schweiß sammelte sich auf seiner Stirn, auf der Brust, auf dem Rücken, breitete sich in allen Kleidungsstücken aus, während sie um das Kind kämpften.
Ayrlyn berührte seine Hand und verstärkte den Kampf mit etwas kühler, schwarzer Ordnung, aber das hässliche Weiß hatte sich im ganzen Körper des Kindes ausgebreitet und hier und dort war das unsichtbare Rot des Chaos zu spüren.
Nylan wischte sich mit dem Unterarm die Stirn ab.
Nesslek atmete zwar etwas leichter, aber Nylan wusste, dass es genau wie bei Ellysia nur eine vorübergehende Linderung war. Sie hatten die Ursache der Infektion noch nicht behoben.
»Ruh dich einen Augenblick aus«, sagte Ayrlyn.
Zeldyan wich einen Schritt zurück, sah aber weiter aufmerksam zu, blickte von ihrem Sohn zu den Heilern und wieder zu ihrem Sohn. »Es geht ihm besser, nicht wahr? Es geht ihm doch besser?«
»Ein wenig, Fürstin«, sagte Ayrlyn leise. »Wir haben etwas Zeit gewonnen, aber wir müssen noch mehr tun.«
Das entsprach der Wahrheit – aber was sollten sie tun?
Aus irgendeinem Grund musste Nylan an Bäume denken, an dicht stehende Bäume in einem alten Wald, umgeben und durchdrungen von einer unglaublich tiefen Ordnung ... und an Chaos dachte er, das beinahe genauso tief reichte. Warum? Warum die Bäume, bei der Dunkelheit? Er wusste genau, dass er diesen Wald noch nie gesehen hatte.
Dann zuckte er mit den Achseln. Wie so oft in Candar war er gezwungen, sich auf seine Gefühle und die Sinne zu verlassen und nicht auf die kühle Logik eines Ingenieurs.
»Was
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