Der Chaos-Pakt
groß gewachsen, und sie sind oft die Besten. Mikersa würde Ser Nylan nicht einmal bis zur Schulter reichen. Es kommt mir zwar komisch vor, dass ein Schmied gleichzeitig auch ein Krieger sein soll, aber bisher hat ja auch noch niemand einen Engelsschmied zu Gesicht bekommen.« Husta nahm einen großen Schluck aus dem verbeulten Becher, dann schob er den Teller auf der Bank zu Nylan hinüber.
Der silberhaarige Mann brach sich ein Stück dunkles Brot ab und schnitt mit dem Messer ein paar Scheiben Wurst und Käse zurecht, sodass beinahe ein Sandwich entstand. Hungrig schlang er drei Bissen herunter und hätte beinahe gelacht. Er hatte ganz vergessen, wie viel Energie das Schmieden kostete, zumal er sich noch kaum von der Heilung des kleinen Nesslek erholt hatte.
»Er isst wie ein Schmied und nicht wie ein feiner Herr!«
»Aber sie reden ihn alle mit ›Ser‹ an«, erwiderte Corin.
Nylan schüttelte den Kopf. Wenn er seine frühere Position bei den Vereinigten Glaubenstruppen bedachte, stand er den Bewaffneten oder besser den Offizieren unter ihnen viel näher als den Fürsten von Lornth.
»Ihr seht so ernst aus, Ser Nylan«, sagte Husta.
»Ich habe nur nachgedacht«, gab Nylan zurück. »Ich war früher ... ich weiß nicht ... es gibt hier nichts, was man direkt damit vergleichen könnte. Ich war eine Art Anführer einer besonderen Einheit von Kämpfern. Aber ein Fürst war ich ganz sicher nicht.«
»Sie nennen ihn ›Ser‹«, fuhr Husta fort, »weil er ein guter Kämpfer und ein Magier ist. Huruc hat mir erzählt, dass er Fürst Fornals Schwert zweimal so schnell auf dem Boden eingeklemmt hatte, dass Fornal überhaupt nicht wusste, wie ihm geschah.«
»Ist das wahr?«, fragte Corin.
»Leider ja«, murmelte Nylan. Er biss vom Brot mit Wurst und Käse ab. Die Kopfschmerzen, die er bisher ignoriert hatte, ließen allmählich nach.
Corin sah Husta an.
»Es ist gefährlich, einen Fürsten zum Narren zu machen. Wenn man es nicht macht, wird man verletzt, wenn man es macht, vergisst er's nicht.«
Nylan nickte. Der große Schmied hatte völlig Recht damit.
Nachdem er zum Schmiedeofen zurückgekehrt war, musste Nylan die Streifen auf die passende Länge schneiden und den Rahmen zusammensetzen, indem er die Metallstreifen an den passenden Stellen zusammenpresste. Damit verbrachte er den größten Teil des Nachmittags, während Husta abwechselnd faulenzte, ihn beobachtete und mit ihm fachsimpelte.
Schließlich musste Nylan noch zwei Splinte machen und vier Löcher in die Bügel schlagen, die zur Befestigung dienen sollen. Für die Splinte brauchte er fast so lange wie für die Bügel, einen musste er sogar wieder aus dem Abkühltank fischen, weil er ihm aus der Zange gerutscht war.
Als die Sonne nur noch knapp über der Mauer stand, war ein frei tragender, fest verschweißter Rahmen entstanden, der nur noch mit Leder oder Stoff oder beidem bezogen werden musste. Mit Nieten wäre es schneller gegangen, aber er hatte keine entdeckt, und um sie herzustellen, hätte er ein weiteres Stück Rundeisen gebraucht. Außerdem war er nicht gerade erpicht darauf, so kleine Teile herzustellen.
»Gute Arbeit«, bemerkte Husta. »Sieht prima aus, aber ich kann mir nicht vorstellen, wozu es gut sein soll.«
»Wenn es mit Leder oder Stoff bedeckt ist, kann man es an einem dieser Sättel mit hohem Rückenteil befestigen.« Nylan deutete es mit den Händen an. »So kann man ein Kind transportieren, das noch zu klein ist, um selbst zu reiten, aber zu groß, um es am Körper zu tragen.«
»Ich wüsste nicht, wer außer Euch und der Regentin so etwas haben wollte. Man sagt ja, dass sie ihren Sohn kaum aus den Augen lässt, und sie reitet gern. Die meisten Leute würden wohl eher einen Wagen oder eine Kutsche nehmen.«
»Mit dem Wagen kann man manche Gegenden nicht erreichen«, erklärte Nylan.
»Die fahren überall hin, wo ich hin will«, lachte der große Mann. »Die Leute, die reiten, kommen doch nur an bösen Orten heraus.«
So hatte Nylan es sich noch gar nicht überlegt, aber wahrscheinlich hatte Husta sogar Recht damit, dass man beim Reiten oftmals an Orte gelangte, die man besser gemieden hätte.
LIII
D ie schmale junge Frau mit dem länglichen Gesicht starrte die rosafarbenen Steine auf dem Boden an. »Fürst Gethen sagte, Ihr braucht ein Kindermädchen für Euren Sohn. Er und ich, wir sind ja gut miteinander ausgekommen, als Ihr krank wart.« Eine heiße Bö fegte zum offenen Fenster herein und ließ ihr
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