Der Chaos-Pakt
verhielt.« Zeldyans Stimme klang zuckersüß.
Gethen räusperte sich.
»Es tut uns Leid ...«, begann Ayrlyn. »Es muss schmerzlich für Euch sein ...«
Nylan erinnerte sich an seine Spekulationen über Sillek – dass der Mann zu anständig für diese Welt gewesen und in eine hoffnungslose Lage hinein manövriert worden sei. Es schien so, als wären diese Spekulationen der Wahrheit näher gekommen, als er selbst vermutet hätte. War es denn ein sicheres Rezept für tragisches Scheitern, wenn einer, der ein Land regieren sollte, gutmütig, anständig und gerecht war? Ryba hätte es vermutlich so gesehen.
»Wir können die Vergangenheit nicht ungeschehen machen«, gab Zeldyan zurück. »So schmerzlich sie auch sein mag.«
»Die Frage ist, was die Zukunft bringen wird«, fügte Gethen dem hinzu.
»Wisst Ihr, wo die Cyadoraner stehen?«, wollte Nylan wissen. Er hob seinen Weinkelch.
»Die Weißen Dämonen haben das Bergwerk erobert«, erklärte Gethen. »Genau wie ich es angenommen habe. Wir haben gestern eine Nachricht von Fornal aus Rohrn bekommen. Er schreibt, er sei sehr besorgt. Sie haben die Grashügel durchquert und mehr Lanzenkämpfer und Fußsoldaten mitgebracht, als man seit Generationen in Lornth gesehen hat.«
»Ich glaube, in dem Fall würde ich mir auch Sorgen machen«, antwortete Nylan. »Haben sie ihre pferdelosen Wagen oder etwas Ähnliches mitgebracht?«
»Nein. Jedenfalls haben unsere Späher nichts dergleichen berichtet.« Zeldyan schöpfte sich etwas Rahmcurry, in dem Fleischbrocken schwammen, auf den Teller, ehe sie die Schüssel an Nylan weitergab. Dann brach sie sich einen Brotkanten ab und reichte auch das Brot weiter.
Nylans Augen tränten allein schon vom Geruch des scharfen Gerichts, als er seinen Teller füllte.
»Wie findet Ihr Sylenia?«, fragte der ältere Regent.
»Sie scheint sehr liebevoll zu sein«, antwortete Nylan. »Sie kommt gut mit Weryl zurecht.«
»Und Ihr wollt nicht in Erwägung ziehen, ihn in meiner Obhut zu lassen?«, fragte Zeldyan. »Ich würde ihn behandeln wie mein eigenes Kind.«
»Ihr seid sehr freundlich«, erwiderte Nylan, »aber wer weiß, wie lange wir unterwegs sein werden und wohin es uns verschlägt?«
»Ich verstehe.« Zeldyan nickte. »Es würde mir auch nicht gefallen, Nesslek allein zu lassen. Ich bin froh, nicht in Eurer Haut zu stecken.« Sie wandte sich an Ayrlyn. »Habt Ihr eine Vorstellung, wie Ihr uns helfen könnt, die Weißen Dämonen zu vertreiben?«
»Nun«, antwortete die rothaarige Heilerin mit leisem Lachen, »da sie wohl nicht freiwillig gehen wollen, müssen wir einen Weg finden, ihnen das Leben möglichst schwer zu machen. Das bedeutet gewöhnlich, dass man eine bessere Art des Abschlachtens findet als sie. Ich kann nicht sagen, dass ich mich darauf freue.«
»Für Leute, die im Ruf stehen, äußerst kriegerisch zu sein, habt Ihr aber eine ausgeprägte Abneigung gegen das Töten.«
»Die meisten Menschen reagieren nur auf Gewalt«, erklärte Nylan. »So ist es leider und ich wäre ein Narr, wenn ich das nicht wahrhaben wollte. Aber ich muss es deshalb nicht mögen.«
»Das macht Euch so gefährlich.« Gethen schüttelte den Kopf. »Und deshalb wäre Sillek ein großer Herrscher geworden.«
Zeldyan lächelte leicht.
»Vielleicht war er es sogar schon«, meinte Ayrlyn. »Die meisten großen Herrscher sterben, bevor ihre wahre Größe erkannt wird, oder sie werden zu Lebzeiten gehasst, weil sie etwas verändern wollen.«
Ein unbehagliches Schweigen senkte sich über den Tisch.
»Wie erfolgreich war eigentlich Fornal beim Ausheben neuer Bewaffneter?«, fragte Nylan unvermittelt. Er brach sich noch ein Stück Brot ab und unterdrückte den Impuls, sich die feuchte Stirn abzuwischen.
»Er wird vierhundert frische Rekruten bekommen, ein Viertel davon erfahrene Kämpfer.«
»Und wie viele Cyadoraner sind jetzt unterwegs?«, fragte Nylan.
»Wir wissen es nicht genau, aber schätzungsweise die fünffache bis zehnfache Überzahl.« Der grauhaarige Regent lächelte grimmig. »Deshalb haben wir gehofft, Ihr könntet uns helfen.«
Nylan nickte. Gethen wollte im Grunde keine Hilfe, sondern hoffte auf einen göttlichen Eingriff, aber Nylan hatte nicht die geringste Vorstellung, wie man so etwas bewerkstelligen konnte. Nur, dass er und Ayrlyn sich etwas einfallen lassen mussten.
Er sah nach rechts. Ayrlyn nickte leicht.
»Das könnte ein interessantes Jahr werden«, sagte sie leise.
Gethen und Zeldyan wechselten einen Blick,
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