Der Chaos-Pakt
Nylan. »Ich glaube, das sagte ich schon.«
»Aber dies hier ... wir haben noch nicht einmal Hochsommer.«
»Ich kann's kaum erwarten«, meinte Ayrlyn trocken.
Nylan ging mit den Flaschen ein Stück bachaufwärts. Die Unruhe hinter sich ignorierte er.
»Hör auf, das Wasser zu versauen, Ungit ...«
»... halte doch den Hintern deines Pferdes aus dem Wasser ...«
»... nimm die Zügel ... für uns beide Wasser holen ...«
Hier und dort wieherten Pferde, Männer fluchten.
Nylan blendete den Lärm aus und füllte bedächtig die Wasserflaschen. Mit Hilfe der Ordnungs-Felder drängte er die Spuren von Chaos – Bakterien? – heraus.
Als sie nach Westen weiterritten, spähte Tonsar nervös zum Horizont, dann zum Weg hinter ihnen, dann wieder nach vorn. Schließlich stellte er sich sogar in den Steigbügeln auf und starrte in die Ferne.
»Immer mit der Ruhe, Tonsar«, ermahnte Ayrlyn ihn freundlich.
»Wir kommen südlich vom Bergwerk heraus«, prophezeite Tonsar, als sie auf dem Weg, der früher einmal eine Straße gewesen sein mochte, weiter nach Westen ritten. »Und dann werden überall die Weißen Dämonen auftauchen.«
»Wir sind jetzt schon südlich der Kupfermine«, erwiderte Ayrlyn, »und wir haben noch keinen einzigen Weißen Dämon gesehen. Wir werden auch weiterhin keinen sehen. Solange wir keine große Staubwolke aufwirbeln, werden wir auch niemandem begegnen, und wenn sie mit so vielen Reitern unterwegs sind, können sie nicht mit uns Schritt halten.«
Tonsar deutete nach Westen, wo sich eine Rauchsäule erhob. »Die Weißen Dämonen ... Wenigstens werden wir einen ehrenvollen Tod finden.«
Ayrlyns Augen schienen ins Leere zu starren. Sie schwankte beinahe im Sattel, als die Stute sie nach Westen trug, während Nylan besorgt näher an sie heran ritt. Er machte sich immer Sorgen, wenn sie das tat.
Nach einer Weile richtete sie sich wieder auf und wandte sich an den stämmigen Bewaffneten. »Tonsar, das ist nur ein Staubteufel. Außerdem, wenn die Cyadoraner bisher noch keine Angst vor uns hatten, dann werden sie bald Angst bekommen.«
Trotz der Hitze schauderte Nylan, als er die rothaarige Frau so reden hörte. Die Worte passten nicht zu einer Heilerin, aber irgendwie schienen sie doch Ayrlyn immer mehr zu entsprechen. War es das, was Candar mit ihnen machte? Wurden sie härter und kälter? Blieb ihnen überhaupt etwas anderes übrig, wenn sie überleben wollten?
Er fragte sich, wie zuverlässig Istrils Visionen waren ... ihre Überzeugung, dass Nylan seinem Sohn ein besseres Leben bieten könnte. Bisher ... bisher wäre Weryl wahrscheinlich in Westwind gut aufgehoben gewesen, aber das war nicht die entscheidende Frage. Die Frage war, was passieren würde, wenn der Junge mit dem silbernen Haar älter wurde. Doch wie oft opferten die Menschen die Gegenwart für die Zukunft? Und wie klug war dies, wenn es vielleicht überhaupt keine Zukunft mehr gab?
Er richtete die Aufmerksamkeit wieder auf die Straße und auf das, was sie finden mussten, und wandte sich an Ayrlyn. »Es weht doch fast kein Wind. Wie kann da ...«
»Ein Staubteufel entstehen?«
Er nickte.
»In der Luft droben entstehen Wirbel, sobald die Erde sich erhitzt und kältere Luftströmungen aus den Westhörnern dazukommen. Ich kann nur raten, aber ich nehme an, es ist etwas wie eine Inversionswetterlage. Die kältere Luft schlägt durch die anderen Luftschichten ... so ungefähr. Ich glaube, die Winterwinde hier dürften ziemlich heftig sein. Vielleicht nicht sehr kalt, aber sehr stark, und es müsste im Frühling Unwetter mit heftigen Niederschlägen geben. Dadurch kann das Gras überleben. Im Sommer vertrocknet es und ...« Ayrlyn lächelte strahlend. »Und dann fängt alles wieder von vorn an.«
»Die Pferdenomaden sind wegen der Winde weitergezogen. Das hat mir meine Großmutter erzählt«, warf Tonsar ein.
Fast so plötzlich, wie er entstanden war, verschwand der Staubteufel wieder.
»Ich habe eine Frage, Tonsar«, sagte Nylan nach einer Weile.
»Ser?«
»Es geht um Sylenia. Was empfindet Ihr für sie?«
Tonsar schluckte. Nach einem Moment hüstelte er verlegen, dann zuckte er mit den Achseln. »Ich mag sie. Ich mag sie sehr. Ist daran etwas nicht richtig?«
»Sie scheint eine anständige junge Frau zu sein.«
»Ihr Mann war Yusek. Er ist auf dem Dach der Welt gefallen. Ihr kleines Mädchen ist am Chaos-Fieber gestorben. Deshalb hilft sie jetzt als Kindermädchen aus.« Tonsar wischte sich die Stirn ab, eine Geste, die
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