Der Chaos-Pakt
Bewaffnete hielt inne, sein Pferd schnaubte und tänzelte zur Seite.
»Versteht Ihr jetzt, warum ich wollte, dass niemand entkommt? Die Weißen wissen nicht, warum ihre Vorratswagen nicht angekommen sind. Sie können Vermutungen anstellen, aber sie wissen es nicht.« Aber du weißt es. Und du weißt, dass die meisten Männer, die du getötet hast, unschuldig waren. Nylan rieb sich die Stirn.
»Euer Feind möchte ich wirklich nicht sein.« Tonsar grinste. »Aber das bin ich nicht und wir sind bereit.«
»Dann brecht jetzt auf ...« Nylan lächelte verkrampft und sah der kleinen Truppe nach, die Syskar in südlicher Richtung verließ. Eine gelblich graue Staubwolke stieg unter den Hufen der Pferde auf, sank aber in der stillen, heißen Luft rasch wieder zu Boden.
Er ging auf der Sonnenseite am Stall vorbei. Angesichts des Gestanks, der aus seiner primitiven Destille drang, hätte er beinahe gewürgt. Zwei weitere Leitungen hatten Lecks bekommen. Er wickelte sie mit Lumpen ein und schmierte aus dem Topf, der eigens zu diesem Zweck bereitstand, feuchten Lehm darüber.
Dann ging er zum Brunnen und wusch sich zweimal die Hände und anschließend das Gesicht. Nicht, dass die lindernde Kühle lange vorhalten würde.
Von der Stirn des Schmieds tropfte schon wieder der Schweiß, als er zum vergleichsweise schattigen Arbeitsplatz unter dem Dach des Hühnerhauses zurückkehrte und sich das Gesicht abtupfte.
Sias schaute vom Blasebalg auf und blickte zum Fass, das als Abkühlbecken diente. »Braucht Ihr mehr Wasser, Ser?«
»Nur einen Eimer, Sias.« Nylan nahm sich die Zange, um das Metall vom Amboss zurück ins Schmiedefeuer zu befördern. Er hatte Ryba nicht versprochen, für sich und Ayrlyn keine Pfeilspitzen aus Schwarzem Eisen mehr herzustellen, aber als er das Metall ansah, drehte sich ihm fast der Magen um.
Er verzog das Gesicht und wartete, bis das Eisen weit genug erhitzt war und kirschrot glühte. Je länger der Krieg oder der Konflikt andauerte, desto unbehaglicher wurde ihm. Was für einen großartigen Krieger und Kommandanten er doch abgab.
Aber wie sollte er verleugnen, was er empfand? Die Mächtigen trafen die Entscheidungen im Allgemeinen in der Weise, dass ihre Macht erhalten blieb. Und diejenigen, die die Entscheidungen umzusetzen hatten, litten darunter oder starben. Aber er fühlte, dass das Wachstum Cyadors falsch war. Ebenso falsch freilich wie Fornals Sicht der Welt. In beiden Fällen ging es darum, mit Gewalt eine Ordnung zu erzwingen. Es handelte sich nur um unterschiedliche Arten der Ordnung.
War das der Grund für seine Träume von den verdammten Bäumen? Von ihren Chaos- und Ordnungs-Strömen? Stellten sie eine Antwort dar, die sein Unterbewusstsein ihm übermitteln wollte? Oder waren sie etwas Reales, das sein Unterbewusstsein zu erreichen versuchte?
Willst du es wissen? Willst du es wirklich wissen?
Trotz der Hitze im Hühnerhaus, das ihm als Schmiede diente, lief es ihm kalt den Rücken herunter. Ob er nun eine Ausbildung zum Ingenieur genossen hatte oder nicht, ihm fehlte die kalte Rationalität einer Ryba oder einer Zeldyan und er besaß auch nicht die Abgebrühtheit eines Fornal.
»Alles in Ordnung, Ser?«, fragte Sias, der gerade mit dem Eimer zurückkehrte. »Ich dachte, es wäre zu heiß für Euch.«
»Ist es auch.« Nylan verzichtete darauf, seinem Gehilfen eine Erklärung zu geben, sondern nahm das erhitzte Eisen aus dem Feuer und legte es auf den Amboss. »Kannst du noch ein paar Kohlen ins Feuer legen?«
»Ja, Ser.« Sias kippte das Brackwasser in den Abkühltank, dann beförderte er mit einer Schaufel eine Ladung bräunliche und schwarze Kohle ins Schmiedefeuer.
Der Ingenieur hob den Hammer und schlug zu.
Ein halbes Dutzend Pfeilspitzen später legte Nylan den Hammer weg, ließ Sias die Kohlen abdecken und ging zur Türschelle des Haupthauses, die im Schatten lag. Ayrlyn hatte ihm von dort gewinkt – wahrscheinlich wollte sie ihm zu verstehen geben, dass sie etwas zusammengestellt hatte, das an ein Mittagessen erinnerte. Die Köche in Lornth bereiteten normalerweise nur ein Frühstück und ein Abendessen zu.
»Daa, daaa!« Weryl kam den staubigen Weg herunter Nylan entgegengelaufen.
Sylenia folgte ihm etwas langsamer. Sie lächelte schüchtern und behielt das Kind im Auge.
»Schön dich zu sehen.« Lächelnd setzte Nylan Weryl auf seine Schultern und ging mit ihm zum Haus, wo Ayrlyn wartete. »Und vielen Dank, Sylenia. Wahrscheinlich sage ich es dir nicht oft genug,
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