Der Chaos-Pakt
aber wir sind froh, dass du bei uns bist.«
»Ich bin auch froh, Ser. Es war gut, einmal aus Lornth herauszukommen, wo ich immer so traurig war.« Sie schob sich eine schwarze Strähne aus dem Gesicht. Es schien Nylan, als würde sich in ihr etwas Dunkles regen, ehe sie ihn wieder schüchtern anlächelte.
Nylan klopfte Weryl auf den Rücken. »Du wirst jeden Tag stärker und beweglicher.«
»Vor allem schneller«, meinte Sylenia.
Nylan bückte sich und setzte Weryl vor der Türschwelle ab, dann ging er die zwei Treppenstufen hinauf. Aber noch bevor er im Schatten verschwinden konnte, hatte Weryl ihm beide Arme um das linke Bein gelegt.
Sylenia hob den Jungen auf. »Lass deinen Vater mal etwas essen. Er hat den ganzen Tag gearbeitet und die Arbeit in der Schmiede ist schwer.« Sie setzte sich auf die Treppe, ließ die Beine im Sonnenlicht baumeln und legte einen Arm locker um das Kind mit dem silbernen Haar.
»Daa baa tieht.«
»Ja, ich habe schwer gearbeitet.« Nylan lachte. »Nein, eigentlich nicht so schwer. Es ist immer noch besser, als den ganzen Tag in Lornth durch die Gegend zu reiten.« Und erheblich besser, als Leute umzubringen. Er warf einen Blick zu Ayrlyn, die im Schatten saß, und lächelte, als er das Funkeln ihrer braunen Augen sah, die Wärme hinter ihnen.
Sie deutete auf einen kleinen Keil Käse und ein dunkles Brot, die auf einem Stück Wachstuch neben ihr auf der Bank lagen. »Hier, bedien dich. Du bist hungriger als du glaubst.«
»Danke.«
»Es ist nur Brot und Käse und etwas kaltes Wasser«, sagte Ayrlyn.
»Daaa!« Weryl wand sich aus Sylenias Arm und stürmte über die Steine, bevor Nylan sich gesetzt hatte.
»Weryl ...« Nylan hob seinen Sohn hoch. »Du bist aber fest entschlossen, was?«
»Und nach wem ist er da wohl geschlagen?«, meinte Ayrlyn.
»Das musst du gerade sagen.« Nylan setzte sich aufs schattige Ende der Bank, nahm Weryl auf das rechte Knie, damit der Junge weit von Brot und Käse entfernt war, und hielt ihn mit einer Hand fest. Mit der anderen langte er nach dem Brot.
»Boot, daaa?« Weryl wollte sich das Stück Brot schnappen, das der Schmied sich genommen hatte.
Nylan runzelte die Stirn. »Du hast schon gegessen, ich nicht.«
Sylenia hob Weryl auf. »Wir machen einen Spaziergang, junger Mann«, sagte das Kindermädchen. »Lang genug, damit dein Vater essen kann.«
Nylan aß langsam ein paar Bissen dunkles Brot, ehe er wieder den Kopf hob. Er folgte Ayrlyns Blicken.
Sylenia hatte Weryl schützend hochgehoben. Ein vierschrötiger Bewaffneter – Tregvo – hatte sich ihr in den Weg gestellt und redete laut auf sie ein. »... dir zeigen ... mit diesem Unteroffizier ... so ein Hampelmann ...«
Nylan wollte aufstehen, aber Ayrlyn hielt ihn am Arm fest.
»Soll ich die Engel rufen, Tregvo? Oder Tonsar? Geh weg und lass mich in Frieden.« Sylenias Stimme war kalt und fest.
»Eines Tages ... eines Tages wirst du mein sein.«
Sylenia sah ihn zornig an und Tregvo wich zurück. Nach einem Augenblick kehrte er ins Quartier zurück. Er sah sich noch einmal über die Schulter um.
»Das gefällt mir nicht«, sagte Nylan leise.
»Sie hat sich aber richtig verhalten.«
»Was ist, wenn wir mal nicht da sind?«
»Nicht einmal Fornal würde es hinnehmen, wenn er ihr Gewalt antun würde.« Ayrlyn trank einen Schluck aus der Wasserflasche. »Was mich noch stärker beunruhigt, ist die Unterstellung vieler Männer, Frauen würden Gewalt und Grobheit schätzen und sich bereitwillig unterwerfen.«
»Immer geht es nur um Gewalt ...«, grübelte der Schmied. Er nahm die Wasserflasche von ihr entgegen und trank. Dann aß er noch etwas Brot, ehe er wieder das Wort ergriff. »Meine Liebe?«
»Was denn, mein liebster heimtückischer Gefährte?« Ayrlyns Augen funkelten.
»Ich und heimtückisch?«
»Du. Wenn du so ansetzt, gibt es Ärger.«
Nylan lachte. »Vielleicht. Ich habe eine etwas seltsame Bitte. Kannst du mit dem Wind fliegen und etwas suchen? Ich meine, ich weiß ja, dass du es kannst, aber ich wüsste gern, ob du in der Nacht versuchen kannst, eine Art Oase zu finden – Bäume, die mit Ordnung und Chaos erfüllt sind und die sich im Gleichgewicht befinden. Vielleicht nicht zu weit entfernt?«
»Du willst wissen, was hinter den Träumen steckt.« Sie lächelte. »Ja, ich habe auch schon daran gedacht.«
»Träumst du auch immer wieder?«
»Ja, so ist es.« Sie hielt inne. »Ich kann auch nicht mehr singen. Die Töne fühlen sich an, als wären sie aus Kupfer oder
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