Der Chaos-Pakt
aus Blei. Sogar Weryl zuckt zusammen, wenn ich es versuche.«
»Liegt es an den vielen Toten?«
Sie nickte.
Was geschah hier mit ihnen? Wenn es ihnen nicht gelang, die verhältnismäßig kleine cyadorische Expedition aufzuhalten, würde Lornth für nichts und wieder nichts fallen – und er, Ayrlyn und Weryl würden durch ein feindseliges Land fliehen und nach wie vor gezwungen sein, sich mithilfe ihrer Waffen zu behaupten. Auch Westwind würde dann umzingelt sein. Aber wenn sie die cyadorischen Streitkräfte vernichteten, dann forderten sie einen noch massiveren Vergeltungsschlag heraus, wie Nylan genau wusste.
»Es ist eine dieser Situationen, in denen man nicht gewinnen kann, ganz egal, was man macht«, sagte Ayrlyn.
Immer öfter hatte Nylan das Gefühl, dass sie wusste, was in ihm vorging, noch ehe er es selbst ausgesprochen hatte. Auch das war seltsam.
»Du kannst das auch. Du schaust nur nicht richtig hin.«
Nylan schluckte. Warum tat er es nicht? Weil er das fürchtete, was er sehen würde?
»Mach nur ... sieh mich an ...«
Er schluckte noch einmal, ließ aber seine Augen und seine Sinne die rothaarige Heilerin und Kämpferin, seine Geliebte, erfassen. Außer den Mustern von Dunkel und Licht, die an seine eigenen Träume und sein Unterbewusstsein erinnerten, außer der Flamme eines Liedes ... war dort noch etwas.
»Ich bin nicht so zerbrechlich, wie du manchmal glaubst«, sagte sie. Ich liebe dich, Schmied und Ingenieur ... wirst mich nie mehr los, wenn du mich nicht wegschickst ... und ich liebe deinen Sohn ... weil er ist wie du ... und doch er selbst ...
Die Augen des Ingenieurs brannten ... nicht gut genug für dich ... stolpere blind in der Gegend herum ... kann dich meistens nicht einmal beschützen ...
»Ich brauche keinen Schutz. Ich brauche dich.« Sie nahm seine Hand, zärtlich und doch fest. Und du sollst mich sehen, wie ich bin ... auch ich tappe blind umher ... werde wütend, ungeduldig ... Wende dich nicht ab ... es ist schwer, aber ... habe Angst, du könntest gehen, wenn ... du mich wirklich kennst ...
»Das ... davor hatte ich die ganze Zeit Angst.« Wie kann mich jemand lieben, wenn ... wenn er sieht ...
Sie lachte leise und berührte mit der anderen Hand sanft seine Wange. »Aber ich wusste es doch die ganze Zeit.«
»Die ganze Zeit ...« Und er hatte es nicht gesehen oder nicht sehen wollen. Ein schöner Magier bist du ...
Eine schöne Heilerin bin ich ...
Sie lachten beide und hatten Tränen in den Augen.
XC
» D ann ist kein Bier mehr da?«, fragte der Hauptmann mit dem schmalen Gesicht.
»Nein, Ser«, erwiderte Sergeant Funssa, der im Halbdunkel weiter hinten im Raum saß. Trotz der offenen Fenster und der leichten Brise, die mit der Dämmerung aufgekommen war, musste er sich ständig den Schweiß von der Stirn wischen. »Aber die Proviantwagen hätten schon längst hier sein müssen.«
»Sie hätten schon vor einem Achttag hier sein müssen«, knurrte Miatorphi. Er starrte düster seinen Becher mit lauwarmem, abgestandenem Wasser an.
»Sie werden nicht mehr kommen«, sagte Piataphi leise. Leise genug, damit es außerhalb des Offizierszimmers nicht zu hören war. »Die Lanzenreiter sind immer pünktlich, sogar an Orten wie Syadtar.«
»Was ist dann passiert?«, fragte Funssa. Seine Blicke wanderten suchend durch den düsteren Raum, von einem Offizier zum nächsten.
»Was passiert ist? Ich weiß es nicht.« Der Major hustete. »Dieser von den Engeln verdammte Staub. Die Barbaren haben sie wohl erwischt – der Schlaue, würde ich sagen.«
Dieses Mal wechselten Azarphi und Miatorphi einen Blick. Funssa zupfte an seinem kurzen roten Bart.
»Da draußen müssen zwei Gruppen von Barbaren unterwegs sein«, erklärte der Major langsam. Er sprach zögernd, als hätte er zu viel Bier getrunken. »Es passt einfach nicht zusammen. Es gab zwei Lager. Sie verhalten sich unterschiedlich. Einmal die alte Taktik der Barbaren – zuschlagen und weglaufen, aber sie wahren wenigstens einen Anschein von Ehre. Der andere weicht Gefechten aus und kämpft nur dort, wo er unsere Streitkräfte völlig vernichten oder unsere Lanzenreiter fast ohne eigene Verluste ausschalten kann. Er war es auch, der die Feuerkugeln auf die Koppeln geworfen hat. Ist Euch aufgefallen, dass er auch auf das Futter gezielt hat? Welcher Barbar denkt schon an das Viehfutter, bei der Dunkelheit?«
»Ein Barbar ist ein Barbar«, wandte Miatorphi ein.
»Ihr habt damit mehr Recht, als Euch selbst bewusst
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